Dienstag, 30. Oktober 2018

Berlin beschafft unfaire Lebensmittel


Eigentlich müssen öffentliche Einrichtungen in Berlin viele Lebensmittel wie Kaffee, Orangensaft und Bananen sozial verantwortlich beschaffen. Die Christliche Initiative Romero zeigt nun in einer Studie: Bürokratische Tricks und mangelnde Informationen verhindern, dass gesetzlich vorgeschriebene Arbeits- und Menschenrechte eingehalten werden.

Während bei der öffentlichen Beschaffung von Lebensmitteln für Kantinen, das Schulessen oder den nächsten Rathausempfang immer häufiger auf Biosiegel geachtet wird, ist bei der Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechten noch viel zu tun. Zu diesem Fazit kommt die Studie 'Blick über den Tellerrand - Sozial verantwortliche öffentliche Beschaffung von Lebensmitteln'. Durchgeführt wurde sie von der unabhängigen Nichtregierungsorganisation Christliche Initiative Romero im Rahmen des Projekts 'Berlin handel! Fair!'. „Das Land Berlin und die Berliner Bezirke haben zahlreiche Beschlüsse und Selbstverpflichtungen zur fairen Beschaffung von Lebensmitteln verabschiedet, aber es fehlt an einer strukturierten Umsetzung“, so Tabitha Triphaus, die Autorin der Studie.

Unternehmen umgehen Sozialstandards

Bisher umgehen Cateringfirmen die im Berliner Auftrags- und Vergabegesetz geforderten Arbeitsrechte mit einem simplen Trick. Statt glaubwürdige Nachweise wie das Fairtrade-Siegel oder eine Mitgliedschaft in der World Fair Trade Organization (WFTO) zu liefern, legen die Lieferanten eine Eigenerklärung vor, dass das Produkt nicht zertifiziert zu haben sei. „Bei Produkten wie Kaffee in der Kantine, oder Bananen und Reis für das Schulessen ist das absurd. Natürlich gibt es die in fair - bei Bedarf auch im Großgebinde“, erklärt Triphaus. Hier sei es an den Beschaffungs- und Kontrollstellen, dieses Vorgehen zu unterbinden, sonst entstehe sogar ein Wettbewerbsnachteil für diejenigen Anbieter, die sich tatsächlich um bessere Arbeiterbedingungen bemühen. Doch viele Verwaltungsangestellte wissen nicht über geltende Sozialstandards und glaubwürdige Siegel Bescheid – selbst die Unternehmen verwechselten oftmals bio und fair.
Quelle: DU/na

Hier geht es zur Studie der CIR

Sonntag, 21. Oktober 2018

Internationale Charta des Fairen Handels veröffentlicht


Anlässlich des dritten Jahrestages der Verabschiedung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung feiert die Fair-Handels-Bewegung weltweit die Veröffentlichung ihrer neuen Internationalen Charta. Die World Fair Trade Organization und Fairtrade International haben diese in den letzten Jahren unter Einbeziehung weiterer Fair-Handels-Akteure erarbeitet. Die Charta legt die grundlegenden Werte des Fairen Handels fest und definiert eine gemeinsame Vision zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (SDGs).

Viele Menschen verwenden die Begriffe "Fair Trade" oder "Fairer Handel". Doch was ist damit konkret gemeint? Vor Kurzem haben sich weltweit mehr als 250 Organisationen zusammengeschlossen, um die Internationale Charta des Fairen Handels und ihre gemeinsamen Werte und Vision einer gerechteren Welt sowie einer nachhaltigen Entwicklung zu verbreiten. "Business as usual" wird den notwendigen Schritt zur Umsetzung der SDGs nicht herbeiführen. Als diese am 25. September 2015 von der internationalen Staatengemeinschaft verabschiedet wurden, löste das eine Welle der Euphorie aus. Heute, am dritten Jahrestag der SDGs, sind wir von einem klaren Kurs zur Erreichung dieser globalen Ziele bis 2030 weit entfernt. Einige Studien zeigen sogar Rückschritte auf. So wächst die Zahl der Hungernden wieder nach einer langen Phase des Rückgangs. Das belegt ein aktueller Bericht der Vereinten Nationen, wonach weltweit jeder neunte Mensch unterernährt ist. Während die Weltwirtschaft gewachsen ist, zeigt der "World Inequality Report", dass die Ungleichheit seit 1980 global stark angestiegen ist.

