Das Interesse der Deutschen an nachhaltigen Reisen
steigt – ebenso wie die Bereitschaft, online zu buchen. Immer mehr digitale
Online-Reiseveranstalter bieten nicht nur einzelne Leistungsbestandteile wie
Übernachtungen oder Taxifahrten an, sondern vermitteln ganze Fernreisen im
Paket. Einige davon erheben den Anspruch, nachhaltige Reisen anzubieten. Ein
genauerer Blick auf digitale Tourismusunternehmen auf dem deutschen Markt wirft
aber Zweifel auf: Dient das grüne Image vor allem dem Marketing oder richten
sich die Unternehmen tatsächlich konsequent an den Maximen der Nachhaltigkeit
aus?
Als digitale
Marktplätze vermitteln die Plattformen den Reisenden ein maßgeschneidertes,
vermeintlich nachhaltiges Angebot. Sie bringen Touristinnen und Touristen mit
lokalen Veranstaltern in Verbindung, die dann die Reisen vor Ort planen oder
Dienstleistungen, wie z.B. die Beherbergung, übernehmen. Auf den ersten Blick
bieten sie also Produkte an wie klassische Reiseveranstalter. Allerdings
stellen sie die Reisen oft nicht selbst zusammen, sondern lagern die gesamte
Koordination und Leistungserstellung in die Gastländer aus. Ohne selbst die
zeit- und kostenaufwendige Mittlerstellung des Veranstalters zu übernehmen,
können sie deutlich günstigere Preise bieten. Auch die aufwändige Korrespondenz
mit den Reisenden lagern viele Plattformen aus. Weil die Korrespondenz mit
deutschen Reisenden auf Deutsch erfolgen soll, leiten oftmals Deutsche vor Ort
die lokalen Agenturen oder sind zumindest dort angestellt. So verbleiben die
Gewinne zwar im Land, erreichen aber die Einheimischen nicht direkt. Damit ist
das Hauptargument der Plattformen für einen nachhaltigen Tourismus, als Benefit
für die Menschen vor Ort schnell entkräftet. Die digitalen
Vermittlungsleistungen stellen eine Chance als auch ein Risiko für Unternehmen
in Ländern des globalen Südens dar. Diese profitieren von den digitalen
Lösungen und dem Marktzugang durch die Vermittler. Abhängigkeitsverhältnisse
und hohe Provisionen aber sind die Kehrseiten der Medaille. Plattformen wie
trip.me, Evaneos und Greenpearls geben Ihre Vermittlungspauschale öffentlich
nicht bekannt – vieles deutet darauf hin, dass sie über den marktüblichen 10-20
Prozent liegen, die im Reiseveranstaltergeschäft üblich sind. Die Folge für die
lokalen Agenten: Viel Arbeit bei wenig Wertschöpfung sowie geringe bzw.
intransparente Gewinnmargen.
Intransparente
Nachhaltigkeitskriterien
Auch webbasierte,
international agierende Tourismusplattformen sollten sicherstellen, dass sie
ethisch vertretbare Produkte entwickeln. Das gelingt durch gezielte Auswahl
nachhaltiger Leistungen vor Ort. Ein Indikator dafür wäre, dass die lokalen
Partneragenturen und Zulieferer entlang der gesamten Wertschöpfungskette
zertifiziert sind. Bisher sind die meisten digitalen Plattformen selbst jedoch
noch nicht zertifiziert und machen auch nur bedingt transparent, ob und nach
welchen Nachhaltigkeitskriterien sie ihre Partner auswählen. So gibt Evaneos
beispielsweise an, seine Partner unter anderem danach auszusuchen, ob sie
zertifiziert sind, liefert jedoch keine näheren Informationen zu den
Zertifikaten oder der Anzahl der zertifizierten Partnerunternehmen. Die
Plattform Greenpearls hat ein eigenes Kriterienraster entwickelt, bei dem
jedoch nicht klar wird, welche Maßstäbe es zugrunde legt und inwieweit es auf
die jeweiligen Unterkünfte angewendet wurde. Für die Kunden bleibt damit
unklar, ob die Leistungen vor Ort dem Kriterienraster entsprechen oder nicht.
Die Partner von trip.me werden nicht nach Nachhaltigkeitskriterien ausgesucht.
Laut der eigenen Homepage, werden Leistungen vor Ort überprüft auf
„Einmaligkeit, Abenteuer, Spannung und vieles mehr“.
Mit gutem Beispiel
voran
Während viele
Vermittlungsplattformen in puncto ihrer Nachhaltigkeitswirkung noch deutlich
nachlegen müssen, hat sich Fairaway bereits auf einen guten Weg begeben. Das
Unternehmen arbeitet gezielt mit Partnerunternehmen in den Zielgebieten
zusammen, die bei dem anerkannten Nachhaltigkeits-Label Travelife registriert
sind oder unterstützt die lokalen Partner im Zertifizierungsprozess. Auf der
Website informiert Fairaway transparent und umfassend über die nachhaltigen
Geschäftspraktiken des Unternehmens und hat am TourCert Check teilgenommen.
Fairaway begrenzt das unternehmerische Risiko für lokale Partner durch
transparente Regeln der Zusammenarbeit und marktübliche Provisionen von 15
Prozent. Ein Verhaltenskodex verpflichtet die lokalen Unternehmen zur Einhaltung
von Arbeits-, Kinder- und Menschenrechten. Der Reiseveranstalter kompensiert
zudem einen Teil der entstehenden CO2-Emissionen je Reise und hat Maßnahmen zur
Reduzierung des Ressourcenverbrauchs entwickelt.
Bisher scheint das
Gros der digitalen Vermittlungsplattformen sich schwer zu tun, ihr Geschäft
konsequent an Prinzipien des nachhaltigen Tourismus auszurichten. Doch es gibt
erste Anzeichen dafür, dass sie sich eingehender mit der Komplexität von
nachhaltiger Tourismusentwicklung auseinandersetzen. So hat das Unternehmen
Evaneos neuerdings eine Nachhaltigkeitsbeauftragte ins Unternehmen berufen. Die
Zunahme von Reiseveranstaltern mit digitalisierten Geschäftsmodellen wird es
nötig machen, auch in Zukunft genauer hinzusehen, ob digitale Reiseveranstalter
ihren nachhaltigen Versprechen gerecht werden.
Quelle: Tourism Watch