Mittwoch, 30. September 2015

Tourismussiegel: Versprechen gebrochen


Auch  die  Nachhaltigkeitszertifizierung  eines Hotels garantiert keine fairen Arbeitsbedingungen – jedenfalls nicht die britische Zertifizierung „Travelife“ in der Türkei. Zu diesem Ergebnis kommt das schwedische Netzwerk für faires Reisen „Schyst resande“ in einer neuen Studie. In zehn untersuchten Hotels im türkischen Alanya bleiben niedrige Löhne,  die  rechtswidrige  Lohnverweigerung  bei Überstunden und verbreitete Angst des Personals, sich gewerkschaftlich zu organisieren, in „Travelife“-zertifizierten Hotels genauso gang und gäbe wie in nicht zertifizierten Hotels. „Travelife“ ist ein Zertifizierungssystem  des  britischen  Tourismusverbands ABTA, das auch von großen schwedischen und  deutschen  Reiseveranstaltern  genutzt  wird. Ein zentraler Bereich sind faire Arbeitsbedingungen. 

Situation seit 2012 kaum verbessert

Die Ergebnisse der Studie „Travelife’s broken promises“ stellen die Qualität und die Glaubwürdigkeit dieses Standards grundlegend in Frage. Sieben der untersuchten Hotels wurden von Schyst resande bereits 2012 unter die Lupe genommen. Jetzt sei klar, dass sich die Situation seit 2012 kaum verbessert  habe    auch  wenn  das Hotelpersonal nun Arbeitsverträge habe, so das Fazit. „Reiseveranstalter müssen sicherstellen, dass der Standard faire Arbeitsbedingungen garantiert, sonst verlieren sie das Vertrauen der Kunden”, warnt Maria Sjödin,  Direktorin  des  schwedischen  Fair  Trade Centers, das den Bericht zusammengestellt hat.
Quelle: tourism watch

Mittwoch, 23. September 2015

Unternehmen: Wie wichtig ist ihnen Nachhaltigkeit wirklich?



„All natural“ – so steht es in einer Anzeigenbeilage. Das signalisiert, dass bei den Bekleidungsstoffen alles natürlich sei. Doch weit gefehlt. Marc O’Polo spielt auf „Natural born Heroes“ an, Menschen, die als Helden geboren sind und ihrer Natur folgen wollen. Zwar hat sich ein Model für Umwelt und Bildung in Afrika engagiert und lässt sich mit Schäfchen und Kätzchen ablichten. Doch kein Wort zur ökosozialen Verträglichkeit der Produkte. Viele Unternehmen machen dieses Jahr offensive Werbekampagnen zur Nachhaltigkeit. H&M plakatierte das Wort ganz groß. Der C&A-Slogan lautet: „Today’s Spirit is Sustainability“. Der Immobiliendienstleister Berlinovo verknüpfte originell die Worte Nachlässigkeit und Nachhaltigkeit, wobei er das „läss“ durchstrich. Discounter Aldi sagt: „Wir übernehmen Verantwortung für eine nachhaltige Zukunft“.

Die Spreu vom Weizen trennen

Was die Firmen tun, ist kaum ersichtlich. Aber rasch ist erkennbar, ob ihnen das Querschnittsthema wichtig ist. Lidl fragt: „Woran erkennt man gutes Fleisch?“, nennt aber bei den Antworten weder das Tierwohl noch die Antibiotikafreiheit.Die Immobiliengesellschaft Berlinovo sagt: „Unsere Property Teams führen jedes Objekt als eigenständiges Profit-Center und sorgen so für nachhaltige Renditemaximierung.“ Da weißt man schon, woran man ist. Wohl schimmert Nachhaltigkeit durch, wenn der Wohnungsanbieter von „fairen Mieten“ spricht. Ikea fragt: „Was wäre, wenn nachhaltiges Leben ganz einfach ist?“ und preist seine „cleveren Elektrogeräte“ und Küchenzeilen an, mit denen sich „jede Menge Wasser und Energie sparen“ ließen. Keine Hinweise darauf, woher die Hölzern kommen, ob Farben und Lacke umweltverträglich sind und warum die Möbel nicht ein Leben lang halten. Immerhin wird betont, Kunststoff-Verpackungen seien garantiert frei vom Weichmacher Bisphenol A (BPA). Damit übertrifft Ikea die EU-Gesetze außerhalb Frankreichs. Dort der der Weichmacher verboten.

