Donnerstag, 29. Januar 2015

INKOTA-Videoclip: Agrarkonzerne klopfen nicht



Da kommt jemand ungefragt zu Ihnen nach Hause, verpestet Ihr Wohnzimmer, schreibt Ihnen vor, was in Ihrem Kräutergarten zu wachsen hat, was bei Ihnen auf den Tisch kommt und am Ende schmeißt er Sie sogar aus Ihrer Wohnung. Worum geht es? Schauen Sie sich das kurze INKOTA-Video an: So dreiste Gäste haben Sie noch nie gesehen!

Was schief läuft im Agrarsystem

Wie im Video agieren auch im realen Leben große Agrarkonzerne oft wie dreiste Gäste: Sie forcieren gerade in den Ländern des globalen Südens die Kommerzialisierung und Privatisierung von Saatgut, sie erschließen sich zu ihrem alleinigen Vorteil neue Pestizidmärkte, kaufen großflächig Land auf und sichern sich den exklusiven Zugang zu weiteren natürlichen Ressourcen wie Wasser und Biodiversität.  Dadurch verlieren Kleinbauern und –bäuerinnen, die den Großteil unserer weltweit zur Verfügung stehenden Nahrungsmittel erzeugen, zunehmend den Zugang zu ausreichend Wasser, vielfältigem Saatgut und im schlimmsten Fall werden sie sogar von ihrem Land vertrieben. Ihre Lebensgrundlagen werden ihnen geraubt und ihre Existenz ist bedroht. Die deutsche Bundesregierung unterstützt diese Konzerne mit Förderprogrammen wie der German Food Partnership und der Neuen Allianz für Ernährungssicherheit. Kleinbauern und –bäuerinnen hingegen werden seit Jahrzehnten von der Bundesregierung und vielen weiteren Regierungen vernachlässigt und diskriminiert. Zeit, das zu stoppen!

Was sich ändern muss

Schon seit einiger Zeit macht INKOTA gemeinsam mit vielen weiteren Nichtregierungsorganisationen Kampagne gegen eine Politik, die in erster Linie den Profitinteressen internationaler Agrarkonzerne dient. Wir fordern von der Bundesregierung:
  • Keine Entwicklungshilfe für Konzerne: Beenden Sie die Förderung von Agrarkonzernen wie Bayer, BASF, Monsanto und Co!
  • Mehr Transparenz: Legen Sie offen, wer wofür wie viele Entwicklungshilfegelder im Bereich Landwirtschaft und Ernährungssicherung erhält!
  • Kleinbäuerinnen stärken: Richten Sie die deutsche Entwicklungshilfe an den Forderungen der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern im globalen Süden nach Ernährungssouveränität, der Verwirklichung des Menschenrechts auf Nahrung und der Förderung einer umwelt- und klimagerechten Landwirtschaft aus!
  • Politische Kohärenz herstellen: Die strukturellen Rahmenbedingungen im Landwirtschafts- und Ernährungsbereich müssen so gestaltet sein, dass sie für kleinbäuerliche Erzeuger/innen funktionieren. Sie dürfen nicht durch politische Entscheidungen in anderen Bereichen, wie bspw. bei der (Nicht-)Regulierung des Welthandels oder den aktuellen Verhandlungen zu Handels- und Investitionsabkommen konterkariert werden. 
Was Sie tun können

Engagieren Sie sich für eine ökologische und sozial gerechte Landwirtschaft und Ernährung weltweit. In 2015 wird es wieder viele Möglichkeiten geben, mit INKOTA gemeinsam aktiv zu werden:
  • Verbreiten Sie das Video in sozialen Netzwerken. Je mehr Menschen über die Ungerechtigkeiten im weltweiten Landwirtschafts- und Ernährungssystem Bescheid wissen, desto besser.
  • Bleiben Sie auf dem Laufenden mit dem INKOTA-Newsletter und informieren Sie sich so, wann und wo Sie an Aktionen auf der Straße teilnehmen oder Online-Appelle unterschreiben können.
  • Stöbern Sie im INKOTA-Webshop und laden Sie Kampagnen- und Informationsmaterialien kostenlos herunter. (Quelle und Bilder: INKOTA)

