Donnerstag, 24. November 2016

Wie fair ist meine Bank? Faktencheck 2.0




Der Fair Finance Guide - das erste frei zugängliche Informationsportal zur Überprüfung der sozialen und ökologischen Richtlinien deutscher Banken - hat jetzt seine zweite Untersuchung veröffentlicht. Im Vergleich zur Premiere im März dieses Jahres wurde die Zahl der untersuchten Banken auf zehn vergrößert. Analysiert und verglichen wurden die Richtlinien deutscher Banken zu ökologischen und sozial-gesellschaftlichen Aspekten und der Art der Unternehmensführung (ESG) sowie deren Einhaltung. Ein zentraler Befund: Die Nachhaltigkeitsrichtlinien von acht Banken haben sich seit der ersten Untersuchung verbessert, doch es gibt aus Sicht der Nichtregierungsorganisationen, die hinter dem Guide stehen, weiterhin inakzeptable Defizite. 

Die Platzierungen: Die GLS Bank und Triodos liegen erneut an der Spitze, Neueinsteiger Postbank nimmt den letzten Platz ein. Vergleichsweise schlecht steigt auch die zweite neu untersuchte Bank, die HypoVereinsbank (UniCredit Deutschland), ein: Rang 7 unter den zehn untersuchten Geldinstituten. Die katholische Pax-Bank, die bei der ersten Untersuchung noch die schlechteste Bewertung erhielt, macht einen großen Sprung auf Platz 4, direkt hinter die evangelische Bank für Kirche und Diakonie (KD-Bank). Unter den konventionellen Großbanken ist die Commerzbank nach wie vor bestplatziert und liegt vor der Deutschen Bank, deren ESG-Selbstverpflichtungen sich aber auch spürbar verbessert haben. Die DZ Bank und die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) treten auf der Stelle. Obwohl laut einer forsa-Umfrage 72 Prozent der Deutschen genau wissen wollen, wie Banken ihre Gelder verwenden, halten sich diesbezüglich viele Geldhäuser nach wie vor bedeckt, so ein Ergebnis der Analyse. „Das Schweigen der Bänker muss ein Ende haben“, fordert Thomas Küchenmeister, geschäftsführender Vorstand der Nichtregierungsorganisation Facing Finance, die den Fair Finance Guide Deutschland koordiniert. „Solange Banken intransparent agieren oder sogar ihre eigenen Richtlinien unterlaufen, solange werden wir Bankkunden darüber informieren, ob ihre Gelder zum Beispiel für Rüstungsprojekte, Klimazerstörung oder Steuerfluchtgeschäfte verwendet werden“, so Küchenmeister.

Klimawandel

Gerade beim Thema Klimawandel haben sich die Banken am wenigsten bewegt und schneiden durchschnittlich am schlechtesten ab. „Es ist schon bemerkenswert, dass ausgerechnet die Landesbank LBBW aus dem grün-schwarz regierten Baden-Württemberg über keinerlei Ausschlusskriterien in Bezug auf den hochgradig klimaschädlichen Energieträger Kohle verfügt“, sagt Sarah Guhr, Projektleiterin des Fair Finance Guide Deutschland. Die Selbstverpflichtungen der untersuchten Banken reichten nicht aus, um die beschlossenen Pariser Klimaziele umzusetzen. Die wenigsten Berührungsängste in Bezug auf die Rüstungsindustrie zeigt die Deutsche Bank, wie auch die Konzerntochter Postbank, was aus menschenrechtlicher Sicht sehr problematisch ist. „Die Postbank beruft sich öffentlich ausschließlich auf unverbindliche Universalstandards wie den UN Global Compact", erklärt Johanna Sydow von Germanwatch. "Auch das erklärt das schlechte Ergebnis bezüglich sozial-gesellschaftlicher Aspekte sowie der Art der Unternehmensführung.“ Der Verweis der Bank auf interne Selbstverpflichtungen reiche nicht aus, da diese nicht öffentlich und damit nicht überprüfbar sind.

