Dienstag, 30. April 2013

Neue Studie - Wie deutsche Discounter Textilien in Bangladesch fertigen lassen



Die „Discounter“ sind mal wieder im Blickpunkt. Diesmal weniger wegen Bespitzelungsaffären (aktuell: Penny) oder Arbeitsbedingungen in Deutschland. In der neuen Studie „Im Visier: Discounter“ der „Clean Clothes Campaign (CCC, auf deutsch: „Kampagne für saubere Kleidung“) geht es vielmehr um die Arbeitsbedingungen bei Zulieferern von Aldi, Lidl und KiK in Bangladesch.

Viel Protest, träge Reaktionen


Trotz des unermüdlichen Engagements der CCC für bessere Arbeitsbedingungen in den Produzentenländern, hat sich besonders bei den Discountern recht wenig getan. Immerhin kommt es seit 2008 mit Lidl zu jährlichen Gesprächen, Kontakt besteht auch zu KiK. Aldi hingegen drohte der Christlichen Initiative Romero, einer Trägerorganisation der Kampagne für saubere Kleidung, mit Klage statt Dialog. Erst unter dem Druck der Öffentlichkeit haben die Discounter einige zarte Maßnahmen ergriffen:

Aus dem Editorial der Studie „Im Visier: Discounter“


… Lidl lässt seit 2008 in Bangladesch und China Trainings für Produzenten über Sozialstandards durchführen. Mehr als 150 Produzenten, die meisten in China, wurden seither fortgebildet. KiK legte im November 2011 erstmalig einen Nachhaltigkeitsbericht über das Jahr 2010 vor, ein erster wichtiger Schritt  hin zu mehr Transparenz. Der Textildiscounter führte zudem auch Schulungen mit ProduzentInnen durch. Aldi allerdings scheint keinerlei Qualifizierungsmaßnahmen durchzuführen und hüllt sich in Schweigen gegenüber der CCC. Die einzige Maßnahme, die Aldi bisher ergriff, war der Beitritt zum Unternehmensverband Business Social Compliance Initiative (kurz: BSCI), der die Einhaltung von grundlegenden Sozialstandards bei seinen Zulieferern anstrebt. Auch Lidl ist der BSCI beigetreten. Doch die Mitgliedschaft in der BSCI dient den Unternehmen vornehmlich dazu, sich ein „Sozialmäntelchen“ umzuhängen. …

Umfangreiche Untersuchung


In der Recherche, die Ende 2011 in Zulieferbetrieben von Aldi, Lidl und KiK durchgeführt wurde, hat man die Frage untersucht, was sich für die betroffenen NäherInnen in den letzten fünf Jahren verändert hat. Dazu befragte das Forscherteam insgesamt 162 ArbeiterInnen aus 10 Bekleidungsfabriken. Das Ergebnis ist wenig erfreulich, denn die Arbeitsbedingungen der NäherInnen haben sich kaum verbessert. Ihnen werden weiterhin elementare Rechte vorenthalten. Im Editorial der Studie heiß es hierzu:

… Die NäherInnen arbeiten immer noch ohne schriftliche Arbeitsverträge für Löhne, die bei Weitem nicht für ein Leben in Würde reichen. Überstunden werden gar nicht oder nicht korrekt bezahlt. Das Recht, sich zu organisieren, wird den ArbeiterInnen auch weiterhin verwehrt. Frauen werden immer noch diskriminiert, von den VorarbeiterInnen schlecht behandelt und sind sexuellen Übergriffen meist schutzlos ausgeliefert. Die freiwilligen Selbstverpflichtungen der Unternehmen bezüglich Sozialstandards und Arbeitsrechten haben bisher zu keinen grundlegenden Verbesserungen der Arbeitsbedingungen geführt, wie die erschütternden Ergebnisse der vorliegenden Studie aus Bangladesch deutlich zeigen. …

Und als wäre dies alles noch nicht genug, kamen vergangene Woche beim Einsturz eines Hochhauses in Bangladesch mehrere Hundert Menschen ums Leben (es werden weiterhin Hunderte Menschen vermisst), viele von ihnen ArbeiterInnen von Textilfabriken. Obwohl das Gebäude am Vortag des Einsturz Risse zeigte und die Polizei daraufhin den Zutritt zum Gebäude verwehrt hatte, wurden die ArbeiterInnen von ihren, inzwischen verhafteten Chefs, dort zum Arbeiten gezwungen. Wieviele unschuldige Menschen müssen noch sterben, bevor Unternehmen und Politik sich auf verbindliche Arbeits- und Sicherheitsstandards einigen, die nicht auf Selbstverpflichtungen basieren und die regelmäßig kontrolliert werden?