Genug Platz wäre vorhanden

Anders C&A: Die Kette hat seit Jahren eine Bio-Baumwoll-Eigenmarke, prominent platziert in Eingangsnähe. Unübersehbar ein guter Webauftritt mit kritischer Selbsteinschätzung und Zielen. „40 Prozent unserer Produkte sind bereits aus Biobaumwolle.“ 2020 sollen es hundert Prozent sein. Die Berliner Fleischerei Ulrich plakatiert neben ihrem Marktstand: „Damit garantieren wir Ihnen Sicherheit und Nachhaltigkeit“. Was ihre namentlich genannten Zulieferer tun, erklärt eine 14-seitige Broschüre. So einfach ist das. Auf den 16 Seiten von Marc O’Polo, dem Newsletter von Ikea oder der Webseite von Berlinova wäre dafür locker Platz gewesen – wenn es den Unternehmen wirklich wichtig wäre.
Quelle: Handelsblatt Business Briefing, Nachhaltige Investments, 9/2015

Donnerstag, 17. September 2015

Adidas: Der lange Kampf gegen unfaire Entlassungen in Indonesien



Ende August zogen viele NäherInnen, die u.a. für Adidas und die japanische Marke Mizuno Sportschuhe in Indonesien herstellten, zur japanischen Botschaft in Jakarta und forderten ihre sofortige Wiedereinstellung. Die ArbeiterInnen versuchen bereits seit Juli 2012 wieder eingestellt zu werden. Bisher vergeblich. Damals wurde 1.300 von ihnen durch das Management der Schuhfabrik PT Panarub Dwikarya Benoa fristlos gekündigt. Kurz vor ihrer Kündigung wurde die Fabrik von 2.000 ArbeiterInnen bestreikt, die sowohl Versammlungsfreiheit als auch das Angleichen ihres Lohns an den nationalen Mindestlohn forderten. Und auch nach der Entlassung der 1.300 ArbeiterInnen war die Situation der Streikenden geprägt von Einschüchterungsversuchen seitens der Fabrikführung.

Kein menschenwürdiges Leben

Kokom Komalawati, die Vorsitzende der Gewerkschaft SBGTS-GSBI, erklärte gegenüber der Kampagne für Saubere Kleidung, dass die Polizei damals, 2012, Tränengas gegen die Streikenden einsetzte, unter denen sich auch schwangere Frauen befanden. Vorarbeiter und das Management der Fabrik hätten außerdem mithilfe von Schlägertrupps versucht, die Streikenden zur Arbeit zu zwingen. Auch wurde den Streikenden gesagt, dass sie Ihre Arbeit nur wieder aufnehmen könnten, wenn sie aus der Gewerkschaft austreten und darüber hinaus erklären würden, dass sie von der Gewerkschaft zu diesem Streik gezwungen worden seien. „Der Fall der PT Panarub Dwikarya beweist, dass es für ArbeiterInnen in Indonesien keine Garantie für ein menschenwürdiges Leben gibt. Adidas und Mizuno sind verantwortlich dafür, dass diese ArbeiterInnen Ihre Jobs und ihre Lebensgrundlage zurückbekommen und solange dies nicht geschieht, werden wir nicht aufhören unsere Rechte einzufordern“, so Kokom Komalawati weiter.

Bislang keine Einsicht bei Adidas

Die Region Panarub hat eine lange Geschichte von Arbeitsrechtsverletzungen. Seit 2000 sind bereits fünf Fabriken in Arbeitsrechtsverletzungen verwickelt gewesen. Dazu gehören Verletzungen des Rechts auf Versammlungsfreiheit und die Zahlung zu niedriger Löhne. PT Panarub Dwikarya Benoa ist eine Fabrik der PT Panarub Group, die ihren Sitz in Benoa Kota Tangerang, in der Banten Provinz hat. Die PT Panarub Group produziert Sportschuhe für Adidas und Mizuno. Jede der fünf Fabriken, in denen es zu Arbeitsrechtsverletzungen kam, produzierte für Adidas. Dabei ist Adidas − im Unterschied zu Mizuno – Unterzeichner des Freedom of Association Protokoll (FOA Protocol) in Indonesien, worin Adidas zusichert, das Recht auf Versammlungsfreiheit in allen Zulieferbetrieben zu schützen und zu gewährleisten. In dem Fall von PT Panarub müsste Adidas seinen Zulieferer dazu drängen, dem FOA-Protokoll Folge zu leisten und es den ArbeiterInnen ermöglichen, sich zu organisieren. Weder Adidas noch Mizuno haben sich in den vergangenen Jahren einsichtig oder kooperativ gezeigt, was den ArbeiterInnen keine andere Wahl ließ als ihren Kampf fortzuführen. Viele der gekündigten ArbeiterInnen waren bereits seit mehreren Jahren für das Unternehmen tätig, einige sogar seit über zehn Jahren. Sowohl nach indonesischem Recht als auch nach internationalen Abkommen, und nicht zuletzt dem FOA-Protokoll, müssen Adidas und Mizuno zu einer schnellstmöglichen Lösung dieses Konflikts beitragen.
Quelle: Südwind-Institut, Fotos: inkota und swedwatch.org

Donnerstag, 10. September 2015

Transparenz ist Motto der Fairen Woche 2015



Die diesjährige Faire Woche (11. bis 25. September) steht unter dem Motto: "Fairer Handel schafft Transparenz". Transparenz ist für Fair-Handels-Organisationen ein zentraler Wert ihrer Unternehmenskultur und ein grundlegendes Prinzip für den Umgang mit ihren Handelspartnern. Zudem ist Transparenz ein entscheidender Faktor, um die Glaubwürdigkeit des Fairen Handels zu untermauern. Denn die Verbraucherinnen und Verbraucher möchten wissen, auf welche Weise, wo und von wem ihre Lebensmittel und andere Alltagswaren hergestellt werden. Konventionelle Lieferketten mit vielen Zwischenhändlern und undurchsichtigen Unternehmensstrukturen erschweren dies und verhindern so eine bewusste und verantwortungsvolle Kaufentscheidung der Menschen.

