Freitag, 18. Juni 2021

Das Lieferkettengesetz ist da!

Die Initiative Lieferkettengesetz berichtet:

Auf der Straße und im Netz, mit unzähligen Aktionen, Veranstaltungen, Wahlkreisgesprächen, Recherchen, Pressemitteilungen und Petitionen: Als großes zivilgesellschaftliches Bündnis haben wir fast zwei Jahre lang gegen Gewinne ohne Gewissen gekämpft. Wir sind stolz, dankbar und auch ein bisschen überwältigt, wie viele Menschen sich in dieser Zeit hinter unser Anliegen gestellt haben. Voller Kreativität und Leidenschaft haben sie sich für einen gesetzlichen Rahmen eingesetzt und gezeigt: Gemeinsam können wir etwas verändern. Gemeinsam haben wir geschafft, was vor zwei Jahren für viele noch undenkbar war: Der Bundestag hat das Lieferkettengesetz verabschiedet. Erstmalig nimmt hierzulande ein Gesetz Unternehmen in die Pflicht, Verantwortung für die Menschen in ihren Lieferketten zu übernehmen. Das ist eine gute Nachricht für alle, die unter ausbeuterischen Bedingungen in den Lieferketten deutscher Unternehmen arbeiten.

Das Gesetz ist ein wichtiger Schritt für Menschenrechte und Umweltschutz in den Lieferketten. Doch wahr ist auch: Das Gesetz ist an vielen Stellen enttäuschend schwach. Der heutigen Abstimmung im Bundestag ist eine Lobbyschlacht vorausgegangen, die ihresgleichen sucht. Leider haben das Bundeswirtschaftsministerium und viele Unions-Abgeordnete dem Druck der Wirtschaftslobbyisten nicht standgehalten. Sie haben das Gesetz verwässert: Es umfasst zu wenige Unternehmen und macht zu viele Ausnahmen bei den Sorgfaltspflichten, es verweigert Betroffenen den Anspruch auf Schadensersatz und setzt kein Zeichen für den Klimaschutz. Unsere erste Analyse über die Stärken und Schwächen des Gesetzes ist am Ende dieses Artikels verlinkt.
Ob und in welcher Form wir als Initiative Lieferkettengesetz weitermachen, werden wir nach dem Sommer gemeinsam mit allen Trägerorganisationen des Bündnisses entscheiden. Klar ist aber jetzt schon: Die Zivilgesellschaft muss auch weiterhin für Menschenrechte und Umweltschutz in der gesamten Wertschöpfungskette streiten. Sie muss sich einsetzen für Nachbesserungen im Lieferkettengesetz, für eine wirkungsvolle Umsetzung des Gesetzes und für eine europaweite Regelung, die über das deutsche Gesetz hinausgeht und Gerechtigkeit für die Betroffenen schafft.

Quelle: https://lieferkettengesetz.de

Mehr: Analyse “Was das neue Lieferkettengesetz liefert – und was nicht”

Donnerstag, 3. Juni 2021

Verdeckte Aufnahmen zeigen: Amazon vernichtet weiterhin Neuware

Der Online-Versandhändler Amazon lässt in Deutschland immer noch Neuwaren vernichten – das geht aus einer Recherche der Umweltorganisation Greenpeace hervor, die das NDR-Magazin „Panorama“ und die „Zeit“ anhand eigener Quellen geprüft haben. Greenpeace hatte einen Rechercheur in das Amazon-Logistikzentrum in Winsen (Niedersachsen) eingeschleust, wo er heimlich Fotos und Filmaufnahmen anfertigte. Diese zeigen unter anderem sogenannte „Destroy-Stationen“, an denen die originalverpackte Ware ausgepackt, nach Wertstoffklassen sortiert und in Abfallsammelbehälter geworfen wird. Laut Greenpeace soll wöchentlich etwa eine LKW-Ladung Neuwaren am Standort Winsen in die Entsorgung geschickt werden. Informationen von „Panorama“ und „Zeit“ zufolge wird die Ware unter anderem verbrannt oder zu Putzlappen verarbeitet. Greenpeace kritisiert, dass dies geschehe, obwohl 2020 ein Gesetz gegen diese Praxis in Kraft getreten ist. Die sogenannte „Obhutspflicht“ soll Unternehmen strenger in die Verantwortung nehmen. Sie schreibt vor: „beim Vertrieb der Erzeugnisse, auch im Zusammenhang mit deren Rücknahme oder Rückgabe, dafür zu sorgen, dass die Gebrauchstauglichkeit der Erzeugnisse erhalten bleibt und diese nicht zu Abfall werden“. Doch bisher fehlt eine Rechtsverordnung, die Strafen androht, wenn die Obhutspflicht verletzt wird.

Wegen hoher Lagergebühren wird Neuware entsorgt  

Die vernichtete Ware stammt laut Informationen von „Panorama“ und „Zeit“ vor allem von Dritthändlern. Wenn diese ihre bei Amazon gelagerte Ware über einen bestimmten Zeitraum nicht verkaufen, bietet ihnen der Onlinehändler an, sie für sie zu entsorgen – sonst würden hohe Langzeitlagergebühren anfallen. Auch für die Entsorgung soll Amazon eine Gebühr verlangen. Inzwischen hat sich Amazon zu den Vorwürfen geäußert. Laut Tagesschau bestreitet der Online-Riese die Vernichtung von Neuwaren nicht. Ihm zufolge befände sich die Zahl der entsorgten Produkte aber im „Promillebereich“, wobei der Konzern jedoch keine konkreten Mengen nennt. Aber man arbeite daran, möglichst gar keine Produkte zu deponieren. „Nur wenn wir keine andere Möglichkeit mehr haben, geben wir Artikel zum Recycling oder zur Energierückgewinnung – oder als allerletzte Option – zur Deponierung.“  Dies ist nicht das erste Mal, dass Amazon in der Kritik steht, weil der Konzern Neuwaren zerstört. 2018 wurde beispielsweise durch die Wirtschaftswoche und das ZDF-Magazin Frontal21 bekannt, dass in deutschen Logistik-Lagern von Amazon massenhaft Artikel aller Art entsorgt werden. Der Konzern hatte dies wiederum nicht abgestritten, sondern nur erklärt, dass das Unternehmen jeden Tag an der Verbesserung von Prozessen arbeite, um „so wenig Produkte wie möglich entsorgen zu müssen“.  Mit dieser absurden Geschäftspraktik steht Amazon übrigens nicht allein da. 2018 wurde bekannt, dass auch H&M massenweise Klamotten vernichtet hat.

Quelle: Utopia, Foto: Greenpeace