Mehr Gerechtigkeit im globalen Handel

Mit ihrer Vision zeigt die Internationale Charta für Fairen Handel, dass ein anderer Weg möglich ist: eine Welt, in der Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung im Mittelpunkt der Handelsstrukturen, Geschäftsmodelle und -praktiken stehen, damit jeder durch seine Arbeit einen angemessenen und würdigen Lebensunterhalt erreichen und sein volles menschliches Potenzial entwickeln kann. Das hat eine wachsende Zahl verschiedener lokaler, nationaler und internationaler Organisationen aus Genossenschafts-,  Öko-  und Solidaritätsbewegungen anerkannt. Im Mittelpunkt der Internationalen Charta des Fairen Handels steht ein gemeinsames Verständnis davon, dass die Vorteile des globalen Handels gerechter zwischen Landwirt*innen, Arbeitnehmer*innen, Unternehmen und Verbraucher*innen verteilt werden müssen. Die globale Fair-Handels-Bewegung fordert Entscheidungsträger*innen aus Politik und Wirtschaft, Bürger*innen sowie Verbraucher*innen auf, die Vision der Internationalen Charta des Fairen Handels zu übernehmen und ein globales Handelssystem zu schaffen, das von Lieferketten und Geschäftsmodellen geprägt ist, die niemanden zurücklassen.
Quelle: Forum Fairer Handel

Montag, 15. Oktober 2018

Weltweit erster klimaneutraler Kaffee


Knapp ein Viertel aller klimaschädlichen Gase entstehen im Agrar- und Lebensmittelsektor. Nicht nur der Transport der Güter spielt hierbei eine wesentliche Rolle, sondern auch die Art des Anbaus und der Verarbeitung.

Den Konsumentinnen und Konsumenten ist meist unbekannt, wie es um den ökologischen Fußabdruck eines Lebensmittels bestellt ist. Abhilfe schaffen sollen sogenannte Klimasiegel. Auf die Packung aufgedruckt, geben sie Käufern schnell und unkompliziert bereits im Laden Auskunft darüber, ob ein Produkt klimafreundlich ist. Die Agrarwissenschaftlerin Athena Birkenberg von der Universität Hohenheim in Stuttgart untersuchte in ihrer Dissertation anhand des Beispiels Kaffee, welche Voraussetzungen Anbaugebiete, Verarbeitungsbetriebe und Konsumenten erfüllen müssen, damit ein Siegel erfolgreich sein kann. Fallbeispiel ist die Kaffeekooperative Coopedota in Costa Rica, die den ersten klimaneutralen Kaffee der Welt anbietet. In Zusammenarbeit mit der Rösterei Hochland Kaffee Hunzelmann in Stuttgart ist der Kaffee auch in Deutschland erhältlich. Ein gutes Beispiel für ein erfolgreiches Siegel, so das Urteil der Forscherin. Grundsätzlich sieht sie aber noch Verbesserungsmöglichkeiten. Um eine Klima-Zertifizierung erfolgreich umsetzen zu können, seien günstige Rahmenbedingungen in der Politik und Wirtschaft eines Landes entscheidend, erklärt Athena Birkenberg. Costa Rica sei hier ein positives Beispiel: „Das Land strebt auf nationaler Ebene aktiv die Klimaneutralität an“, so die Agrarwissenschaftlerin weiter. „Die Kleinbauerngenossenschaft Coopedota wird daher vom Staat in ihrem Vorhaben unterstützt. Es werden Anreize geschaffen z.B. mit Recycling und alternativen Energien zu wirtschaften und somit den CO2-Ausstoß zu verringern.“ Auch aus landwirtschaftlicher Sicht sei der Standort günstig: „Die Anbauflächen in Costa Rica sind gut geeignet für den Kaffeeanbau. Trotzdem setzen die Bauern Stickstoffdünger ein, um angemessene Erträge zu erzielen.“ Da Stickstoffdünger zur Bildung von Treibhausgasen beitrage, sei es wichtig, diesen möglichst effizient und in möglichst geringen Mengen auszubringen, um ein klimafreundliches Produkt zu erhalten. Bei der Produktion des Stickstoffdüngers entstehen Treibhausgase, da der Prozess sehr energieaufwendig ist und der Einsatz des Düngers in den Kaffeeplantagen verursacht Lachgasemissionen. Dieses, erklärt Birkenberg, sei noch viel schädlicher für das Klima als reines CO2. Um eine Zertifizierung erhalten zu können, sei es für die Bauern außerdem notwendig, umfangreiche Daten aus der Produktion zu erheben und zu erhalten. „Auch diesbezüglich hat Costa Rica anderen Entwicklungsländern gegenüber einen Vorteil“, so Birkenberg. „Die meisten Bauern können lesen und schreiben und sind von Vorgänger-Projekten auch schon daran gewöhnt, regelmäßig Daten zu erfassen.“ In Ländern mit niedrigerem Bildungsniveau stelle die Datenerhebung dagegen ein großes Problem dar.

