Donnerstag, 26. Juli 2018

Fairer Handel weiter im Aufwind – ungerechter Welthandel auch


Mit fast 1,5 Milliarden Euro Umsatz und einem Plus von 13 % setzt der Faire Handel in Deutschland seinen Wachstumskurs fort. Eine aktuelle Verbraucherbefragung zum Fairen Handel bestätigt: Immer mehr Menschen kaufen fair ein. Das Forum Fairer Handel begrüßt die wachsende Bedeutung bewussten Konsums in Deutschland. Andrea Fütterer, Vorstandsvorsitzende des Forum Fairer Handel, appelliert: "Es gilt weiterhin, noch stärker gegen die Ursachen des ungerechten Welthandels zu wirken. So benötigen Kaffeebäuer*innen angesichts von sinkenden realen Einkommen und den Folgen des Klimawandels mehr Unterstützung – durch fairen Konsum, aber auch durch gesetzliche Regelungen." Diese Forderung unterstrich das Forum Fairer Handel heute auf seiner Jahrespressekonferenz.  Insgesamt gaben die Verbraucher*innen in Deutschland 2017 1,473 Milliarden Euro für Produkte aus Fairem Handel aus. Das entspricht einem Wachstum von 13 % gegenüber dem Vorjahr. Mit 80 % machten Lebensmittel den größten Anteil daran aus. Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich der Umsatz im Fairen Handel verfünffacht. Gut 18 Euro pro Kopf gaben deutsche Verbraucher*innen in 2017 durchschnittlich für fair gehandelte Nahrungsmittel, Textilien und Handwerksprodukte aus. Mit 1,18 Milliarden Euro trug das Fairtrade-Produktsiegel den größten Anteil zum Gesamtumsatz bei. Die anerkannten Fair-Handels-Importeure vertrieben im vergangenen Jahr fair gehandelte Waren im Wert von 193 Millionen Euro. In den Weltläden und Weltgruppen wurden faire Waren im Wert von 77 Millionen Euro verkauft. Fair gehandelte Produkte aus Europa, wie Naturland Fair zertifizierte Milch und Brot, erreichten einen Umsatz von 101 Millionen Euro. 

Kaffee im Fokus

Spitzenreiter unter den Produkten im Fairen Handel ist weiterhin Kaffee mit einem Anteil von 34,3 % am Gesamtumsatz des Fairen Handels. Gemessen am Gesamtabsatz von Röstkaffee in Deutschland liegt der Marktanteil von fair gehandeltem Kaffee jedoch nur bei 4,8 %. Kaffeeproduzent*innen, zumeist Kleinbäuer*innen, sind besonders stark von den Folgen des Klimawandels betroffen. Unberechenbare Niederschläge erschweren die Anbaubedingungen und bringen Ertragsverluste. Trotz sinkender realer Einkommen müssen sie dringende Investitionen in die Zukunft schultern, um für sich und ihre Familien eine Perspektive im Kaffeeanbau zu behalten. Im Fairen Handel erhalten die Produzent*innen Unterstützung im Kampf gegen den Klimawandel und profitieren von zuverlässigen und fairen Handelspartnerschaften.  "Für die meisten von uns gehört die Tasse Kaffee am Morgen zum Alltag. Wenn das so bleiben soll, muss dringend in einen nachhaltigen Anbau investiert werden und mehr Geld bei den Erzeuger*innen ankommen", konstatiert Andrea Fütterer. "Kaffeeliebhaber*innen sollten sich bewusst machen, dass dies auch eine Frage der Gerechtigkeit ist. Sie können dazu beitragen, indem sie im Regal nach fairem und ökologisch erzeugtem Kaffee greifen", so der Appell von Andrea Fütterer an die Konsument*innen. Eine Möglichkeit zur Förderung fairen Kaffeekonsums sind steuerliche Anreize, wie sie Bundesentwicklungsminister Gerd Müller im April 2018 forderte. Das Forum Fairer Handel begrüßt den Vorstoß des Ministers. "Wir fordern jedoch, dass nur diejenigen Unternehmen steuerlich entlastet werden, die sich zur Einhaltung hoher sozialer Standards, beispielsweise der Zahlung definierter fairer Preise, Vorfinanzierung und einer externen Überprüfung verpflichten", fasst Andrea Fütterer die Erwartungen des Forum Fairer Handel zusammen. Die Regelung sollte zudem so gestaltet werden, dass vor allem die Kleinbäuer*innen und deren Familien durch höhere Einnahmen davon profitieren. Doch damit möglichst viele Kaffeebäuer*innen bessere Bedingungen erhalten, braucht es übergreifende gesetzliche Regelungen.