Samstag, 27. April 2013

Umweltfreundliche Kaffeekapsel – wie ein Schweizer Uhrmacher einen Schweizer Weltkonzern ärgert


Kaffee ist auch 2013 mit rund 150 Liter pro Person unangefochten der Deutschen liebstes Getränk. Die größten Zuwachsraten haben auf dem hart umkämpften Kaffeemarkt neben Einzelportionen-Mixes (Kaffee, Milchpulver und Zucker) vor allem Kaffeekapseln, bekannt unter anderem durch die Nespresso-Werbung mit George Clooney. 2012 konnten nach Angaben des Deutschen Kaffeeverbands rund 10.000 Tonnen Kaffeekapseln abgesetzt werden, ein Plus von 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und etwas mehr als die gesamte Menge an Fairtrade-Kaffees, von denen 2012 etwa 9322 Tonnen verkauft wurden.

Energieverschwendung pur


Doch die kleinen bunten Kapseln, die dem Marktführer Nespresso 2010 einen Umsatz von rund 2,4 Mrd. Euro bescherten, belasten die Umwelt enorm. Und das nicht nur durch den Kaffeeanbau, der für sich genommen, bereits umweltschädlich ist durch den Einsatz von Pestiziden und Kunstdünger sowie Klimagasen, die beim Transport entstehen. Denn die Kapseln bestehen aus Aluminium, dessen Herstellung extrem energieaufwendig ist. Bei einem Stückgewicht von etwa einem Gramm summieren sich die etwa sieben Milliarden Kapseln (2010) zu einem großen, energiefressenden Aluminiumberg. Die Recyclingquote beträgt in der Schweiz rund 60 Prozent. In Deutschland ist der Prozentsatz gesammelter Kapseln nur schwer separat zu bestimmen, da diese über das Duale System recycelt werden.

Viele Maßnahmen – geringe Wirkung

 


Selbst wenn der Kapsel-Markführer Nespresso, der zum Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé gehört, Anstrengungen unternimmt, die Energiebilanz seiner Kapseln zu verbessern, bleibt die Ökobilanz fatal. Daran ändern auch nachhaltig produzierter Kaffee, energieeffizientere Kaffeemaschinen, die Verwendung von Kapseln aus rund 15 Prozent weniger Aluminium und die Steigerung der Recyclingquote auf 75 Prozent nur wenig. Fakt ist: Ohne Nespresso und Co. gäbe es keine Kapseln und somit auch kein Kapselumweltproblem.

Umwelt schützen und Geld sparen


Ausgerechnet aus der Schweiz, kommt nun die Lösung für den Kapselmüll. Sie wird Nespresso nicht sonderlich gefallen, tut der Umwelt aber immens gut. Der Schweizer Uhrmacher Erwin Meier hat die erste umweltfreundliche wiederauffüllbare Kaffeekapsel aus Edelstahl für Nespressomaschinen erfunden. Neben der Umwelt wird aber vor allem auch der Geldbeutel geschont. Die Ersparnis ist immens: Wer durchschnittlich zwei Kapseln pro Tag nutzt, gibt dafür jährlich zwischen 220 (Nespresso-Imitat) und 260 (Nespresso Original) Euro aus. Dabei verbraucht man lediglich rund 3,6 Kilo Kaffee. Nutzt man die wiederauffüllbare Kaffeekapsel, die im Internet für 33 Euro erhältlich ist, und die gleiche Menge Kaffee, zahlt man insgesamt nur rund 90 Euro. Da fällt die Entscheidung eigentlich nicht schwer. Dem würde wohl sogar Gorge Clooney zustimmen.