Steuern

Auch beim Thema Steuern attestiert der Fair Finance Guide den Banken schlechte Noten mit Verweis auf mangelnde Richtlinien zur Vermeidung von Steuerflucht. Insgesamt tauchen laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung 28 deutsche Geldinstitute in verschiedenen Zusammenhängen in den Panama Papers auf, darunter auch die Commerzbank, die Deutsche Bank, die DZ Bank, die LBBW und die HypoVereinsbank. „Für die genossenschaftlichen bzw. öffentlich-rechtlichen Institute DZ Bank und die LBBW lassen sich nur geringfügige Verbesserungen feststellen, sie verharren auf den hinteren Plätzen“, kritisiert Antje Schneeweiß von SÜDWIND. Grundsätzlich ist aber ein positiver Einfluss des Fair Finance Guide auf die Branche festzustellen. „In sieben Fällen wurden von Banken verbesserte Nachhaltigkeitsrichtlinien veröffentlicht, die auch auf das Engagement des Fair Finance Guide und den intensiven Dialog mit den Banken zurückzuführen sind“, betont Mario Dziamski von Rank a Brand. Um in Zukunft das Ambitionsniveau der Banken weiterhin zu erhöhen, werden Bankkundinnen und -kunden noch aktiver entsprechende Informationen einfordern und nachhaltige Finanzprodukte nachfragen müssen. Auch hierfür möchte der Fair Finance Guide eine Entscheidungshilfe sein.

Transparenz fördern

Facing Finance und die Kooperationspartner im Fair Finance Guide werden ihre Zusammenarbeit fortsetzen und ausweiten. Zudem ist vorgesehen, anhand von öffentlich zugänglichen Fallstudien kontinuierlich zu prüfen, ob Banken ihre ESG-Richtlinien einhalten. Ziel des Fair Finance Guide Deutschland ist es, für Bankkundinnen und -kunden mehr Transparenz und Vergleichbarkeit in Bezug auf die soziale und ökologische Bilanz deutscher Banken herzustellen und ihnen die Möglichkeit zu geben, die Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle besser beurteilen zu können. Dafür steht das anhand von 250 Kriterien detailliert recherchierte und frei zugängliche ESG-Bewertungsportal zur Verfügung: www.fairfinanceguide.de. Der Fair Finance Guide Deutschland ist Teil des Netzwerkes Fair Finance Guide International, gegründet von Oxfam Novib und finanziert von der schwedischen Entwicklungsbehörde Sida. Die dem Projekt zugrunde liegende, umfassende Methodik wurde mit Unterstützung der niederländischen Agentur Profundo entwickelt. Der FFG International umfasst derzeit neun Länder und vereint annähernd 40 Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften, Umweltgruppen und Verbraucherorganisationen.
Quelle: UD/pm, Grafik Bad Bank: Facing Finance

Sonntag, 20. November 2016

Baumarktkette toom mit Weihnachtssternen aus Fairem Handel



Weihnachtssterne (Euphorbia pulcherrima) gehören bei vielen in die Adventszeit wie die Geschenke unter den Tannenbaum – doch woher die Pflanzen kommen, wissen die wenigsten. Dieses Jahr bietet das Unternehmen als erste Baumarktkette in Deutschland ausschließlich fair produzierte und gehandelte Weihnachtssterne an. „Wir haben uns bei toom gezielt dazu entschlossen, in diesem Jahr nur noch die klassischen roten oder weißen  Pro-Planet-Weihnachtssterne der ‚toom‘ Qualitätsmarke mit Fairtrade-Siegel in unseren Märkten anzubieten. Denn mit dem Kauf der fair produzierten und gehandelten Pflanzen bringen unsere Kunden nicht nur vorweihnachtliche Atmosphäre in ihre Wohnräume, sondern stärken auch die Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiterinnen und Arbeiter auf den Stecklingsfarmen in Ostafrika“, erklärt Hans-Joachim Kleinwächter, Geschäftsführer Category Management bei toom. „Darüber hinaus werden die Weihnachtssterne mit einem geringeren Torfanteil produziert und die Jungpflanzenproduktion ist MPS-zertifiziert (Milieu Programma Sierteelt). Dadurch wird der umweltgerechte Einsatz von Wasser, Energie, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln sichergestellt“, so Kleinwächter weiter.
Quelle: UD/cp, Foto: TransFair

