Sonntag, 28. Juni 2015

Faire Biketour, Teil 8: Von der Mosel zur Saar


Fair einkaufen-aber wie?“-Autor Frank Herrmann berichtet in unregelmäßigen Abständen von den Eindrücken und Erlebnissen auf seiner „Fairen Biketour 2015“

Nach zwei Tagen im geschichtsträchtigen Trier mit einem mäßig besuchten Vortrag in einem Kaffeehaus und einer zweiten Veranstaltung mit rund 30 Konfirmanten, ging es mit frischen Kräften wieder auf Achse. Der Tag begann mit der Aktion „Stadt radeln“, vor der Konstantinbasilika im Zentrum. Nachdem der Oberbürgermeister eine kurze Ansprache gehalten und der Pfarrer die Teilnehmer gesegnet hatte, machten sich etwa 60 Radlerinnen und Radler auf einen etwa 60 Kilometer langen Rundkurs, den ich rund 20 Kilometer bis auf luxemburgisches Staatsgebiet begleitete. Ursprünglich wollte ich ja bis Luxemburg-Stadt fahren, da aber für den morgigen Tag viel Regen angesagt war und ich dort keinen Termin hatte, entschied ich mich dem Saarradweg zu folgen. Um von der Mosel ins Tal der Saar zu gelangen, hatte ich allerdings 200 steile Höhenmeter zu bewältigen, der erste ernsthafte Anstieg seit vielen Tagen entlang deutscher Flüsse.

Die zwei Gesichter des Saarlands

Da ich das Saarland bislang noch überhaupt nicht kannte, war ich natürlich gespannt. Der gut ausgebaute Radweg entlang der Saar stromaufwärts führte durch bewaldete und dünn besiedelte Regionen, die so gar nicht in mein Bild eines stark industrialisierten Bundeslandes passen wollten. In Mettlach, Sitz der Firma Villleroy & Boch, schaute ich mir den Abteipark mit dem „Erdgeist“ an, einer 14 Meter hohen Efeufigur, die während der Expo 2000 den Pavillon des WWF schmückte. Nach einer Eisschokolade, einem Stück Erdbeerkuchen, Livemusik und einer Unterhaltung mit einem Motorradfahrer aus Bremen, nahm ich den steilen Anstieg aus Mettlach Richtung Saarlouis in Angriff. Der ersparte mir rund 10 Kilometer Umweg, da die Saar bei Mettlach ihre berühmte Schleife macht, von der man als Radfahrer auf dem Radweg aber wenig sieht. Außerdem hatten mich die endlosen Moselschleifen schon schwindelig genug gemacht. 

Geburtstag ohne Ankündigung

Gegen 18.30 Uhr und nach fast 100 Kilometern erreichte ich mein heutiges Etappenziel Saarlouis. Meinen Gastgeber hier hatte ich erneut über die Webseite „warm showers“ gefunden. Er hatte mir bereits angekündigt, dass sein Haus voll sei, ich aber auf einer Matratze pennen könne, aber er hatte mir nicht gesagt, dass er am Tag meiner Ankunft seinen Geburtstag feierte. Ich wurde sehr herzlich aufgenommen und hatte interessante Gespräche mit allen möglichen Menschen bis fast Mitternacht. Am nächsten Morgen regnete es und auch die Vorhersage war alle andere als gut. Also machte ich mich gegen 11 Uhr auf die rund 25 Kilometer-Kurzetappe nach Saarbrücken. Zum ersten Mal musste ich die Regenjacke anziehen und die Fahrt im Regen durch die Industriezone zwischen Völklingen (Weltkulturerbe) und Saarbrücken bei grauem Himmel ließ die Gegend, die nur aus Stahlwerken, alten Bauruinen, Kohlekraftwerken, stillgelegten Gruben, Autobahnen und dicken Leitungsrohren zu bestehen schien, noch trostloser als sonst erscheinen.

Fortsetzung folgt ...












Donnerstag, 25. Juni 2015

Die „Tränen des Baumes“ – Studie zu Arbeitsbedingungen bei der Gummiproduktion



Die Produktion von Naturkautschuk ist mit zahlreichen ökologischen und sozialen Problemen verbunden. Zu diesem Schluss kommt die Südwind-Studie „Die ‚Tränen des Baumes‘ als Wirtschaftsgut. Arbeitsbedingungen im Kautschuksektor“. Viele dieser Probleme von der Rodung großer Waldgebiete, Menschenrechtsverletzungen bei der Anlage von Plantagen oder miserablen Arbeitsbedingungen, sind mit denen des Palmölanbaus vergleichbar. Bislang hat die Kautschukbranche jedoch noch nicht ausreichend auf diese Herausforderung reagiert. Gummi ist ein eher unscheinbarer Werkstoff, aber in vielen Bereichen unentbehrlich. Der natürliche Grundstoff für Gummi ist der Milchsaft des Kautschukbaumes. Vor allem die Auto- und Flugzeugindustrie sind für die Herstellung von Reifen auf Naturkautschuk angewiesen. 90 Prozent des Naturkautschuks stammen heute aus Anbauregionen in Südostasien.

