Massive Menschenrechtsverstöße auf von der
Umweltorganisation Rainforest Alliance zertifizierten Ananas- und
Bananenplantagen
Aldi, Edeka,
Lidl und Rewe beziehen Bananen und Ananas von Plantagen, auf denen massiv gegen
Menschenrechte verstoßen wird. Arbeiter/innen sind hochgiftigen Pestiziden
schutzlos ausgeliefert, Gewerkschafter werden unterdrückt und bedroht,
Mindestlöhne unterschritten. Das belegt der Oxfam-Bericht „Süße Früchte,
bittere Wahrheit“. Auch auf von der Rainforest Alliance zertifizierten
Plantagen, dem mit Abstand wichtigsten Nachhaltigkeitssiegel bei Bananen und
Ananas, sind die Zustände katastrophal. Der Bericht „Süße Früchte, bittere Wahrheit“ dokumentiert anhand der
Bananenindustrie in Ecuador sowie der Ananasindustrie in Costa Rica die
dramatischen sozialen und ökologischen Kosten des Anbaus tropischer Früchte für
den deutschen Einzelhandel. Hierfür hat Oxfam Plantagen in Ecuador und Costa
Rica besucht, mehr als 200 Arbeiter/innen befragen lassen und mit zahlreichen
Experten gesprochen.
Gesundheitsgefahr
durch Pestizideinsatz
Dem Bericht zufolge sind Plantagenarbeiter/innen und
ihre Familien giftigen Pestiziden häufig schutzlos ausgeliefert. In Costa Rica
setzen Lieferanten deutscher Supermärkte mehrere hochgiftige Pestizide ein,
darunter das von der Weltgesundheitsorganisation als akut toxisch eingestufte
Oxamyl. In Ecuador berichten 53 Prozent der Arbeiter/innen auf
Rainforest-zertifizierten Plantagen, dass Flugzeuge Pestizide sprühen, während
sie im Feld arbeiten. Bei Befragungen klagten die Arbeiter/innen in beiden
Ländern über eine hohe Rate an Behinderungen, Fehlgeburten und Krebsleiden im
Umfeld der Plantagen. Zudem leiden sie häufig unter Schwindel, Übelkeit und
Hautallergien. „Die Supermärkte kontrollieren das Aussehen der importierten
Früchte penibel und geben ganze Lieferungen bei kleinsten Makeln zurück. Aber
sie lassen es zu, dass die Menschen, die sie ernten, dabei vergiftet werden“,
sagt Franziska Humbert, Studienautorin und Referentin für Arbeitsrechte bei
Oxfam Deutschland.
Unterdrückung
von Gewerkschaften
Der Bericht belegt, dass die Unterdrückung von
Gewerkschaften auf Bananen- und Ananasplantagen Standard ist. Eine Folge davon:
Mindestlöhne werden unterschritten, Überstunden nicht bezahlt, Arbeitsrechte
missachtet. In keiner der 20 untersuchten Bananenplantagen gibt es eine
unabhängige Arbeitnehmervertretung. Arbeiter/innen berichten von „schwarzen
Listen“ mit den Namen von Gewerkschaftern. Bei einem Rainforest-zertifizierten
Lidl-Lieferanten in Ecuador gaben 93 Prozent der Befragten an, dass sie aus
Angst vor Repressalien keiner Gewerkschaft beitreten wollen. In Costa Rica
werden Arbeiter/innen, die sich gewerkschaftlich engagieren, regelmäßig
entlassen. „Die deutschen Supermärkte dürfen ihre Profite nicht weiter auf
Kosten von Mensch und Natur machen. Sie müssen endlich menschenwürdige
Arbeitsbedingungen durchsetzen und faire Preise zahlen“, sagt Franziska
Humbert. „Auch die Politik ist gefordert. Die Bundesregierung muss Unternehmen
dazu verpflichten, dass ihre Lieferanten Menschen- und Arbeitsrechte
achten.“
Hintergrund
zu Rainforest Alliance
Deutsche Supermärkte bewerben ihre tropischen Früchte
zunehmend mit Nachhaltigkeitssiegeln. Eine zentrale Rolle spielt dabei die
Umweltorganisation Rainforest Alliance. Lidl wirbt momentan offensiv damit, nur
noch „nachhaltige“ Bananen und Ananas zu verkaufen, der Anteil von
Rainforest-zertifizierten Früchten liegt hier bei 92 (Bananen) beziehungsweise
100 Prozent (Ananas). Bei Edeka tragen 90 Prozent der Eigenmarken-Ananas und 85
Prozent der Eigenmarken-Bananen das Etikett mit dem grünen Frosch; bei Rewe
sind es fast 100 Prozent der angebotenen Ananas und 75 Prozent der Bananen.
Aldi Nord und Süd planen bei beiden Früchten demnächst komplett auf Rainforest
umzustellen. Die Rainforest-zertifizierten Plantagen schnitten bei den
Oxfam-Stichproben nicht besser ab als konventionelle Betriebe. Bei manchen
Aspekten wie der Angst vor Repressionen wegen Gewerkschaftsangehörigkeit sind
die Werte sogar schlechter.
Kampagne Fit
Für Fair?!
Oxfam hat die Kampagne Fit für
Fair?! mit einem internationalen Netzwerk
aus 19 Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften gestartet. Diese fordert von Lidl, dass sie sich für den Gesundheitsschutz der
Arbeiter/innen, faire Löhne und die Stärkung von Gewerkschaftsrechten einsetzt.
Die Schwarz-Unternehmensgruppe mit Lidl und Kaufland ist der größte
Supermarktkonzern Europas. Der Handel mit Bananen und Ananas ist ein
Milliardengeschäft. Allein im Jahr 2015 importierte Deutschland 1,35 Millionen
Tonnen Bananen im Wert von 844,6 Millionen Euro sowie 129.664 Tonnen Ananas im
Wert von 115,1 Millionen Euro. Trotz steigender Produktionskosten ist der
Verkaufspreis von Bananen und Ananas in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich
gefallen. Ein Kilo Bananen, für das man 2003 in Deutschland noch
durchschnittlich 1,47 Euro ausgeben musste, kostete 2014 inflationsbereinigt
nur noch 1,24 Euro. Der Kilopreis für Ananas ist im gleichen Zeitraum von 1,94
Euro auf 1,33 Euro gefallen.
Quelle: Oxfam, Bilder: Frank Herrmann (2)
Quelle: Oxfam, Bilder: Frank Herrmann (2)