Sonntag, 13. November 2016

UBA-Ressourcenbericht: Deutsche verbrauchen pro Tag 44 kg Rohstoffe



Pro Jahr verbraucht jeder Mensch in Deutschland mehr als 16 Tonnen Metall, Beton, Holz und andere Rohstoffe, das sind 44 Kilo am Tag. Deutschland liegt damit im internationalen und europaweiten Vergleich auf einem hohen Niveau. Das geht aus dem Ressourcenbericht des Umweltbundesamtes (UBA) hervor, der auf dem „Nationalen Ressourcen-Forum“ am Freitag in Berlin vorgestellt wurde. Maria Krautzberger, Präsidentin des UBA: „Unsere Wirtschaftsweise und unser Konsum belasten ganz erheblich die Umwelt in anderen Ländern. 70 Prozent der bei uns verbrauchten Rohstoffe kommen aus dem Ausland, davon sind vier Fünftel nicht nachwachsend. Wir müssen viel sorgsamer mit Rohstoffen umgehen.“ Krautzberger regte dazu eine Reform der Mehrwertsteuer an: „Was Rohstoffe spart, sollte für die Verbraucher billiger sein. Denkbar wäre, dass für einen ressourceneffizienten Fernseher nur sieben statt 19 Prozent Mehrwertsteuer anfallen. Das würde solche Produkte attraktiver machen.“
Der Vorschlag ist Teil der Empfehlungen des Umweltbundesamtes, um Ressourcen effizienter zu nutzen und einzusparen:
  • Reform der Mehrwertsteuer: Für rohstoffeffiziente Produkte sollte ein niedrigerer Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent eingeführt werden. Ein nach ökologischen Kriterien differenziertes Mehrwertsteuersystem wäre nach Änderung der einschlägigen EU-Bestimmungen möglich. „Das wird sicher keine einfache Debatte, aber wir sollten sie in der EU führen. Für Dienstleistungen wie Reparaturen könnte dies auch national umgesetzt werden“, sagte Krautzberger.
  • Verbindliche Umwelt- und Sozialstandards für Rohstoffe entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Maria Krautzberger: „Verbraucher und auch Unternehmen haben oft nicht die Möglichkeit, sich für rohstoffschonende Produkte zu entscheiden. Eine verbindliche Zertifizierung würde hier Abhilfe schaffen.“
  • Materialien für den Baubereich sollten billiger werden, wenn dafür weniger oder keine Primärrohstoffe eingesetzt werden. Ein Beispiel ist Recyclingbeton: Seine Herstellung spart bis zu 45 Prozent Kies.
  • Produktspezifische Rezyklatquoten: Für die Kunststoffherstellung sollten auf europäischer Ebene Rezyklatquoten festgelegt werden, mit dem Ziel, mehr Sekundärkunststoffe einzusetzen. So sollte beispielsweise ein höherer Mindestanteil an recyceltem Kunststoff für Plastiktüten oder Mülltonnen vorgeschrieben werden.
  • Einführen von Mindest- und Informationsanforderungen: Die EU-Ökodesign-Richtlinie sollte um Kriterien zur Materialeffizienz und zur Lebensdauer von Produkten erweitert werden. Dieses „zweite Preisschild“ würde die bestehende Kennzeichnung für den Energieverbrauch ergänzen und die Ressourceneffizienz leicht kenntlich machen.
„Diese Maßnahmen sollten in Deutschland mit einem eigenständigen Ressourcenschutzgesetz flankiert werden. Nur so erhält die Ressourcenschonung eine Absicherung als umweltpolitisches Schutzgut, das in allen Politikfeldern beachtet werden muss“, so Krautzberger.
Maria Krautzberger machte auch auf den engen Zusammenhang zwischen Ressourceneffizienz und Klimaschutz aufmerksam: „Je weniger Rohstoffe wir benötigen, desto leichter wird der Klimaschutz. Jede Tonne Kupfer beispielsweise, die wir recyceln, statt sie neu der Erde zu entreißen, spart auch die Hälfte an Prozessenergie. Jedes Haus, das mit Recycling-Beton gebaut wird, spart Energie und Treibhausgasemissionen. Ressourcenschutz ist Klimaschutz – und umgekehrt.“
Der Ressourcenbericht des UBA stellt zum ersten Mal die wirtschafts- und umweltpolitischen Kennzahlen zum Rohstoffverbrauch in Deutschland gebündelt zusammen. Dabei wurden sowohl die inländische wie auch die internationale Perspektive berücksichtigt. Außerdem betrachtet der Ressourcenbericht indirekte Umweltfolgen des Rohstoffverbrauchs, wie den Verbrauch an Fläche, Wasser und ungenutztem Material. So werden für ein Auto mit einem Gewicht von eineinhalb Tonnen im Schnitt 70 Tonnen Material in Anspruch genommen.
Quelle: Umweltbundesamt