Menschen- und Arbeitsrechte weltweit verbindlich schützen

"Die Bundesregierung muss ihrer völkerrechtlichen Verpflichtung nachkommen und dafür sorgen, dass deutsche Unternehmen Menschenrechte entlang ihrer Lieferketten durchsetzen. Dafür ist eine gründliche und nachvollziehbare Überprüfung des Nationalen Aktionsplans 'Wirtschaft und Menschenrechte' zwingend notwendig", erklärt Andrea Fütterer. Der im Dezember 2016 verabschiedete Aktionsplan sieht unter anderem vor, dass bis 2020 mindestens 50 Prozent aller in Deutschland ansässigen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten menschenrechtliche Sorgfaltspflichten in ihre Unternehmensprozesse integriert haben. Ist dies nicht der Fall, wird die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag national gesetzlich tätig werden. "Um sicherzustellen, dass alle deutschen Unternehmen ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht wirksam nachkommen, sollte die Bundesregierung anstelle des Nationalen Aktionsplans eine gesetzliche Regelung erlassen. Deutschland hinkt hier anderen Ländern wie etwa Frankreich hinterher", beklagt Fütterer. Eine breite Unterstützung der Öffentlichkeit in Deutschland wäre der Bundesregierung sicher: Laut repräsentativer Umfrage zum Fairen Handel stimmen 85 % der Befragten der Forderung nach einer gesetzlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht für Unternehmen zu. Ingesamt genießen die politischen Forderungen des Forum Fairer Handel laut aktueller Verbraucherbefragung in der Bevölkerung ein ausgesprochen hohes Maß an Zustimmung. Am wichtigsten ist den Menschen die Forderung nach mehr Klimagerechtigkeit. Der Aussage "Die Hauptverursacher des Klimawandels müssen für mehr Klimagerechtigkeit die sogenannten Enwicklungsländer bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels unterstützen", stimmten insgesamt 87 % der Befragten zu. Etwa genauso viele (86 %) begrüßen eine Begrenzung der Machtmacht der großen Einzelhandelsunternehmen. Es folgen die Forderung nach einer gesetzlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht (Zustimmung von 85 %), einer fairen öffentlichen Beschaffung (84 %) sowie einer steuerlichen Begünstigung fairer Produkte (81 %).
Quelle: Forum Fairer Handel

Montag, 16. Juli 2018

Altersvorsorgeprodukte ökologisch und sozial stark belastet


Die Investitionen der gängigen fondsgebundenen Riesterprodukte in kontroverse Unternehmen sind nach wie vor hoch, nehmen sogar zu. Wirklich unbelastete, nachhaltige Riesterprodukte sind eher die Ausnahme, so das Fazit des Projektes FaireRente von Facing Finance, welches 38 fondsgebundene Riesterprodukte (inkl. 809 in Deutschland zugelassene Fonds) von 27 Anbietern in Bezug auf die Beachtung sozialer und ökologischer Kriterien erneut überprüft hat.  Geprüft wurden Beteiligungen (Aktien und Anleihen) an 315 Unternehmen, die im Konflikt mit sozialen und ökologischen Kriterien stehen (Methodik). „Besonders die Investitionen in Unternehmen die extrem zur Klimaerwärmung beitragen oder in Kriegsgebiete Waffen liefern, profitieren von Geschäftsmodellen, die die derzeitigen Hauptfluchtursachen zu verantworten haben“, kritisiert Thomas Küchenmeister,  geschäftsführender Vorstand von Facing Finance. Zu diesen Unternehmen gehören Ölfirmen wie Shell, BP oder Chevron, die hauptverantwortlich sind für CO2 Emissionen, aber auch diverse Waffenhersteller wie z.B. Airbus/MBDA, BAE oder Rheinmetall, die an aktuell kriegführende Länder Waffen liefern oder Atomwaffen herstellen. Laut Kriterien von Facing Finance erwiesen sich Fonds, die z.B. vom Anbieter MyLife als Bestandteil seines Riester-Produktes angeboten werden, als erheblich belastet (zwischen 48% und 37%). Doch auch ein Deka-Fonds der Sparkassen (DekaLux-GlobalResources CF) weist hohe Belastungen auf, ebenso Produkte (TopRente Balance / Dynamik) der DWS (Deutsche Bank). Als zum Zeitpunkt der Untersuchung und laut Facing Finance Kriterien wenig belastet erwiesen sich u.a. die Fonds ERSTE WWF STOCK ENVIRONMENT T, Pictet - Global Environmental Opportunities-P EUR oder Generali IS SRI European Equity D Cap EUR.  