Lange Liste von Menschenrechtsverletzungen

Um großflächige Kautschuk-Monokulturen anzulegen, werden – teilweise illegal – riesige Waldgebiete gerodet, was sich entsprechend auf Artenvielfalt und Bodenqualität auswirkt. Außerdem kommt es bei der Anlage solcher Plantagen oft zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen: Illegale Vertreibungen und Abholzung von gemeinschaftlich genutzten Wäldern, Gewalteinsatz bei der Räumung von Siedlungen und mangelnde Entschädigung für Landnahme - die Liste ist lang. „Auf den Plantagen selbst sind erzwungene Mehrarbeit und Armut aufgrund des sehr niedrigen Lohnniveaus keine Seltenheit“, meint Irene Knoke, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Südwind und Mitautorin der Studie „Aber auch die kleinbäuerlichen Betriebe, die noch immer einen Großteil der Produktion bestreiten, leiden unter Preisschwankungen und den gegenwärtig sehr niedrigen Preisen“, so Knoke weiter.

Unternehmen müssen Verantwortung übernehmen

Die Probleme beim Anbau von Kautschuk korrespondieren mit jenen in der Palmölproduktion. Doch obwohl das Auto des Deutschen liebstes Kind ist, haben die schweren ökologischen und sozialen Probleme beim Kautschukanbau noch wenig gesellschaftliche Resonanz gefunden. Entsprechend hat auch die Kautschukbranche erst sehr zaghaft begonnen, sich des Themas anzunehmen. Erste Schritte hin zu einer Sensibilisierung gegenüber den Missständen innerhalb der Kautschukbranche sind erfolgt, doch es bleibt Einiges zu tun: Insbesondere da, wo nationale Regierungen und deren Institutionen ihren Schutzpflichten nicht nachkommen, müssen die Unternehmen endlich selbst Verantwortung in ihrer Lieferkette übernehmen.
Quelle: UD/pm, Bilder: Frank Herrmannn

Dienstag, 23. Juni 2015

Faire Biketour, Teil 6: Am Rhein entlang zur Moselmündung



„Fair einkaufen-aber wie?“-Autor Frank Herrmann berichtet in unregelmäßigen Abständen von den Eindrücken und Erlebnissen auf seiner „Fairen Biketour 2015“

Das Wetter hatte sich nach dem heftigen Gewitterguss in Oestrich-Winkel (der, wie ich später hörte, gleichzeitig das am gegenüberliegende Rheinufer gelegene Bingen unter Wasser setzte) wieder beruhigt. Mit angenehmen Rückenwind fuhr ich die Kurzetappe zurück am Wiesbadener Ufer bis nach Mainz, wo ich die Seite wechselte und kurze Zeit später meinen Zielort Nackenheim erreichte, wo meine Schwester wohnt. Sie feierte am Abend zusammen mit meinem Schwager Ihren „100sten“ Geburtstag in einer wunderschönen Location und bei bestem Wetter. Ich hatte dann die Ehre beide plus viele Blumen und Geschenke um 3.30 Uhr morgens zurück nach Hause zu fahren (ausnahmsweise mal mit dem Auto). Der nächste Tag diente der Regeneration. Ich verbrachte einen Teil des Tages mit einem Freund und seinen Kindern an einem Baggersee in der Umgebung. 

Mäuseturm nicht zu sehen

Um von Nackenheim nach Bingen zu gelangen, folgte ich nicht dem Rhein (um nicht durch das langgezogene Mainz radeln zu müssen, sondern wählte die wellige, aber landschaftlich reizvolle Route durch die Weinberge. In Ingelheim stieß ich dann wieder auf den Vater aller deutschen Flüsse. Nur wenige Kilometer rheinaufwärts, erreichte ich Bingen mit dem berühmten Mäuseturm, den momentan leider ein Gerüst komplett versteckt. Abends stand in der Fairtrade-Town Bingen mal zur Abwechslung ein Vortrag zum Thema Faire Mode auf dem Programm. Von Vertretern der Stadt bekam ich danach ein schickes weißes Badetuch geschenkt, natürlich aus fairer Baumwolle. Das  wird  mir hoffentlich im anstehenden Sommer gute Dienste leisten.

Hier muss man mal geradelt sein

Ein echter Leckerbissen für alle Radwanderer ist das Stück des Mittelrheins zwischen Bingen und Koblenz. Die Kulturlandschaft Oberes Mittelrheintal ist seit 2002 sogar UNESCO-Welterbe. Zahlreiche Burgen, Schlösser und Festungen erheben sich auf beiden Seiten des Rheins, überragen Weinberge und kleine, historische Orte. Selbst den einen oder anderen Sandstrand hat die gegend zu bieten. Auf dem Wasser herrscht reger Bootsverkehr. Neben der Binnenschifffahrt sind jede Menge Ausflugsboote und Kreuzfahrtschiffe unterwegs. Rund um einen von Deutschlands bekanntesten Felsen, der Loreley bei St. Goar steigt auch die Wohnmobil- und Fernreisebusdichte deutlich an. Leider spielte das Wetter auf dieser reizvollen Etappe nicht ganz mit. Es regnete zwar nicht, aber die Sonne hatte Mühe sich durch die milchigen Wolken zu kämpfen und beständiger kühler Gegenwind machte das Radeln nicht gerade angenehm. Nach einem kurzen Abstecher zum Deutschen Eck in Koblenz (Mündung der Mosel in den Rhein) fuhr ich zu meiner Gastgeberin, deren Haus bereits an der Mosel liegt. Abends stand ein Vortrag in der Katholischen Hochschulgemeinde zum Thema Faire Mode an, dem ein geselliges Grillen mit Mitgliedern des Weltladens im schönen Garten der KHG folgte.
Fortsetzung folgt ...






Faire Biketour, Teil 7: Genussradeln an der Mosel



Fair einkaufen-aber wie?“-Autor Frank Herrmann berichtet in unregelmäßigen Abständen von den Eindrücken und Erlebnissen auf seiner „Fairen Biketour 2015“

Nach einem Frühvortrag (1.+2. Stunde) am Max-von-Laue-Gymnasium in Koblenz vor rund 100 Schülern und einigen Lehrern zum Thema Fairer Tourismus, erwartete mich einer der bisher schönsten Tage der Fairen Biketour. Bei besten Bedingungen (Sonne, nicht zu warm, wenig Wind) radelte ich die Mosel aufwärts auf sehr gut beschilderten und so gut wie durchgehend asphaltierten Radwegen. Noch nie habe ich eine Region gesehen, in der so viel Wein (und so gut wie nichts anderes) angebaut werden. Leider ist die Monokultur Wein auf Pestizide angewiesen, die hier angesichts der großen Flächen oftmals mit dem Helikopter aufgebracht werden. Das nimmt natürlich der romantischen Radroute ein wenig vom Reiz, ebenso wie die Unmengen an Campingplätzen und die oft sehr trostlos wirkenden Stellplätze für Wohnmobile. In jedem Fall ist die Mosel fest in Seniorenhand.

Kein Wein an der Mosel

Auch im weiteren Verlauf der heutigen Etappe fragte ich mich immer wieder, wer denn den ganzen Wein trinkt. Und würde ich mich nur auf die Namen verlassen, würde ich mir tendenziell eher ein „Piesporter Goldtröpfchen“ als einen „Kröwer Nacktarsch“ bestellen. Doch ich bin wahrscheinlich der erste und einzige Moselradler, der keinen lokalen Wein während seines Besuchs probiert hat. Denn leider habe ich keinen Biowein gefunden, den ich definitiv dem konventionell angebauten vorziehe.

Die bislang längste Etappe

Da für den morgigen Tag schlechtes Wetter vorher gesagt war, entschied ich mich so weit wie möglich zu radeln. Gegen 18 Uhr erreichte ich nach rund 124 Kilometern Bernkastel-Kues und machte mich auf die Suche nach einer Pension, was noch fast eine Stunde dauerte. Schließlich fand ich eine nette Bleibe im Ortsteil Kues und nach einer Pizza bei einem nahe gelegenen Italiener hatte ich für heute außer schlafen nichts mehr im Sinn.

Ein Fluss, der sich windet

Der Wetterbericht stimmte und bereits in der Nacht begann es zu regnen. Ich wartete daher bis 11 Uhr, bevor ich in leichtem Nieselregen aufbrach. Der hörte dann nach rund einer Stunde komplett auf und es entwickelte sich noch ein recht angenehmer Tag. Auch auf der heutigen Etappe begleiteten mich neben Burgen, schnuckeligen Dörfern wieder endlose Weinberge, die auch noch an den unmöglichsten Stellen angelegt worden waren. Während der Ernte muss hier die Hölle los sein. Erstaunlich auch wie sich die Mosel windet. Während Koblenz und Trier nur knapp 100 Kilometer Luftlinie voneinander entfernt sind, brauchte ich für die gleiche Strecke 200 Kilometer dem Lauf der Mosel folgend. Der Vorteil ist, dass der Wind auch mal dreht (ja, ich hatte wirklich auch mal Rückenwind) und einen die Sonne mal von links und mal von rechts bescheint. Schließlich erreichte ich Trier, wo in den kommenden Tagen zwei Vorträge anstehen. Und ein wenig Erholung kann nach den vier Tagen nonstop Radelns und 320 Kilometern im Sattel auch nicht schaden.
Fortsetzung folgt ...