Sonntag, 21. Juli 2019

Fairer Handel: Nische mit beständigem Wachstum


Nach Bio liegt nun auch Fair im Trend. Das zeigen die Umsatzzahlen, die das Forum Fairer Handel (FFH) vor wenigen Tagen veröffentlicht hat. Bundesweit gaben die Deutschen 2018 demnach rund 1,7 Milliarden Euro für fair gehandelte Produkte aus - 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Und sechsmal so viel wie vor zehn Jahren. Im Durchschnitt kauften die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland pro Kopf für 20,50 Euro faire Lebensmittel und Handwerksprodukte. Davon profitieren mehr als 2,5 Millionen Kleinbauern und Arbeiter samt ihrer Familien in Afrika, Asien oder Lateinamerika. Denn im Fairen Handel werden bei der Herstellung soziale Standards eingehalten, Kinderarbeit und Ausbeutung sind verboten. Kaffeebauern beispielsweise erhalten einen garantierten Mindestpreis auf ihre Ernte, Pflücker auf Bananenplantagen einen höheren Lohn – und beide eine Fair-Trade-Prämie. Weil sich faire Produkte hierzulande immer besser verkaufen, setzen auch etliche konventionelle Unternehmen auf sie. Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka etwa hat rund 70 Fairtrade-Produkte im Regal, und die Discounter Lidl und Aldi entwickelten faire Eigenmarken, unter denen sie unter anderem Schokolade oder Orangensaft verkaufen. „Das enorme Wachstum von Fair Trade in den letzten Jahren ist bemerkenswert“, sagt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland. Dennoch bleibt der Faire Handel eine Nische: am Gesamtumsatz des Lebensmitteleinzelhandels liegt sein Anteil bei unter einem Prozent.

Faire Entlohnung angestrebt

Jeder Produzent und Arbeiter entlang der globalen Lieferkette muss fair entlohnt werden, fordert auch Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU). „Noch immer werden hunderte Millionen Menschen in Entwicklungsländern für unsere Produkte ausgebeutet“, so Müller. „Auch die Unternehmen tragen dafür Verantwortung, dass ökologische und soziale Mindeststandards eingehalten werden“. Sorgen sie nicht freiwillig dafür, will die Bundesregierung die Firmen ab 2020 per Gesetz zum fairen Handel verpflichten. „Menschenwürdige Arbeit weltweit durchsetzen – das ist die soziale Frage des 21. Jahrhunderts!“, sagt Müller.  Der Faire Handel müsste nun auf Produzenten des globalen Nordens ausgeweitet werden, sagt Manuel Blendin, Geschäftsführer des Forums Fairer Handel: „Auch unserer Landwirte haben mit niedrigen Erzeugerpreisen zu kämpfen und sind auf faire Handelsbedingungen sowie entsprechende Preise angewiesen".“ Das findet auch Frank Braßel von Oxfam Deutschland: „Unsere Supermärkte können durch ihre Marktmacht einen unerbittlichen Preisdruck auf Produzenten und Lieferanten ausüben“, so der Kampagnenleiter. „Sie nehmen damit die wirtschaftliche Ausbeutung von Menschen und Umwelt weltweit in Kauf.“ Die Macht der Supermärkte ist enorm: Die vier größten Ketten – die Edeka-, Schwarz-, Rewe und Aldi-Gruppe - teilen sich 85 Prozent des inländischen Markts.
Quelle: M. Hahn, Grafiken FFH

Mittwoch, 10. Juli 2019

Studie: Edle Tees für Hungerlöhne


Für die Studie hat der Herausgeber, die Rosa-Luxemburg-Stiftung, vier Plantagen im Distrikt Darjeeling untersuchen lassen, die deutsche Teehändler beliefern, darunter  die Ostfriesische Tee Gesellschaft , Teekampagne und TeeGschwendner . Das Ergebnis: Die Löhne in Darjeeling sind um die Hälfte niedriger als in Teeplantagen in Südindien und um ein Drittel geringer als im Bergbau. Mitverantwortlich, so die Studie, sei der Preisdruck deutscher Teehändler. Die Produktionskosten könnten so nicht gedeckt werden. Besonders problematisch wirkten sich diese niedrigen Preise auf die Teepflückerinnen und ihre Familien aus. Aktuell erhalten Pflückerinnen umgerechnet einen Lohn von 2,25 Euro pro Tag, wenn sie die täglichen Erntevorgaben der Akkordarbeit erfüllen. Berechnungen einer indischen Regierungskommission zufolge, müssten die Löhne fast verdoppelt werden, um als existenzsichernd zu gelten. Die Studie berichtet zudem u.a. von kolonialistischen Arbeitsstrukturen, nicht ausgezahlten Löhnen, Mangelernährung der Pflückerinnen und Pflücker, unzureichender Versorgung mit Trinkwasser, schlechten hygienischen Bedingungen sowie schlechter Unterbringung. Die prekären Zustände betreffen auch Plantagen mit Fairtrade und/oder Rainforest Alliance-Zertifizierung und Partner von Oikocredit.  
Quelle: Frank Herrmann/FFH