Montag, 26. Januar 2015

Fairer Tourismus: Tiere und Pflanzen schützen am Urlaubsort



Die meisten Afrikareisenden lassen es sich nicht entgehen, in einem der vielen Nationalparks die "Big Five" zu erspähen: den Löwen, den Leoparden, das schwarze Nashorn, den Elefanten und den Büffel. Tauchbegeisterte hoffen, einen der imposanten Manta- oder Teufelsrochen, einen Hai oder gar einen Wal zu sichten. Asienreisende sind beeindruckt vom Elefanten – möchten möglicherweise gar darauf reiten. Doch die Tiere leiden unter verschiedenen menschlichen Aktivitäten. Wilderei dezimiert die Elefanten- und Nashornpopulationen, während Tiefseebohrungen, Sandabbau und Verschmutzung ganze Arten auszumerzen drohen.

Tourismus ist wie Feuer: Man kann seine Suppe damit kochen oder sein Haus anzünden  (asiatisches Sprichwort)

Der Tourismus spielt in Bezug auf die Artenvielfalt eine zwiespältige Rolle: Maßvoll und verantwortungsvoll ausgestaltet kann er Mittel zum Schutz der Tiere und neue Einkommen für die Lokalbevölkerung generieren. Im Übermaß oder zu rücksichtslos zerstört Tourismus die wildschönen Lebensräume und bedeutet Stress oder gar Qualen für die Tiere. Kaum ein Reisender sieht die brutalen Dressurakte, mit denen Elefanten gefügig gemacht werden, oder kann einschätzen, wann zu hohe Besucherfrequenzen es den Löwen unmöglich machen, lebenswichtigen Aktivitäten nachzugehen.
Quelle: akte/fair unterwegs

Freitag, 23. Januar 2015

«Nachhaltigkeit ist ein positives Tabu geworden» – ein Gespräch mit Philosoph Norbert Bolz


Norbert Bolz ist Philosoph und Medienwissenschafter an der Technischen Universität Berlin. Er gehört zu den streitbarsten Philosophen der Gegenwart.

Herr Bolz, Sie sind bekannt dafür, in gesellschaftlichen Diskursen gern einmal Contra zu geben. Was halten Sie vom zeitgeistigen Begriff der Nachhaltigkeit? Ein ökologischer Fundamentalismus?

Wenn Nachhaltigkeit als ökologischer Fundamentalismus benutzt würde, wäre das ja sinnvoll. Aber auch nur dann – etwa im ursprünglichen Sinn der Forstwirtschaft. Aber so, wie der Begriff heute verwendet wird, halte ich ihn für gewaltigen Unsinn. Er wird inflationär über alle möglichen gesellschaftlichen Zusammenhänge gestülpt und in den absurdesten Kombinationen benutzt, um zu signalisieren: «Ich bin ein guter Mensch.» Es gibt kaum mehr einen gesellschaftlichen Bereich, der nicht «nachhaltig» ist, der Begriff hat auch Eingang gefunden in die Unternehmensphilosophien, das ist absurd.

Wie erklären Sie sich diesen Siegeszug?

Er klingt – gemäß seinen forstwirtschaftlichen Ursprüngen – ungemein beruhigend: Es wächst was nach, alles ist balanciert. Aber die Balancemodelle der älteren ökologischen Bewegungen funktionieren nicht. Die Grünen brauchten nach dem Zusammenbruch des Kommunismus ein neues Thema – und das war mit der Natur schnell gefunden. Aber der Grundgedanke der Grünen von einer Balance zwischen Gesellschaft und Umwelt im Sinne von Natur ist unvereinbar mit der Theorie komplexer Systeme. Das weiß jeder Wissenschafter. Aber laut sagen würde das keiner.

Warum nicht?