Erfolgreiches Fallbeispiel: Zertifizierungsprozess verbesserte die Produktion

Bei dem untersuchten Beispiel hat diese Datenerhebung dazu geführt, die Produktion zu verbessern: „Um das Siegel zu erhalten, müssen die Bauern jedes Jahr einen Plan vorlegen, in dem nicht nur steht, wie viel Treibhausgas sie im Folgejahr produzieren werden, sondern auch, wie und an welchen Stellen sie Treibhausgase zukünftig vermeiden.“ Konkrete Beispiele: Statt Röstöfen mit Holz zu feuern, nutzt die Genossenschaft heute Abfallprodukte wie die Schalen der Kaffeebohnen, was CO2 einspart. Andere Abfallprodukte wie das Fruchtfleisch der Kaffeekirsche werden inzwischen kompostiert. In der Vergangenheit ließen sie die Landwirte einfach verrotten, wodurch das sehr viel klimaschädlichere Methan entstand. Die Treibhausgase, die trotz aller Reduktionsmaßnahmen dennoch entstehen, muss die Genossenschaft ausgleichen, indem sie Klimazertifikate kauft. Hier sieht die Forscherin noch eine Möglichkeit zur Verbesserung: „Denkbar wären auch andere Ausgleichsmaßnahmen, die die Genossenschaft direkt vor Ort durchführt. Dazu könnten zum Beispiel Schattenbäume oder Baumpflanzungen zählen, die CO2 binden und gleichzeitig vor Ort die Umwelt verbessern.“ Ob eine Zertifizierung erfolgreich ist, hänge jedoch nicht allein vom Anbau und der Vermarktung ab, erklärt Birkenberg den zweiten Teil ihrer Studie. „Da zertifizierte Lebensmittel teurer sind, braucht es auch Konsumenten die bereit sind, mehr für klimaneutralen Kaffee auszugeben.“ Diese Bereitschaft sei durchaus da, fanden die Forscher im zweiten Teil ihrer Studie heraus, nur sei den meisten Konsumenten zunächst gar nicht bewusst gewesen, dass Kaffeegenuss klimaschädlich sein kann. „Da es sich um ein natürliches Produkt einer Pflanze handelt, gehen viele Menschen automatisch davon aus, dass das fertige Produkt gar nicht klimaschädlich sein kann.“ Ein weiteres Fehlurteil: Viele Konsumenten schätzen die Klimaauswirkungen des Transportes wesentlich höher ein als die beim Anbau. Das Umgekehrte ist der Fall, weiß Birkenberg: Mit einem Schiff können Tonnen von Kaffee transportiert werden, wohingegen im Anbau viele Tonnen Stickstoffdünger und Kalk ausgebracht werden müssen, um diese Menge Kaffee zu produzieren. Hier plädiert die Agrarwissenschaftlerin für mehr Aufklärung. „Durch Klimasiegel werden die Konsumenten sensibilisiert. Wer ein solches Siegel z.B. vom Kaffee kennt, wird zukünftig vielleicht auch bei anderen Produkten auf Klimasiegel achten.“ Ebenfalls sinnvoll ist laut Athena Birkenberg die Kombination von Klimasiegeln mit anderen, bereits bekannteren Zertifizierungen. „Studien zeigen, dass viele Konsumenten bereit sind, für Kaffeeprodukte mit Fair Trade-Siegeln oder aus Direkthandel mehr Geld auszugeben. Kombiniert man Klimaneutralitätslabel beispielsweise mit einer deklarierten direkten Handelsbeziehung, wie es Hochland Kaffee Hunzelmann anbietet, scheint die Zahlungsbereitschaft deutlich höher zu sein.“

