Samstag, 26. März 2016

Fairtrade erstmalig mit Textilstandard



Der neue Standard baut auf dem bestehenden Fairtrade-Standard für lohnabhängig Beschäftigte auf und beinhaltet Kriterien, die die Arbeitsbedingungen, Lohnsituation und Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter in den Fokus stellen. Als erster Standard weltweit macht er dabei eine feste Zeitvorgabe für das Erreichen von existenzsichernden Löhnen. „Innerhalb von sechs Jahren müssen die Löhne auf ein existenzsicherndes Niveau angehoben werden“, so Martin Hill. Nicht nur Textilfabriken, auch die Markenunternehmen werden in die Pflicht genommen, sie werden in Verträgen zu fairen und langfristigen Einkaufspraktiken verpflichtet. Dies bildet die Voraussetzung dafür, dass eine Lohnerhöhung überhaupt umsetzbar ist. Der Textilstandard stärkt die Position und Rechte der Beschäftigten in den Fabriken und versetzt sie in die Lage, ihre Arbeitsbedingungen eigenständig zu verhandeln. Um eine Veränderung vor Ort zu erreichen, ist die Unterstützung durch lokale Experten unabdingbar. „Es ist wichtig, dass die Fabrikbesitzer und Beschäftigten die Inhalte des Standards und die Beweggründe von Fairtrade verstehen, das ist die größte Herausforderungen bei der Umsetzung des Standards und in den Trainings vor Ort“, sagte Siva Parti, Experte für Umwelt, Gesundheit und Arbeitssicherheit bei Sustainable Textile Solutions. Das Textilprogramm holt die Fabriken an dem Punkt ab, an dem sie stehen, und hilft ihnen, die hohen Anforderungen des Standards zu erfüllen. Dabei werden sie unter anderem in den Bereichen Arbeits- und Gesundheitsschutz, Stärkung der Rechte von Arbeiterinnen und Arbeitern, existenzsichernde Löhne und Verbesserung von Effizienz und Produktivität geschult.

Verbraucher müssen noch auf neues Textilsiegel warten

Flocert, die unabhängige Zertifizierungs- organisation von Fairtrade, wird auch die Audits in den  Textilbetrieben durchführen. Dabei sind die Textilarbeiterinnen und -arbeiter stets durch demokratisch gewählte Vertreter beteiligt, die die Belegschaft über die Ergebnisse informieren. Flocert setzt nur Auditoren ein, die sich besonders gut in den komplexen Abläufen der Textilproduktion auskennen. „Unsere Auditoren sind Experten auf ihrem Gebiet. Gemeinsam mit den Beschäftigten und den Fabriken erarbeiten sie Lösungen, um die Situation der Arbeiterinnen und Arbeiter zu verbessern“, so Rüdiger Meyer, Geschäftsführer, Flocert GmbH. Die fertigen Produkte werden später mit dem Siegel „Fairtrade Textile Production“ gekennzeichnet. Dabei wird dem Verbraucher transparent kommuniziert, ob innerhalb der Lieferkette bereits existenzsichernde Löhne gezahlt werden oder ob das Unternehmen noch innerhalb der Sechsjahresfrist darauf hinarbeitet. Besonders ist auch, dass der Textilstandard neben der Verarbeitung von Fairtrade-Baumwolle auch andere nachhaltige Fasern in der Produktion erlaubt.  Zurzeit ist Fairtrade mit interessierten Unternehmen im Gespräch und hofft, bald erste Kooperationen ankündigen zu können. Der Standard kann ab Juni 2016 angewendet werden.  „Bis die erste Lieferkette komplett zertifiziert ist und die Verbraucher die ersten Textilien mit dem Fairtrade Textile Production Siegel im Geschäft kaufen können, wird es noch etwas Zeit in Anspruch nehmen“, so Dieter Overath, Geschäftsführender Vorstandsvorsitzender TransFair e. V. 
Quelle: TransFair, Foto: TransFair e. V. / Anand Parmar

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Sonntag, 20. März 2016

Frauen im Fairen Handel



Keine Zeit, kein Geld, keine Rechte - weltweit sind vor allem Frauen und Kinder von Armut und Ausbeutung betroffen. Dabei zeigt sich längst: Ohne das Engagement von Frauen würden sich ärmere Gesellschaften deutlich langsamer entwickeln. Der Faire Handel setzt sich daher für mehr Gleichberechtigung und bessere gesundheitliche Versorgung von Frauen ein.

