Der neue Standard baut auf dem
bestehenden Fairtrade-Standard für lohnabhängig Beschäftigte auf und beinhaltet
Kriterien, die die Arbeitsbedingungen, Lohnsituation und Rechte der
Arbeiterinnen und Arbeiter in den Fokus stellen. Als erster Standard weltweit
macht er dabei eine feste Zeitvorgabe für das Erreichen von existenzsichernden
Löhnen. „Innerhalb von sechs Jahren müssen die Löhne auf ein existenzsicherndes
Niveau angehoben werden“, so Martin Hill. Nicht nur Textilfabriken, auch die
Markenunternehmen werden in die Pflicht genommen, sie werden in Verträgen zu
fairen und langfristigen Einkaufspraktiken verpflichtet. Dies bildet die
Voraussetzung dafür, dass eine Lohnerhöhung überhaupt umsetzbar ist. Der
Textilstandard stärkt die Position und Rechte der Beschäftigten in den Fabriken
und versetzt sie in die Lage, ihre Arbeitsbedingungen eigenständig zu
verhandeln. Um eine Veränderung vor Ort zu erreichen, ist die Unterstützung
durch lokale Experten unabdingbar. „Es ist wichtig, dass die Fabrikbesitzer und
Beschäftigten die Inhalte des Standards und die Beweggründe von Fairtrade
verstehen, das ist die größte Herausforderungen bei der Umsetzung des Standards
und in den Trainings vor Ort“, sagte Siva Parti, Experte für Umwelt, Gesundheit
und Arbeitssicherheit bei Sustainable Textile Solutions. Das Textilprogramm holt
die Fabriken an dem Punkt ab, an dem sie stehen, und hilft ihnen, die hohen
Anforderungen des Standards zu erfüllen. Dabei werden sie unter anderem in den
Bereichen Arbeits- und Gesundheitsschutz, Stärkung der Rechte von Arbeiterinnen
und Arbeitern, existenzsichernde Löhne und Verbesserung von Effizienz und
Produktivität geschult.
Verbraucher müssen noch auf neues
Textilsiegel warten
Flocert, die unabhängige
Zertifizierungs- organisation von Fairtrade, wird auch die Audits in den Textilbetrieben durchführen. Dabei sind die Textilarbeiterinnen und -arbeiter
stets durch demokratisch gewählte Vertreter beteiligt, die die Belegschaft über
die Ergebnisse informieren. Flocert setzt nur Auditoren ein, die sich besonders
gut in den komplexen Abläufen der Textilproduktion auskennen. „Unsere Auditoren
sind Experten auf ihrem Gebiet. Gemeinsam mit den Beschäftigten und den
Fabriken erarbeiten sie Lösungen, um die Situation der Arbeiterinnen und
Arbeiter zu verbessern“, so Rüdiger Meyer, Geschäftsführer, Flocert GmbH. Die
fertigen Produkte werden später mit dem Siegel „Fairtrade Textile Production“
gekennzeichnet. Dabei wird dem Verbraucher transparent kommuniziert, ob
innerhalb der Lieferkette bereits existenzsichernde Löhne gezahlt werden oder
ob das Unternehmen noch innerhalb der Sechsjahresfrist darauf hinarbeitet.
Besonders ist auch, dass der Textilstandard neben der Verarbeitung von
Fairtrade-Baumwolle auch andere nachhaltige Fasern in der Produktion erlaubt. Zurzeit ist Fairtrade mit interessierten
Unternehmen im Gespräch und hofft, bald erste Kooperationen ankündigen zu
können. Der Standard kann ab Juni 2016 angewendet werden. „Bis die erste
Lieferkette komplett zertifiziert ist und die Verbraucher die ersten Textilien
mit dem Fairtrade Textile Production Siegel im Geschäft kaufen können, wird es
noch etwas Zeit in Anspruch nehmen“, so Dieter Overath, Geschäftsführender
Vorstandsvorsitzender TransFair e. V.
Quelle: TransFair, Foto: TransFair e. V. / Anand Parmar