Nachhaltigkeit ist zum positiven Tabu geworden: Bloß nicht infrage stellen, bloß nichts dagegen sagen. Es geht um Wählerstimmen, um Abhängigkeiten. Die Welt der Wissenschaft und diejenige der Politik driften zunehmend auseinander. Gefälligkeitswissenschafter schreiben Gutachten für Politiker. Sie untermalen das, was die Politik und die empörte Öffentlichkeit hören will, mit wissenschaftlichen Formeln. Nachhaltigkeit ist ein Entrée-Billett für alle möglichen Diskussionen. Deshalb dringen kritische Stimmen kaum in die öffentliche Wahrnehmung.

Wären die Leute damit überfordert?

Balancemodelle sind sehr einfach, die komplexe Realität ist es nicht. Nachhaltigkeit ist wie ein Zuckerguss oder eine Schaumkrone über komplexen Problemen. Aber das wollen die Leute nicht hören. Ihnen ist die Nachhaltigkeit als rhetorische Wirklichkeit, als Beruhigungsvokabel lieber. Man muss den Leuten nur sagen: Wir schlagen nur so viele Bäume ab, wie nachwachsen, oder produzieren nur Energie, die sich erneuert. Deshalb ist das große Symbol der Nachhaltigkeit das Windrad.

Wenn man nur so viele Bäume fällt, wie nachwachsen – was ist das, wenn nicht nachhaltig?

Prima! Aber unsere Vorstellung von der modernen Gesellschaft beruht doch auf Wachstum. Und in dieser Form kann sie nicht nachhaltig operieren.

Schon vor knapp 20 Jahren sollten Sie an der Universität Essen einen Vortrag über «Sustainability» halten – und hielten ihn über «Unsustainability». Gibt es keine Nachhaltigkeit?

Die wundervolle Balance-Idee widerspricht diametral der Logik moderner dynamischer Systeme: Die Systemtheorie der Gesellschaft schildert unsere Welt als Welt von komplexen Systemen – mit einer eigenen Dynamik. Wir taumeln gewissermaßen von Katastrophe zu Katastrophe, so wie sie der Mathematiker René Thom in seiner «Katastrophentheorie» beschrieben hat: Dabei geht es nicht um spektakuläre Katastrophen wie Kriege oder Naturkatastrophen, sondern um eine extreme Form von Unordnung. Wenn dynamische Systeme wie unsere moderne Gesellschaft von Unordnung zu Unordnung stürzen, dann ist das ganz normal.

Kann die Nachhaltigkeit das Chaos nicht ein Stück weit auffangen?

Nein, sie fängt sich selbst ab, ist gefangen in der Dynamik der modernen Gesellschaft. Nachhaltigkeit ist der Gegenschlag zu entropischen Modellen, sie erlöst uns von der Entropie. Das heißt: Sie suggeriert uns weniger Chaos, beruht aber auf einem Informationsmangel.

Sind wir den kommenden Generationen den Versuch nicht schuldig, nachhaltig zu leben?

Ich bin auf alle Fälle für ökologische Maßnahmen. Aber es ist eine Illusion, zu denken, dass Nachhaltigkeit die Welt auffangen kann wie einen Ball, den man in die Luft wirft. Dabei verspricht die Nachhaltigkeit scheinbar Lösungen für die Probleme der modernen Welt nach dem Motto: «Wir wissen, wie die Welt zu retten ist. Ihr müsst alle nur noch mehr Energie sparen.»

Den Begriff der Nachhaltigkeit gibt es schon seit langem. Warum hat er gerade jetzt so große Konjunktur?

In der westlichen Welt haben wir uns von Gott – und von den sozialistischen Utopien – als Religion verabschiedet. Ich glaube aber, dass die Leute an irgendetwas glauben müssen, also eine Ersatzreligion brauchen. Und die mächtigste ist da wohl die grüne Bewegung, das Umweltbewusstsein. Im Grunde gibt es nur noch eine Religion: Mutter Natur. Sie bietet das Gleichgewicht, das der sündhafte Mensch zerstört. Deshalb hat die Nachhaltigkeit eine quasireligiöse Funktion übernommen. Das Glaubenssystem konkretisiert sich in der Sorge um das Weltklima: Man glaubt an eine nahende Katastrophe, und die Heilserwartungen sieht man in einem «nachhaltigen» Lebensstil.
Quelle: NZZ/Jenni Roth