Cafés & Kantinen können zusätzlichen Beitrag leisten

Doch auch Cafés, Restaurants und Kantinen können einen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Denn selbst, wenn alle Schritte von Kaffeeproduktion, Transport, Rüsten und Logistik klimaneutral erfolgen, fehlen zur vollkommenen Klimaneutralität noch die Schritte der Zubereitung und Entsorgung. Vor allem Vollautomaten hätten jedoch einen sehr hohen Energieverbrauch. „Solche großen Maschinen laufen oft meistens Tag und Nacht bei einem sehr hohen Energieverbrauch pro Liter zubereitetem Kaffee“, so Birkenberg. Die Zubereitung kann dadurch bis zu 45 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen des Kaffees ausmachen, der Anbau etwa 50-60 Prozent.“ Ihre Empfehlung lautet daher, die Maschinen nicht nur zu optimieren, sondern auch ihren Energieverbrauch – wie bei Kühlschränken und Waschmaschinen längst üblich – kenntlich zu machen. „Bislang ist diese sogenannte Energieverbrauchs-Kennzeichnung für Profi-Kaffeemaschinen noch nicht verfügbar. Beim Kauf ist also nicht ohne größeren Aufwand nachvollziehbar, wie umweltfreundlich oder – schädlich eine solche Maschine ist. Erstmals in Hohenheim ausgeschenkt wurde der klimaneutrale Kaffee bereits am Tag der offenen Tür der Universität Hohenheim im Juli 2018. Dabei handelte es sich um eine Spende der Firma Hochland. Die Einnahmen in Höhe von rund 1.500 Euro werden deshalb ohne Abzüge zur Förderung einer Schule in Costa Rica verwendet.
Quelle: UD/pm, alle Fotos: Frank Herrmann

Sonntag, 7. Oktober 2018

Faire Biketour 2018 – das Resümee


Die „Faire Biketour 2018“ von Flensburg nach Füssen ist zu Ende. Zusammen mit der „Warmradelwoche“ Ende August von der Nordseeinsel Juist über Oldenburg, Bremen und Elmshorn war ich genau 36 Tage unterwegs, habe 1680 Kilometer und viele Höhenmeter zurück gelegt. Zu den 25 Vortragsveranstaltungen kamen mehr als 1000 Menschen und die Spendenaktion konnte die Rekordsumme von fast 3000 Euro verbuchen! Anders als im vergangenen Jahr, als ich mit Regen und Sturm zu kämpfen hatte, war das Wetter diesmal auf meiner Seite und bescherte mir viel Sonne und trockene Strecken. Und das alles pannenfrei, ein Novum auf der 5. Fairen Biketour nach 2012, 2015, 2016 und 2017. Wie immer sind es neben den geografischen Highlights wie dem Radeln entlang der Meeresküste, den vielen Flüssen oder dem Überqueren der Rhön die vielen kleinen Episoden, die eine längere Radtour zu etwas Besonderem machen. Dazu zählt unter anderem das Wiedersehen mit Menschen, die ich jahrelang nicht mehr gesehen hatte, das Diskutieren unter Weinreben in Schleswig-Holstein oder der Besuch bei El Puente in ihrer Zentrale bei Hannover.

Ein großes Dankeschön an alle Helfer!

Wie immer ist eine solche Faire Biketour nur durch das engagierte Mitwirken viele Menschen möglich, bei denen allen ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte – sei es bei den Organisatoren der Vortragsveranstaltungen, meinen Gastgebern vor Ort oder den Besuchern der Vorträge. Ein besonderer Dank geht an die Umweltbank in Nürnberg, dem Partner der diesjährigen Biketour für die finanzielle Unterstützung. Lobend erwähnen möchte ich an dieser Stelle auch die Erfinder des „Duschbrockens“, einem kleinen Startup aus Stuttgart, die mir eine ihrer nachhaltigen Reiseseifen zum Ausprobieren mitgaben, die diese mit der Note „sehr gut“ bestanden hat. Der „Duschbrocken“ spart jede Menge Plastikflaschen und wird ohne Mikroplastik, Palmöl und Tierversuche hergestellt. Ein „Must“ für Vielreisende aber auch zu Hause sinnvoll.

Und 2019?

Nach der Radtour ist vor der Radtour. Doch ob es auch 2019 eine Faire Biketour geben wird, ist noch offen. Da die Organisation immer sehr zeitaufwendig und arbeitsintensiv ist (mache ich alles alleine!), wäre im kommenden Jahr eigentlich eine kreative Pause angesagt. Aber noch ist Zeit dies zu entscheiden. Mir macht es in jedem Fall immer wieder riesigen Spaß durch unser schönes, abwechslungsreiches Land zu radeln, zu sehen, wie sich die Radinfrastruktur allmählich verbessert,  und mit vielen unterschiedlichen Menschen ins Gespräch zu kommen. Und wenn ich es dann schaffe, den einen oder anderen Besucher meiner Vorträge von einer nachhaltigeren Lebensweise zu überzeugen, und mit dem Sammeln von Spenden mithelfen kann, die Lebensumstände von Kindern in ärmeren Ländern zu verbessern, dann  habe ich alles erreicht, was ich mir vorgenommen habe. In diesem Sinn: rauf aufs Rad!