Mehr zur wiederauffüllbaren Kaffeekapsel unter: http://www.mycoffeestar.com/

Donnerstag, 25. April 2013

Neuer Nachhaltigkeits-Report „Globale Geschäfte – Globale Verantwortung“




Hinter diesem Titel verbirgt sich ein Buch der auf Nachhaltigkeit spezialisierten Ratingagentur oekom research. Darin wird untersucht, wie die weltweit größten Unternehmen beispielsweise den Klimawandel und die Armut bekämpfen oder was sie konkret zum Schutz der Artenvielfalt beitragen. Die Bilanz ist ernüchternd. Nur eins von sechs von oekom research bewerteten Unternehmen engagiert sich ausreichend für eine nachhaltige Entwicklung. Ein „sehr gut“ wurde nicht vergeben Mehr als die Hälfte der Unternehmen ist bisher kaum oder gar nicht aktiv.“

EU vor USA und Japan


Neben einem Branchenvergleich (niedrigste Punktzahlen für Banken und Versicherungen, höchste für Papier- und Forstbranche) enthält der Report auch einen Ländervergleich, der große Unterschiede offenbart. Den oekom Prime-Status, den Unternehmen erhalten, die in ihrer Branche in Sachen Nachhaltigkeit führend sind, bekamen mehr als 40% der finnischen, italienischen, deutschen und niederländischen Unternehmen, aber nur 9,5% der amerikanischen und gar nur 7,3% der japanischen Unternehmen.

Gute Einzelbeispiele


An vielen Beispielen zeigt der Report, was Unternehmen heutzutage im Bereich Nachhaltigkeit leisten. Die Bandbreite reicht von der Entwicklung alternativer Antriebe im Automobilbau über Maßnahmen der Tourismusunternehmen zum Artenschutz bis hin zum Engagement der Banken und Versicherungen im Bereich von Mikrokrediten und -versicherungen. Doch trotz guter Einzelbeispiele bleibt der Großteil der Unternehmen hinter dem aus Nachhaltigkeitssicht Notwendigen zurück. So fasst Verfasser Matthias Bönning die Ergebnisse seiner Analyse zusammen. Häufig wird nicht einmal die Hälfte der möglichen Punktzahl erreicht. "Dies ist vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen eindeutig zu wenig“, so der Autor.

Investoren fordern mehr Nachhaltigkeit


Auch wenn sich viele Großunternehmen nur langsam fortbewegen, wenn es um Nachhaltigkeit geht: Das Thema rückt vor allem für institutionelle Investoren immer mehr in den Vordergrund. Sie wollen die Risiken bei der Geldanlage verringern, indem sie soziale, umwelt- und governancebezogenen Kriterien bei der Vermögensanlage mit einbeziehen.  Das schlägt sich inzwischen auch in Zahlen nieder: Nach einer aktuellen Erhebung der Global Sustainable Investment Alliance (GSIA) werden weltweit inzwischen mehr als 10,1 Billionen Euro unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien angelegt. Dies entspricht einem Marktanteil von 21,8 Prozent am insgesamt verwalteten Vermögen.

Dienstag, 23. April 2013

Protestaktion gegen Abholzung für Palmöl in Indonesien



Nachfolgend der Aufruf von „Rettet den Regenwald e.V.“, gerichtet an die Bundesregierung, die EU und die Wirtschaft:


"So genannte Nachhaltigkeitssiegel wie der „Runde Tisch für nachhaltiges Palmöl" (Roundtable on Sustainable Palm Oil – RSPO) können die Regenwaldrodung und Vernichtung der Artenvielfalt nicht stoppen. Jüngstes Beispiel dafür ist die indonesische Palmöl-Firma Bumitama Gunajaya Agro (BGA), die den Regenwald auf Borneo großflächig rodet. Mit dem Ökosystem werden auch bedrohte Tiere wie Orang-Utans vernichtet. Vier halb verhungerte Orang-Utans wurden im März 2013 auf einer Rodung für neue Ölpalm-Plantagen von Umweltschützern von International Animal Rescue Indonesia gerettet – das zeigen die erschütternden Fotos und Videoaufnahmen der Organisation.

