Dienstag, 27. Dezember 2022

So läuft das "Greenwashing" der Tabakindustrie

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Greenwashing bezeichnet die Strategie von Unternehmen umstrittener Industriezweige, sich als verantwortungsvolle Akteure zu zeigen und sich ein umweltfreundliches Image zu verschaffen. Tabakunternehmen und ihre Verbände bilden keine Ausnahme. Mit Greenwashing bezwecken sie, sich durch positive Berichterstattung gesellschaftliche Akzeptanz zu sichern und die öffentliche Aufmerksamkeit von den Schäden abzulenken, die die Unternehmen mit ihrem Kerngeschäft Umwelt und Gesundheit zufügen. So unterstützen Tabakunternehmen öffentlichkeitswirksam Umweltprojekte wie beispielswiese Clean-Ups in Tabakkonsum-Ländern oder Aufforstungen in Tabakanbau-Ländern. Sie ernten dafür großes Lob und bauen vor Ort neue Kontakte zu Politiker*innen auf oder pflegen bestehende. In den jeweiligen Ländern geraten so politische Entscheidungsträger*innen in Konflikte, wenn es um Tabakkontrolle und Gesundheitsentscheidungen geht. Eine beliebte Art von Tabakunternehmen, sich in grünem Gewand zu präsentieren, ist die Förderung von Clean-Ups in Städten oder an Stränden, die Kooperation mit Clean-Up-Initiativen und das großzügige Bereitstellen von Taschenaschenbechern für umweltbewusste Raucher*innen. Mit grünen Kampagnen nehmen sich Dachverbände wie der BVTE des Littering-Problems an und zeigen sich in der Öffentlichkeit engagiert für den Umweltschutz, während sie die Verantwortung auf Konsument*innen verschieben. Tabakunternehmen wie BAT Bangladesch betreiben schon seit Jahren Aufforstungsprojekte oder Projekte für sauberes Trinkwasser in den Tabakanbaugebieten, in denen sie gleichzeitig Abholzung und Wasserverschmutzung verursacht haben, und bekommen dafür große Anerkennung von Politiker*innen. Diese neuen Einträge in der Strategien-Weltkarte in der Rubrik Greenwashing geben einen ersten Einblick in die verschiedenen Taktiken der Tabakindustrie, sich trotz umweltschädigendem Kerngeschäft ein grünes Mäntelchen anzuziehen.

Quelle: unfairtobacco.org

 


Montag, 12. Dezember 2022

EU-Lieferkettengesetz - es tut sich was ...

Anfang Dezember haben die Mitgliedstaaten im EU-Ministerrat für Wettbewerbsfähigkeit eine Position zum geplanten EU-Lieferkettengesetz beschlossen. Dies ist grundsätzlich positiv, da nun der Weg frei ist für die weiteren Verhandlungen über das Gesetz mit dem EU-Parlament und der Kommission. Doch weist die Position des Rats erhebliche Schutzlücken auf, die den Entwurf der EU-Kommission vom Februar 2022 verwässern. Auch die deutsche Bundesregierung hat auf Verwässerungen gedrungen, obwohl sie sich in ihrem Koalitionsvertrag dazu bekannt hat, sich für ein wirksames EU-Lieferkettengesetz einzusetzen.

In ihrer Position zum EU-Lieferkettengesetz klammern die Mitgliedsstaaten unter anderem die nachgelagerte Lieferkette, also etwa den Einsatz von Produkten aus. Zwar streicht der Rat die von der Kommission vorgesehene Einschränkung der Sorgfaltspflicht auf „etablierte Geschäftsbeziehungen“ und geht mit seinem Vorschlag bei der Reichweite der Sorgfaltspflichten immer noch weiter als das deutsche Lieferkettengesetz. Doch stellt die Beschränkung des Rats eine erhebliche Schutzlücke dar, welche etwa beim Export von gesundheitsschädlichen Pestiziden deutlich wird. Schlupflöcher gibt es etwa auch im Klimabereich oder bei der Einbeziehung des Finanzsektors. Wie auch bereits im Kommissionsentwurf nennt der Ratsbeschluss die Einkaufs-und Preispolitik von Unternehmen nicht als Präventionsmaßnahme in den Sorgfaltspflichten. Dabei haben Unternehmen damit einen großen Einfluss auf Zustände in ihren Lieferketten. Auch fehlt die Nennung von existenzsichernden Einkommen als Menschenrecht in Ergänzung zu einem existenzsichernden Lohn. Dies ist eine Schutzlücke mit Blick auf alle Menschen, die ihr Einkommen nicht in einer abhängigen Lohnbeschäftigung erzielen.

Licht und Schatten

Es ist zunächst erfreulich, dass der Rat wie von der Kommission vorgeschlagen daran festhält, dass Unternehmen für Schäden vor Zivilgerichten in der EU auf Schadensersatz verklagt werden können. Dieser Punkt schließt eine Lücke im deutschen Lieferkettengesetz. Laut einer Protokollnotiz setzt sich die deutsche Bundesregierung allerdings hier für eine Abschwächung ein. Demnach möchte sie am Ende der Verhandlungen einem EU-Lieferkettengesetz nur zustimmen, wenn es Ausnahmen von der Haftung für Unternehmen gibt, die bestimmte Zertifizierungen verwenden oder sich an bestimmten Brancheninitiativen beteiligen.Dies stellt eine grobe Schutzlücke dar. Zwar können ambitionierte und vertrauenswürdige Standard- und Zertifizierungssysteme einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung von unternehmerischen Sorgfaltspflichten leisten und sollten als ein Element bei ihrer Umsetzung aufgenommen werden, sie können Unternehmen jedoch nicht grundsätzlich oder pauschal von ihrer Verantwortung zur Umsetzung von vollumfänglichen Sorgfaltspflichten befreien oder diese stellvertretend für sie erfüllen. Weder Brancheninitiativen noch Zertifizierungen sind ein ausreichender Hinweis dafür, ob Unternehmen ihren Sorgfaltspflichten angemessen nachgekommen sind und sollten nicht per se von einer zivilrechtlichen Haftung befreien. Dies hatten standardsetzenden und zertifizierende Organisationen bereits im Sommer diesen Jahres in einem gemeinsamen Statement betont.Hoffnung bleibt nun auf der Positionierung des EU-Parlaments. Der erste Bericht der Berichterstatterin im Rechtsausschuss, Lara Wolters, schließt viele Lücken des Kommissionsvorschlags und hat etwa existenzsichernde Einkommen als Menschenrecht sowie die Einkaufspolitik von Unternehmen als Präventionsmaßnahme integriert. Doch dieser Bericht wird derzeit noch im Rechtsausschuss diskutiert und ist auch nur ein Teil der Position des EU-Parlaments. Diese wird erst im Frühjahr nächsten Jahres erwartet.

Quellen: Text: Forum Fairer Handel, Grafik: lieferkettengesetz.de