Dienstag, 20. Januar 2015

Wir haben es satt! - 50.000 protestierten in Berlin




Zum fünften Mal hatte das breite Bündnis aus Bio-, Verbraucher- und Umweltorganisationen zur „Wir haben es satt-Demo“ nach Berlin aufgerufen. Am 17. Januar 2015 zogen rund 50.000 Bürgerinnen und Bürger aller Altersgruppen und aus der ganzen Republik, vom Potsdamer Platz zum Regierungsviertel. Bunt, kreativ und vielfältig äußerte sich der Protest gegen Agrarindustrie, Tierfabriken, Bienensterben, industriell hergestellte Lebensmittel, unfaire Arbeitsbedingungen und Dumpingpreise sowie Ceta und TTIP.  Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft AbL zeigte sich bei der Auftaktveranstaltung am Potsdamer Platz beeindruckt, wie viele Menschen aus der ganzen Republik sich zur fünften Demo Wir haben es satt auf den Weg nach Berlin gemacht hatten. Allein 90 Traktoren waren zum Teil Hunderte von Kilometern in die Hauptstadt gefahren. Aufsehen erregte die Aktion des Bioland-Bauern Otto Schöneweis, der von der Upländer Bauernmolkerei aus Hessen fast 500 Kilometer zu Fuß, in Holzschuhen, und eine umgebaute Kälberbox auf Rädern hinter sich herziehend nach Berlin gelaufen war. Bunt gemischt vereinte die Demo wie in der vergangenen Jahren alle Generationen und verlief vollkommen friedlich.
Quelle: Biomarkt Online/Karin Heinze; eigene Bilder







Samstag, 17. Januar 2015

Pampers ist Mogelpackung des Jahres 2014




Auf die Windeln von Procter & Gamble entfielen 29,3 Prozent der Verbraucherstimmen. 4.116 nahmen an der durchgeführten Online-Abstimmung auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Hamburg teil. Fünfmal in den letzten acht Jahren wurde die Anzahl der Windeln pro Pampers-Packung reduziert, von ursprünglich 47 Stück, über 44, 40, 37, 34 auf aktuell 31 Stück. Der zweite Platz geht mit 23,5 Prozent der Stimmen an die Käsemarke "Leerdammer" der Bel Deutschland GmbH, bei der ebenfalls wiederholt die Füllmenge reduziert wurde. Es folgen die "Hafertaler" von Continental Bakeries als Luftpackung mit 18,3 Prozent auf Platz drei, und knapp dahinter mit 16,5 Prozent die Mehrfachpackung "Lion", ein Schokoladenriegel aus dem Hause Nestlé, bei dem besonders subtil die Füllmenge bei gleichem Preis reduziert wurde. Am wenigsten Stimmen erhielt mit 14,4 Prozent die "Mittelmeerküche Toscana" von Iglo, bei der zu viel Luft in der Packung war.

Versteckte Preiserhöhungen

Die Verbraucherzentrale Hamburg fordert Hersteller und Handel auf, Verbraucher nicht mit versteckten Preiserhöhungen hinters Licht zu führen. "Die Politik sollte einen gesetzlichen Rahmen schaffen, der solche Mogelpackungen nicht zulässt. Denn das Eichrecht ist wenig verbraucherfreundlich", so Valet. Die Verbraucherzentrale Hamburg fordert daher, dass Packungen grundsätzlich voll befüllt sein müssen und nur in Ausnahmefällen maximal 30 Prozent Luftanteil möglich sein sollte. Wer die Füllmenge verringert, sollte die Packungsmaße mindestens um denselben Prozentsatz reduzieren müssen, so dass die Reduzierung für Verbraucher optisch wahrnehmbar ist. Füllmengenangaben sollten verbindlich auf der Schauseite stehen. Zudem solle es eine offizielle Liste im Internet geben, in der Hersteller Füllmengenreduzierungen vor Einführung im Handel anzeigen müssen.
Quelle: Verbraucherzentrale Hamburg (Text und Bild)