BGA ist Mitglied beim Siegel für nachhaltiges Palmöl RSPO. Zu den Kunden des Palmöls von BGA gehören die Unternehmen IOI, Wilmar und Sinar Mas, die Palmöl an europäische Lebensmittel- und Konsumgüterhersteller sowie Biodieselfirmen verkaufen. Die EU hat RSPO als Zertifzierungssystem für nachhaltig produzierten Biosprit anerkannt. Das RSPO-Palmöl kann damit dem Dieselkraftstoff beigemischt werden. Bitte stoppen Sie die Regenwald-Abholzungen und die Importe von Palmöl. Das schädliche Palmöl darf weder in unsere Nahrungs-, Kosmetik- und Reinigungsmittel noch in die Tanks von Fahrzeugen gelangen".

 
Hintergrundinfos der Protestaktion: https://www.regenwald.org/aktion/914/sterben-fuer-palmoel-nein-danke?mt=1575&v=0&ref=nl#more

Sonntag, 21. April 2013

H&M in Kambodscha – Nachhaltigkeit statt existenzsichernder Lohn



„Schnelle Mode bleibt. Darin sind sich Modeexperten einig. Trotz Bemühungen die Kleidung Mode nachhaltiger zu gestalten. Wie etwa bei H&M, dem schwedischen Fast-Fashion-Giganten. Dort bewirbt man zurzeit die "Conscious Collection", eine Kleinserie von Kleidern, die aus "umweltfreundlicheren Materialien" – so die Formulierung von H&M – hergestellt werden. Unter „umweltfreundlicher“ versteht H&M die anteilige Verwendung von Biobaumwolle , Recycling-Polyester, Recycling-Polyamid und der aus Holz-Zellstoff gewonnene Faser Tencel.


Greenwashing oder Übergang zur Nachhaltigkeit?


Eine nette Aktion von H&M, die zeigen soll, dass der Modekonzern sich Richtung Nachhaltigkeit entwickelt. Schade nur, dass es kaum jemanden zu interessieren scheint. Weder die Modemedien, die das Bemühen von H&M gerade mal als Randnotiz erwähnen, noch das Gros der Konsumenten, denen billige, ständig verfügbare Klamotten wichtiger als nachhaltige Klamotten sind, noch die Arbeiter in den Textilfabriken, deren Arbeitslöhne durch die Recycling-Kleider nicht mehr werden.

Mindestlohn ungleich existenzsichernder Lohn


Apropos Löhne: H&M zahlt auch weiterhin nur den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn, der weit von einem existenzsichernden Lohn entfernt ist. Letzterer liegt beispielsweise in Kambodscha nach Berechnungen der Asia Floor Wage Alliance bei monatlich 274 US-Dollar für einen Arbeiter mit Familie. Der Mindestlohn hingegen beträgt 61 US-Dollar, wird aber nach heftigen Arbeitskämpfen ab 1. Mai auf 75 US-Dollar erhöht. Ein Tropfen auf den heißen Stein, denn die Arbeiter sind weiterhin gezwungen lange Überstunden zu schieben, um auf einen Lohn zu kommen, der ein einigermaßen menschenwürdiges Dasein ermöglicht. 

Mehr Bewusstsein auf allen Ebenen notwendig


Natürlich ist es kurzsichtig nur den Modekonzernen die Schuld für die Ausbeutung der Textilarbeiter in die Schuhe zu schieben. Verantwortung tragen selbstverständlich auch die Regierungen der Billiglohnländer, die verzweifelt bemüht sind, Industrien in ihren Länder zu etablieren und die sich dem internationalen Preisdruck ausgesetzt sehen. Schließlich ist auch der Verbraucher gefordert den Dingen ins Auge zu schauen und sich aktiv für bessere Löhne in den Produzentenländer einzusetzen, auch wenn dies bedeutet, dass er ein paar Euro mehr für Blusen, Hosen und T-Shirts aus Fernost zahlen muss.

Kritik an H&M


Auch die Clean Clothes Campaign (Kampagne für saubere Kleidung) ist nicht gerade überzeugt von der neuen H&M "Conscious Collection". Ihre Gegenkampagne "Unconscious Collapses" soll auf das Lohndumping ebenso aufmerksam machen, wie auf die miserablen Arbeitsbedingungen der Textilindustrie. Alleine in 2009 sind in Kambodscha rund 2900 Arbeiter vor Erschöpfung zusammen gebrochen, viele von Ihnen in Zulieferbetrieben von H&M. Aufgrund der niedrigen Löhne sind viele der Fabrikarbeiter unterernährt.

Mehr zur Kampagne der Clean Clothes Campaign: