
Vor Kurzem hat
die EU-Kommission ihren Entwurf für ein EU-weites Lieferkettengesetz
("Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der
Nachhaltigkeit") veröffentlicht. Damit will die EU Unternehmen dazu
verpflichten, Risiken für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in
ihren globalen Lieferketten zu ermitteln, verhindern und wiedergutzumachen. Der
Entwurf der Kommission geht in die richtige Richtung und würde einige kritische
Punkte im deutschen Lieferkettengesetz verbessern. Allerdings enthält er an
entscheidenden Stellen Lücken und Ausnahmeregeln, welche eine wirksame
Minimierung von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in globalen
Lieferketten beeinträchtigen. Ein Fortschritt zum deutschen Gesetz: Der
EU-Entwurf untersagt es den Unternehmen, gegen das Verbot, einen angemessenen
existenzsichernden Lohn vorzuenthalten, zu verstoßen. Das deutsche Gesetz
verweist lediglich auf "angemessene Löhne". Da in vielen Ländern die
gesetzlichen Mindestlöhne zu niedrig sind, um eine Existenzgrenze zu sichern,
schließt die EU-Kommission hier eine wichtige Lücke. Positiv ist zudem unter
anderem, dass der EU-Entwurf anders als beim deutschen Lieferkettengesetz
Unternehmen verpflichtet, entlang der gesamten Lieferkette Sorgfaltspflichten
zu erfüllen. Im deutschen Gesetz gilt dies vollumfänglich nur für direkte
Zulieferer. Allerdings beschränkt die EU-Kommission die Sorgfaltspflichten
lediglich auf "etablierte Geschäftsbeziehungen" von Unternehmen. Dies
ist zu wenig und birgt zudem die Gefahr, dass dadurch kurzfristige
Geschäfts- und Vertragsbeziehungen – wo dies möglich ist – gefördert werden. Erfreulich
ist des Weiteren, dass die EU-Kommission auch anders als im deutschen
Lieferkettengesetz eine zivilrechtliche Haftung für Unternehmen vorsieht. Doch
auch diese enthält Ausnahmen.
Klimaschutz bleibt Randthema
Problematisch
ist zudem, dass der Entwurf, ebenso wie in Deutschland, Unternehmen keine
eigenständigen klimabezogenen Sorgfaltspflichten auferlegt. Unternehmen müssen
zwar erfreulicherweise einen Klimaschutzplan in Übereinstimmung mit dem
1,5°C-Ziel des Pariser Übereinkommens erstellen. Allerdings sind Unternehmen
nicht haftbar, wenn sie ihren Plan nicht einhalten. Mit Blick auf die
Klimakrise und die verheerenden Auswirkungen insbesondere für Menschen im
Globalen Süden, ist dies nicht ausreichend.
Die Bundesregierung und die deutschen EU-Parlamentarier*innen
müssen sich nun dafür einsetzen, dass die Schlupflöcher und Lücken in dem
EU-Entwurf geschlossen werden. Die Bundesregierung hat sie sich im
Koalitionsvertrag zu einem ‚wirksamen‘ EU-Lieferkettengesetz bekannt. Der
Kommissions-Entwurf geht nun im weiteren Verfahren an das Europäische Parlament
sowie an den Rat. Einmal verabschiedet, müssten die EU-Mitgliedsstaaten die
Richtlinie in nationales Recht umwandeln. Deutschland müsste in dem Fall das
2021 verabschiedete Lieferkettengesetz anpassen.
Quelle: Text und Grafik: Forum
Fairer Handel