Das Missverhältnis zwischen der schwachen Position von Frauen und dem Beitrag, den sie für die Gesellschaft leisten, ist groß. Siebzig Prozent der unbezahlten Arbeit weltweit liegt in Frauenhänden: Sie organisieren den Familienhaushalt, ziehen die Kinder auf und pflegen Angehörige. Weltweit beziehen Frauen nur zehn Prozent der Einkommen und nur ein Prozent des globalen Vermögens gehört Frauen. In Entwicklungsländern produzieren Frauen 80 Prozent der Grundnahrungsmittel, sie besitzen aber nur zehn Prozent der Anbauflächen", so Christoph Teusch von der Verbraucher Initiative e. V. Viele Kreditinstitute haben allerdings inzwischen erkannt, dass Frauen zuverlässigere Kreditnehmer und geschickte Investoren sind. Auch deshalb gelten im Fairen Handel klare Regeln, die helfen, die Situation von Frauen zu verbessern. So verpflichten sich die landwirtschaftlichen Genossenschaften, Plantagen und handwerklichen Betriebe, die am Fairen Handel teilnehmen, Frauen gleichberechtigt zu behandeln. Frauen erhalten wie Männer Pachtlizenzen, Landtitel und Zugang zu Krediten, um ihren eigenen Betrieb zu gründen oder sich besser mit Produktionsmitteln ausstatten zu können. Außerdem wird die Fairtrade-Prämie, die Partnerorganisationen erhalten, häufig für eine bessere Gesundheits- oder Wasserversorgung oder Betreuung der Kinder eingesetzt - Einrichtungen, die vor allem Frauen zugutekommen. Auch Verbraucher in Deutschland können sich dafür einsetzen, dass sich die Situation der Frauen ändert. Mit jedem Kauf eines Produkts mit einem  Fairtrade-Siegel, wie beispielsweise Fairtrade-Rosen, tragen Konsumenten dazu bei, dass sich die Lebensbedingungen für Frauen in den Ländern des Südens verbessern. Mit dem Aufpreis, der für die meisten Menschen in den Industriestaaten einfach zu leisten ist, können in ärmeren Ländern wichtige Investitionen getätigt werden.
Quelle: UD/pm 

Infos zum Thema "Frauen & Entwicklung" gibt es auf oeko-fair.de

Sonntag, 13. März 2016

Bezug von Palmöl: Viele Unternehmen mit Defiziten



Cola von Pepsi, Zahnpasta von Colgate und Gesichtscreme von Bebe – eins haben all diese Produkte gemeinsam: Sie enthalten Palmöl und für seine Produktion könnte Regenwald abgeholzt worden sein. Ihre Hersteller haben in einem neuen Ranking von Greenpeace besonders schlecht abgeschnitten. Jedes Jahr stehen weite Teile Indonesiens in Flammen. Für Palmölplantagen werden auf den Inseln Borneo und Sumatra riesige Waldflächen gerodet und Moore trocken gelegt. Danach sind sie so entzündlich wie eine Schachtel Streichhölzer, leicht greifen Flammen auf angrenzende Wälder über. Vergangenen Herbst fraßen sich monatelang tausende Brände gleichzeitig durch die Regenwälder. Der Rauch nahm den Menschen die Luft zum Atmen. Schätzungen zufolge sterben in der Region Kalimantan jährlich mehr als 100.000 Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung. Die Situation der Regenwälder Indonesiens ist dramatisch: Seit 1990 ging mit rund 31 Millionen Hektar eine Waldfläche fast so groß wie Deutschland verloren.

Alle Unternehmen beziehen Palmöl aus fragwürdigen Quellen

Doch immer noch können viele namhafte Marken, deren Produkte in deutschen Supermarktregalen stehen, nicht ausschließen, dass in ihren Produkten Palmöl aus Regenwaldzerstörung landet. Dies zeigt eine aktuelle Analyse von Greenpeace. Die Umweltschutzorganisation hat 14 global agierende Unternehmen unter die Lupe genommen, die sich in den letzten Jahren zu mehr Waldschutz verpflichtet hatten. Trotz Selbstverpflichtung kann keines der Unternehmen nachweisen, dass in seinen Lieferketten kein Palmöl fragwürdiger Herkunft enthalten ist. „Palmöl steckt in etwa jedem zweiten Supermarkt-Produkt. Die Hersteller haben die Verantwortung gegenüber ihren Kunden, sicher zu stellen, dass sie mit ihrem Kauf nicht zur Regenwaldzerstörung beitragen“, fordert Gesche Jürgens, Waldexpertin von Greenpeace. Deutschland konsumiert jährlich rund 1,3 Millionen Tonnen Palmöl und ist damit weltweit eines der Länder mit dem höchsten Verbrauch. Insgesamt bewertete Greenpeace eigene Angaben von 14 internationalen Firmen nach grundlegenden Kriterien. So wurde beispielsweise geprüft, ob sie ihr Palmöl zur Plantage zurückverfolgen können, ob sich ihre Zulieferer an die Vorgaben zum Waldschutz halten und wie mit Zulieferern verfahren wird, die weiterhin Wälder zerstören. Der Getränkehersteller PepsiCo, der Kosmetik- und Putzmittelkonzern Colgate-Palmolive und der Pharma- und Kosmetikproduzent Johnson & Johnson schnitten im Vergleich am schlechtesten ab. Nur ein einziger der überprüften Hersteller, nämlich Ferrero, kann annähernd 100 Prozent des von ihm verwendeten  Palmöls bis zur Plantage zurückverfolgen. Kein Unternehmen veröffentlicht komplette Listen der Zulieferer oder macht transparent, von wem es aufgrund von Verstößen kein Palmöl mehr bezieht. Zudem mangelt es an einer unabhängigen Überprüfung, ob Zulieferer die Vorgaben der Unternehmen einhalten.