Auch „saubere“ Fonds belastet

Doch auch bei laut Anbieter als nachhaltig bezeichneten Fonds lassen sich kontroverse Unternehmen im Portfolio finden. Auffällig sind insbesondere 2 Fonds (F&C Responsible Global Equity Fund & Lyxor ETF New Energy), die bislang keine Belastungen aufwiesen, jetzt allerdings zu ca. 10 bzw. ca. 20% in kontroverse Unternehmen (wie z.B. Apple, AIRBUS, Bayer oder Shell) investiert sind.  „Fehlende gesetzliche Vorgaben und eine vom Gesetzgeber reduzierte Informationspflicht seitens der Anbieter führt dazu, dass VerbraucherInnen jetzt erst nach Vertragsabschluss erfahren, ob ihr Anbieter soziale und ökologische Kriterien beachtet“, beklagt Julia Dubslaff, Leiterin des Projektes FaireRente von Facing Finance. Die Organisation kritisiert zudem, dass auch der aktuelle Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD die Kopplung staatlicher Förderung von Altersvorsorgeprodukten an soziale und ökologische Mindeststandards ignoriert. „Deutschland verpflichtet sich völkerrechtlich Streubomben und Kinderarbeit zu verbieten, das Klima zu retten oder Waffenexporte in Kriegsgebiete zu untersagen, erlaubt aber nach wie vor steuerbegünstigte Investitionen in Unternehmen, die genau davon profitieren, was ein Skandal ist“, sagt Thomas Küchenmeister. Ebenso kritisch wird die Rolle von Verbraucherorganisationen wie der Stiftung Warentest und wissenschaftlichen Instituten (Institut für Vorsorge und Finanzplanung / IVFP) bewertet, die ökologischen und sozialen Standards bei der staatlich geförderten Altersvorsorge viel zu wenig oder gar keine Beachtung beimessen und damit zur Intransparenz beitragen.
Mehr Informationen unter: www.faire-rente.de & www.facing-finance.org
Quelle: Fair Finance/PM

Sonntag, 8. Juli 2018

Immer mehr Menschen kaufen fair!


Im Rahmen der Verbraucherbefragung 2018 zum Fairen Handel in Deutschland gaben mehr als zwei Drittel der Befragten an, fair gehandelte Produkte zu kaufen. Der Anteil der Käuferinnen und Käufer ist zwischen 2009 (44 %) und 2018 (69 %) somit um gut die Hälfte gestiegen. Der Anteil der regelmäßigen Käufer (min. einmal im Monat) ist zwischen 2009 (9 %) und 2018 (23 %) besonders stark angewachsen. Die meisten Käufer fairer Produkte sind in der Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen (79 %) zu finden. Dabei kaufen Frauen (74 %) häufiger als Männer (63 %) fair ein. Generell steigt der Anteil der Käufer von Fair Trade-Produkten mit wachsendem Einkommen. Während er bei den Käufer in der niedrigsten Einkommensgruppe (unter 1.000 Euro Haushaltsnettoeinkommen) mit 57 % am niedrigsten ausfällt ist er in der höchsten Einkommensgruppe (über 2.500 Euro) mit einem Anteil von 76 % am höchsten.

Hauptkaufgrund: Kinderarbeit verringern

Während er bei den Käuferinnen  und Käufern in der niedrigsten Ein-kommensgruppe (unter 1.000 Euro Haushaltsnettoein- kommen) mit 57 % am niedrigsten ausfällt ist er in der höchsten Einkommensgruppe (über 2.500 Euro) mit einem Anteil von 76 % am höchsten. Unter den häufigen Käufern sind die Menschen in Nordrhein-Westfalen Spitzen- reiter. Am häufigsten kaufen Verbraucher in Deutschland fair gehandelte Produkte im Supermarkt (73 %) und im Discounter (64 %). Bei den Kaufgründen wird der Verzicht auf Kinderarbeit, wie in den vergangenen Jahren, mit 72 % am häufigsten genannt. Jedoch hat die umweltschonende Produktion bzw. Bioqualität der Produkte aus Fairem Handel mit einem Anteil von 44 % in 2018 für die deutschen Konsumenten an Bedeutung gewonnen.

Mehr Klimagerechtigkeit als politische Forderung

Die politischen Forderungen des Forum Fairer Handel genießen unter den Befragten ein sehr hohes Maß an Zustimmung. Am wichtigsten ist den Menschen die Forderung nach mehr Klimagerechtigkeit: Der Aussage "Die Haupt-verursacher des Klima-  wandels müssen für mehr Klimagerechtigkeit die sogenannten Entwicklungs-länder bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels unterstützen" stimmten insgesamt 87 % der Befragten zu. Etwa genauso viele Befragte (86 %) begrüßten eine Begrenzung der Machtmacht der großen Einzelhandels-unternehmen. Es folgen die Forderung nach einer gesetzlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht (Zustimmung von 85 %), einer fairen öffentlichen Beschaffung (84 %) sowie einer steuerlichen Begünstigung fairer Produkte (81 %).
Quelle: Forum Fairer Handel