Mangelnde Transparenz - auf Kosten von Mensch und Natur

Textilien aus Bangladesch, Orangensaft aus Brasilien und Kakao aus Ghana – die Lieferketten für die Produkte unseres täglichen Bedarfs reichen rund um den Globus. Unter welchen Bedingungen die Produkte hergestellt werden, ist für Menschen hierzulande kaum nachvollziehbar. Doch das Bedürfnis der Verbraucher nach mehr Informationen über die Zutaten, die Herstellungsbedingungen und die Menschen hinter den Produkten wächst. Hinzu kommt, dass intransparente globale Handelswege sowie die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen es international agierenden Unternehmen erleichtern, sich der Verantwortung für Verstöße gegen Menschenrechte oder Umweltauflagen entlang ihrer Produktionskette zu entziehen. Verlierer sind die Menschen am Anfang der Lieferkette, die noch dazu kaum über rechtliche Möglichkeiten verfügen, Schadensersatz einzufordern. Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller, nennt diese Situation „eine zentrale entwicklungspolitische Herausforderung unserer Zeit“.

Lieferketten durchsichtiger gestalten

Zahlreiche Organisationen haben es sich zur Aufgabe gemacht, Licht in das Dickicht intransparenter Lieferketten zu bringen und Forderungen an die Politik zu richten. So hat z. B. eine  aktuelle Studie des Fair Trade Advocacy Office  in Brüssel, einer Initiative von Fairtrade International und der World Fair Trade Organization, Machtkonzentrationen und Handelspraktiken in landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten untersucht. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Marktmacht z. B. von Handelsunternehmen und Anbietern von Agrarbetriebsmitteln strukturell verankert sei und dass sie oftmals missbraucht werde – mit fatalen Folgen für die schwächeren Glieder der Lieferkette. Forum Fairer Handel und Weltladen-Dachverband fordern in ihrer aktuellen  Kampagne Mensch. Macht. Handel. Fair., Lieferketten transparenter zu gestalten, Menschen- und Arbeitsrechte weltweit verbindlich zu schützen und die Haftung von Unternehmen zu stärken. Der  Clip „Unternehmen haftbar machen“  bringt das Problem auf den Punkt. Die Bundesregierung erarbeitet derzeit einen Aktionsplan, um die UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte auf Bundesebene umzusetzen. Dieser Prozess bietet die Chance, auf politischer Ebene mehr Transparenz und Verantwortlichkeit in internationalen Produktions- und Lieferketten zu verankern. Unterschreiben auch Sie  die Forderung von Forum Fairer Handel und Weltladen-Dachverband an die Bundesregierung, 2016 ein Gesetz für verbindliche menschenrechtliche Unternehmensverantwortung zu verabschieden.

Folgende Beispiele zeigen, wie Transparenz im Fairen Handel gelebt wird:
* Transparente Darstellung der Kriterien, nach denen Fairer Handel betrieben wird;
* Große Auskunftsbereitschaft über Handelspartner, Produkte und Herstellungsverfahren;
* Transparente Kommunikation mit den Handelspartnern, z. B. über Liefermengen und Preise
* Überprüfung der Akteure durch externe Zertifizierungs-und Monitoringverfahren
*Exemplarische Offenlegung der Preiskalkulationen für fair gehandelte Produkte
* Lieferkette der Produkte ist nachvollziehbar
Quelle: ffh

Samstag, 5. September 2015

Globaler Fairtrade-Absatz 2014 mit Anstieg


Laut Jahresbericht Fairtrade International 2014/2015 "Globaler Wandel, lokale Expertise" gaben Verbraucherinnen und Verbraucher weltweit 5,9 Milliarden Euro für Produkte mit dem Fairtrade-Siegel aus, ein Plus zum Vorjahr von 9,3 Prozent (davon Deutschland 827 Millionen Euro). Absatzstärkstes Produkt sind mit rund 439.000 Tonnen Bananen (+18%), gefolgt von Kaffee mit rund 93.000 Tonnen (Rohkaffee, +12%). Hervorzuheben sind zudem die positiven Entwicklungen bei Baumwolle (+28%), Kakao (+24%), wovon fast die Hälfte der zusätzlich verkauften Mengen auf die neu eingeführten Fairtrade Programme zurückgehen, und Gold (+259%). Das starke Wachstum bei Gold geht vor allem auf eine Überarbeitung des Standards zurück, wodurch Goldschmiede nun einfacher Fairtrade-Gold ankaufen können. Eineinhalb Millionen Bauern und Arbeitskräften auf der ganzen Welt profitieren von erneut gestiegenen Fairtrade-Absätzen. 1,5 Millionen Fairtrade-Produzenten in 74 Ländern erhielten Fairtrade-Prämiengelder in Höhe von rund 105 Millionen Euro, die sie in ihre Betriebe und soziale Projekte investierten – ein Anstieg um 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.