Wirtschaftlicher Schaden durch Waldverlust

2015 wurden die Feuer in Indonesien durch eine ungewöhnlich lange Trockenzeit angeheizt, die laut Klimaexperten auch mit der Erderwärmung zusammenhängt. Sie setzten in drei Wochen mehr klimaschädliches CO  frei als Deutschland in einem Jahr. Der Klimawandel verstärkt also die Feuersbrünste, die wiederum zu einem Anstieg der Emissionen führen – ein Teufelskreis. Der wirtschaftliche Schaden für Indonesien wird auf circa 16 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Quelle: Greenpeace/Susanne Tappe

Sonntag, 6. März 2016

Nachhaltige Fischfang-Offensive für Europas Süden



Die Umweltorganisationen WWF und Marine Stewardship Council (MSC) haben den Start des großangelegten gemeinsamen Projektes MedFish bekannt gegeben. Fischbestände, Fischer und Fischereigemeinden im Mittelmeerraum sollen davon profitieren. Nach der zweijährigen MedFish Startphase werden neben Spanien und Frankreich auch Fischereien anderer Mittelmeeranrainer in das Projekt mit einbezogen. Langfristiges Ziel ist es, einen Großteil der Mittelmeerfischereien in nachhaltige Bahnen zu lenken und den langfristigen Erhalt der Fischbestände im Mittelmeer sicherzustellen.  Auch wenn es aus der Perspektive des Strandurlaubers nicht immer so aussieht: Das beliebte Ferienziel Mittelmeer ist bis heute Heimat tausender Fischarten, Meeressäuger, Schalen- und Krustentiere, Weichtiere und anderer Lebewesen. Es wundert also nicht, dass an seinen Küsten viele Menschen von und mit dem Meer leben: Allein in Frankreich und Spanien arbeiten derzeit 10.600 Fischer, knapp 4.000 Fischerboote sind registriert, je nach Region gehören 70 bis 90 Prozent davon zu kleinen, häufig familienbetriebenen Fischereien.

Fischbestände akut gefährdet

Doch das Ökosystem Mittelmeer ist bedroht und mit ihm die ansässige Fischerei. Umfassende Daten hierzu gibt es bislang kaum – und die, die es gibt, lassen Schlimmes befürchten: 88 Prozent der wenigen Bestände, die bislang überhaupt untersucht wurden, sind überfischt. „Fisch und Fischerei sind untrennbar mit dem Leben am Mittelmeer verbunden. Aber wir haben ernsthafte Bedenken, was die Nachhaltigkeit vieler örtlicher Fischereien, und damit die Zukunft der Fischbestände angeht. Um auch in Zukunft Fisch liefern zu können, müssen Fischereien Fischbestände erhalten und die Auswirkungen auf das Ökosystem Meer begrenzen“, betont Camiel Derichs, Europa-Direktor des MSC.

Systematische Kartierung von Betrieben

Genau darauf arbeitet das Projekt MedFish in den kommenden zwei Jahren hin. In einer ersten Projektphase werden 100 kleine französische und spanische Fischereibetriebe, die repräsentativ für Art und Diversität des Fischfangs im Mittelmeerraum sind, kartiert: Daten über gefangene Fischarten, Fangmengen, Fangmethoden, Beifänge, aber auch Informationen über aktuelle Bestandsgrößen werden systematisch erfasst. Anschließend werden 14 „typische“ Mittelmeerfischereien ausgewählt und anhand der bestehenden MSC-Kriterien für nachhaltige Fischerei bis ins kleinste Detail evaluiert. Nach dieser Evaluation entwickeln WWF und MSC gemeinsam mit den Fischereien konkrete Aktionspläne, um eventuelle Schwächen zu beheben. Für einige Fischereien könnte das Projekt der Einstieg in eine offizielle MSC-Zertifizierung sein, anderen wird es einen klaren Maßnahmenplan an die Hand geben, um ihre bestehenden Fischereipraktiken nachhaltiger zu gestalten. Damit das zukünftige Angebot an nachhaltig gefangenem Fisch auch auf entsprechende Abnehmer trifft, arbeitet MedFish parallel mit Unternehmen der Lieferkette zusammen. So soll im Mittelmeerraum ein tragfähiger Markt für Produkte aus nachhaltiger Fischerei entwickelt werden.
Quelle: UD/pm