Mittwoch, 25. März 2020

Zeit für Solidarität: Aktion #fairsorgung gestartet



Aktion soll den Warenfluss fair gehandelter Produkte gewährleisten und Existenzen sichern 

Gemeinsam mit rund 30 Lieferanten des Fairen Handels hat der Weltladen-Dachverband heute die aktion #fairsorgung gestartet. Ziel der Aktion ist es, die schlimmsten wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise auf alle Partner des Fairen Handels abzumildern und die Versorgung der Bevölkerung mit fair gehandelten Produkten zu gewährleisten. Um dieses Ziel zu erreichen, weist der Weltladen-Dachverband Verbraucherinnen und Verbrauchern auf die vielfältigen Bestell- und Lieferwege hin, die Weltläden in vielen Städten angesichts der Coronakrise entwickelt haben. Dazu zählt auch der Kauf von Gutscheinen, der Weltläden in der aktuellen Situation Einnahmen sichert. Für die Kunden, für die dieses lokale Angebot nicht verfügbar oder nicht passend ist, bietet die aktion #fairsorgung eine Online-Komponente. Mit einer breit angelegten Kampagne sollen bestehende, aber auch Neukunden für das vielfältige Angebot der Fair-Handels-Unternehmen gewonnen werden. Über den Link www.aktion-fairsorgung.de gelangen die Kunden zu den Online-Shops der anerkannten Weltladen-Lieferanten, die besonders hohe Standards erfüllen und die als gesamtes Unternehmen ausschließlich fair gehandelte Waren vertreiben. Einen Teil der Umsätze leiten die Lieferanten an die Weltläden weiter, so dass diese trotz Schließung oder reduzierten Öffnungszeiten einen Beitrag zur Deckung ihrer laufenden Kosten erhalten.

Umsatzverluste verringern

Dauer und Verlauf der Krise sind derzeit nicht abzuschätzen. Es ist jedoch absehbar, dass alle an der Lieferkette beteiligten Akteure - Produzentinnen und Produzenten, Importeure und die Weltläden als Fachgeschäfte des Fairen Handels - wirtschaftliche Einbußen zu verzeichnen haben werden. Kleinbauern und Kleinproduzenten weltweit, die Kaffee, Tee, Reis und viele weitere Produkte unseres täglichen Bedarfs herstellen, haben bereits jetzt mit dramatischen Umsatzeinbußen wegen der Coronakrise zu kämpfen. Die aktion #fairsorgung soll durch einen funktionierenden Weiterverkauf der Waren an die Endkunden einen Beitrag dazu leisten, den Absatz der produzierten Waren und somit die Existenzen der Produzenten zu sichern. Der Weltladen-Dachverband appelliert an alle Weltladen-Kunden ihren Fachgeschäften für Fairen Handel auch in diesen schwierigen Zeiten die Treue zu halten, damit sie nach Bewältigung der Krise wieder den Einkauf in ihrem Weltladen genießen können. Die Adressen der mehr als 900 Weltläden in Deutschland sind unter www.weltladen.de abrufbar. Weitere Informationen: www.aktion-fairsorgung.de
QuelleText und Bild: Weltladen-Dachverband 

Donnerstag, 19. März 2020

Sonderheft „Im Fokus - 50 Jahre Fairer Handel“


Das Coronavirus beherrscht die Schlagzeilen. Doch es gibt viele weitere Themen von Interesse. Um die Vielfalt beizubehalten, gibt es auf diesem Blog virenfreie Beiträge.


Bananen aus Peru, Kaffee aus Äthiopien, Platin aus Südafrika – Wir beziehen unsere Rohstoffe aus der ganzen Welt – und tragen Verantwortung, wenn dafür Menschen ausgebeutet werden. Wenn sie für niedrige Löhne in maroden Fabriken und einsturzgefährdeten Kellern schuften. Wenn sie Früchte oder Gemüse mühsam anbauen  oder  ernten  –  und  schließlich  ohne  Gewinn  verkaufen  müssen. Die Konzerne erzielen riesige Profite – und wir? Kaufen billig  ein.  Aber  muss  das  so  sein?  Nein.  Der  Faire  Handel  zeigt, dass es auch anders geht: transparent, mit festen Preisen und auf Augenhöhe mit den Produzierenden in aller Welt.
Das neue Sonderheft „Im Fokus: 50 Jahre Fairer Handel“ von Brot für die Welt nimmt das „Wie“ in den Fokus!
Quelle: Brot für die Welt

Sonntag, 8. März 2020

Lieferkettengesetz in Deutschland ist juristisch möglich


Ein Lieferkettengesetz in Deutschland ist machbar – für Unternehmen genauso wie für den Gesetzgeber. Das zeigt ein Rechtsgutachten der Initiative Lieferkettengesetz, erstellt von Rechtsexperten des Bündnisses mit Unterstützung durch Rechtsanwalt Robert Grabosch. Unternehmen in Deutschland sollen mit einem solchen Gesetz dazu verpflichtet werden, Mensch und Umwelt bei ihren globalen Geschäften besser zu schützen.
 
"Unsere Analyse zeigt: Menschenrechts- und Umweltschutz entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind keine Utopie, sondern nur ein Gesetz weit entfernt. Die Bundesregierung muss dem Koalitionsvertrag nachkommen und noch in dieser Legislaturperiode ein faires und starkes Lieferkettengesetz verabschieden", sagt Johanna Kusch, Sprecherin der Initiative Lieferkettengesetz. Entwicklungsminister Müller und Arbeitsminister Heil hatten zugesichert, im Februar Eckpunkte für ein entsprechendes Gesetz vorzulegen, um den Prozess voranzutreiben. Die Initiative Lieferkettengesetz ist ein Bündnis aus 91 zivilgesellschaftlichen Organisationen. Ein Lieferkettengesetz soll es Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen auch erleichtern, in Deutschland vor Gericht zu ziehen, um auf Wiedergutmachung zu klagen. Vor allem aber soll es präventiv wirken: "Unternehmen sollten dazu verpflichtet werden, die Risiken für Mensch und Umwelt in ihren Geschäften zu analysieren, diesen vorzubeugen und das öffentlich zu dokumentieren. Verstoßen sie gegen diese Pflichten, muss das Konsequenzen haben: zum Beispiel Bußgelder oder den Ausschluss von öffentlichen Vergabeverfahren", erläutert Christian Schliemann vom European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR). Eine Behörde müsse die Einhaltung der Sorgfaltspflichten kontrollieren und bei Missachtung entsprechend sanktionieren.

Auch Schutz der Umwelt sollte gesetzlich verankert werden

Nicht nur Menschen, auch die Umwelt muss ein Lieferkettengesetz nach Ansicht des zivilgesellschaftlichen Bündnisses schützen: Laura von Vittorelli, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), erklärt: "Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung durch die Wirtschaft gehen weltweit Hand in Hand. Wenn Flüsse durch Bergbau, Chemie- und Textilfabriken vergiftet werden, sind Menschen in ihrem Grundrecht auf Zugang zu sauberem Trinkwasser eingeschränkt. Ein Lieferkettengesetz muss sowohl menschenrechtliche als auch umweltbezogene Sorgfaltspflichten für Unternehmen festschreiben. Betroffene brauchen eine rechtliche Handhabe gegen diese zerstörerischen Praktiken." Gelten muss ein Lieferkettengesetz für alle großen Unternehmen (also bspw. bei über 250 Mitarbeitenden oder 20 Millionen Euro Bilanzsumme), die in Deutschland ansässig oder geschäftstätig sind. Kleine und mittelständische Unternehmen soll das Gesetz erfassen, wenn sie in Branchen mit besonders hohen Risiken für Mensch oder Umwelt tätig sind, etwa in der Textilbranche, so die Forderung der Initiative. Viele Unternehmen machen bereits jetzt freiwillig vor, dass Menschenrechtsschutz möglich und vor allem nicht geschäftsschädigend ist. Doch Freiwilligkeit reicht beim Schutz von Menschenleben und Umwelt nicht aus. "Wichtig ist: Deutschland darf mit einem Gesetz nicht hinter die Anforderungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte zurückfallen. Diese verlangen nichts Unmögliches von Unternehmen, sondern lediglich angemessene Maßnahmen zum Schutz der Menschenrechte", erläutert Heike Drillisch, Koordinatorin des CorA-Netzwerks für Unternehmensverantwortung. Die Angemessenheit hänge etwa von der Größe des Unternehmens, seinen direkten Einflussmöglichkeiten und der Schwere der möglichen Menschenrechtsverletzung ab.

Über die Initiative Lieferkettengesetz
Die Initiative Lieferkettengesetz eint 91 zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen sowie Gewerkschaften und kirchliche Akteure. Im September 2019 haben sie sich zu einem Bündnis zusammengeschlossen. ECCHR, BUND Deutschland und das CorA-Netzwerk gehören zu den 18 Trägerorganisationen der Initiative.
Quelle: Forum Fairer Handel

Dienstag, 3. März 2020

Nachhaltigkeit auf digitalen Reiseplattformen – mehr Schein als Sein?


Das Interesse der Deutschen an nachhaltigen Reisen steigt – ebenso wie die Bereitschaft, online zu buchen. Immer mehr digitale Online-Reiseveranstalter bieten nicht nur einzelne Leistungsbestandteile wie Übernachtungen oder Taxifahrten an, sondern vermitteln ganze Fernreisen im Paket. Einige davon erheben den Anspruch, nachhaltige Reisen anzubieten. Ein genauerer Blick auf digitale Tourismusunternehmen auf dem deutschen Markt wirft aber Zweifel auf: Dient das grüne Image vor allem dem Marketing oder richten sich die Unternehmen tatsächlich konsequent an den Maximen der Nachhaltigkeit aus?

Als digitale Marktplätze vermitteln die Plattformen den Reisenden ein maßgeschneidertes, vermeintlich nachhaltiges Angebot. Sie bringen Touristinnen und Touristen mit lokalen Veranstaltern in Verbindung, die dann die Reisen vor Ort planen oder Dienstleistungen, wie z.B. die Beherbergung, übernehmen. Auf den ersten Blick bieten sie also Produkte an wie klassische Reiseveranstalter. Allerdings stellen sie die Reisen oft nicht selbst zusammen, sondern lagern die gesamte Koordination und Leistungserstellung in die Gastländer aus. Ohne selbst die zeit- und kostenaufwendige Mittlerstellung des Veranstalters zu übernehmen, können sie deutlich günstigere Preise bieten. Auch die aufwändige Korrespondenz mit den Reisenden lagern viele Plattformen aus. Weil die Korrespondenz mit deutschen Reisenden auf Deutsch erfolgen soll, leiten oftmals Deutsche vor Ort die lokalen Agenturen oder sind zumindest dort angestellt. So verbleiben die Gewinne zwar im Land, erreichen aber die Einheimischen nicht direkt. Damit ist das Hauptargument der Plattformen für einen nachhaltigen Tourismus, als Benefit für die Menschen vor Ort schnell entkräftet. Die digitalen Vermittlungsleistungen stellen eine Chance als auch ein Risiko für Unternehmen in Ländern des globalen Südens dar. Diese profitieren von den digitalen Lösungen und dem Marktzugang durch die Vermittler. Abhängigkeitsverhältnisse und hohe Provisionen aber sind die Kehrseiten der Medaille. Plattformen wie trip.me, Evaneos und Greenpearls geben Ihre Vermittlungspauschale öffentlich nicht bekannt – vieles deutet darauf hin, dass sie über den marktüblichen 10-20 Prozent liegen, die im Reiseveranstaltergeschäft üblich sind. Die Folge für die lokalen Agenten: Viel Arbeit bei wenig Wertschöpfung sowie geringe bzw. intransparente Gewinnmargen.

Intransparente Nachhaltigkeitskriterien

Auch webbasierte, international agierende Tourismusplattformen sollten sicherstellen, dass sie ethisch vertretbare Produkte entwickeln. Das gelingt durch gezielte Auswahl nachhaltiger Leistungen vor Ort. Ein Indikator dafür wäre, dass die lokalen Partneragenturen und Zulieferer entlang der gesamten Wertschöpfungskette zertifiziert sind. Bisher sind die meisten digitalen Plattformen selbst jedoch noch nicht zertifiziert und machen auch nur bedingt transparent, ob und nach welchen Nachhaltigkeitskriterien sie ihre Partner auswählen. So gibt Evaneos beispielsweise an, seine Partner unter anderem danach auszusuchen, ob sie zertifiziert sind, liefert jedoch keine näheren Informationen zu den Zertifikaten oder der Anzahl der zertifizierten Partnerunternehmen. Die Plattform Greenpearls hat ein eigenes Kriterienraster entwickelt, bei dem jedoch nicht klar wird, welche Maßstäbe es zugrunde legt und inwieweit es auf die jeweiligen Unterkünfte angewendet wurde. Für die Kunden bleibt damit  unklar, ob die Leistungen vor Ort dem Kriterienraster entsprechen oder nicht. Die Partner von trip.me werden nicht nach Nachhaltigkeitskriterien ausgesucht. Laut der eigenen Homepage, werden Leistungen vor Ort überprüft auf „Einmaligkeit, Abenteuer, Spannung und vieles mehr“.  

Mit gutem Beispiel voran

Während viele Vermittlungsplattformen in puncto ihrer Nachhaltigkeitswirkung noch deutlich nachlegen müssen, hat sich Fairaway bereits auf einen guten Weg begeben. Das Unternehmen arbeitet gezielt mit Partnerunternehmen in den Zielgebieten zusammen, die bei dem anerkannten Nachhaltigkeits-Label Travelife registriert sind oder unterstützt die lokalen Partner im Zertifizierungsprozess. Auf der Website informiert Fairaway transparent und umfassend über die nachhaltigen Geschäftspraktiken des Unternehmens und hat am TourCert Check teilgenommen. Fairaway begrenzt das unternehmerische Risiko für lokale Partner durch transparente Regeln der Zusammenarbeit und marktübliche Provisionen von 15 Prozent. Ein Verhaltenskodex verpflichtet die lokalen Unternehmen zur Einhaltung von Arbeits-, Kinder- und Menschenrechten. Der Reiseveranstalter kompensiert zudem einen Teil der entstehenden CO2-Emissionen je Reise und hat Maßnahmen zur Reduzierung des Ressourcenverbrauchs entwickelt.
Bisher scheint das Gros der digitalen Vermittlungsplattformen sich schwer zu tun, ihr Geschäft konsequent an Prinzipien des nachhaltigen Tourismus auszurichten. Doch es gibt erste Anzeichen dafür, dass sie sich eingehender mit der Komplexität von nachhaltiger Tourismusentwicklung auseinandersetzen. So hat das Unternehmen Evaneos neuerdings eine Nachhaltigkeitsbeauftragte ins Unternehmen berufen. Die Zunahme von Reiseveranstaltern mit digitalisierten Geschäftsmodellen wird es nötig machen, auch in Zukunft genauer hinzusehen, ob digitale Reiseveranstalter ihren nachhaltigen Versprechen gerecht werden.
Quelle: Tourism Watch