Der Ressourcenbericht zum Download:
www.umweltbundesamt.de/ressourcenbericht2016

Sonntag, 6. November 2016

Planet am Limit – „Living Planet Report 2016“



Die Menschheit verbraucht jedes Jahr 60 Prozent mehr Ressourcen, als die Erde innerhalb dieses Zeitraums regenerieren und damit nachhaltig zur Verfügung stellen kann. Setzt sich diese Entwicklung ungebremst fort, sind 2030 zwei komplette Planeten nötig, um den Bedarf an Nahrung, Wasser und Energie zu decken. Das ist das Ergebnis des „Living Planet Reports 2016“, den die Naturschutzorganisation WWF Ende Oktober in Berlin vorgelegt hat. Laut dem globalen Zustandsbericht nehmen die ökologischen Reserven der Erde immer weiter ab. So zeigt etwa der Living Planet Index, der den Zustand der weltweiten biologischen Vielfalt erfasst, steil nach unten. Für die vergangenen vierzig Jahre wurde ein Rückgang von 58 Prozent gemessen. Damit haben sich die über 14.000 untersuchten Tierpopulationen mehr als halbiert. „Die Menschheit treibt die Erde in einen lebensbedrohlichen Burn-Out. Dagegen hilft nur ein tiefgehender Paradigmenwechsel“, warnte Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim  WWF Deutschland, bei der Veröffentlichung des Reports. „In einer Welt mit begrenzten Ressourcen muss deren nachhaltige Nutzung endlich zu einer der obersten Handlungsmaximen von Politik und Wirtschaft werden. Wir brauchen eine neue Definition von Wohlstand und Erfolg, die die Gesundheit von Individuen, der Gesellschaft und der Umwelt einbezieht.“ Nur bei einem verringerten ökologischen Fußabdruck könnten auch zukünftige Generationen überhaupt mit einem hohen Wohlstandsniveau rechnen.

Kein Land kann sich gegen globalen Burn-Out abschotten

Die Auswirkungen des Raubbaus sind laut WWF bereits heute spürbar: Dürre und extreme Wetterereignisse, Hungersnöte oder Artensterben nehmen immer dramatischere Ausmaße an. Insgesamt sind vier von neun ökologischen Belastungsgrenzen, die die Stabilität der planetaren Lebensräume definieren, überschritten: beim Klimawandel, dem Verlust der Biodiversität, der Landnutzung sowie den biogeochemischen Kreisläufen von Stickstoff und Phosphor. Gegen die Folgen des globalen Burn-Outs lassen sich weder Staaten noch Märkte dauerhaft abschotten. Daher warnt WWF-Vorstand Heinrich vor nationalen Egoismen und Verzagtheit seitens Wirtschaft oder Politik und fordert die zügige Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsagenda durch die Mitgliedsstaaten. Die Sustainable Development Goals (SDG) und das Klimaschutzabkommen von Paris müssten mit konkreten, nationalen Maßnahmen hinterlegt werden. Hier hat ausgerechnet Deutschland seine Vorreiterrolle eingebüßt. „Die Bundesrepublik darf vor den entscheidenden Reformen nicht zurückschrecken, sondern muss die notwendigen Transformationsprozesse als Chance und Wettbewerbsvorteil begreifen“, fordert Heinrich, auch mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl und die Ausrichtung zukünftiger Regierungspolitik. „Wir brauchen eine erfolgreiche Energiewende, eine ökologisch ausgerichtete Landwirtschaft und ein Finanzsystem, das Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit im Fokus hat.“ Leider sende die deutsche Politik derzeit jedoch andere Signale aus.

Deutschland schwächelt bei der Klimapolitik

„Bei internationalen Klimaschutz-konferenzen wurden in der Vergangenheit spektakuläre Fortschritte erzielt. Doch bei der konkreten Umsetzung, geht der deutschen Politik die Luft aus. Der Entwurf des Klimaschutzplans 2050 wird gerade bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt“, sagt Heinrich. Von einem konkreten Plan für den Kohleausstieg sei beispielsweise gar nichts mehr zu lesen, obwohl die Bundesrepublik, wenn sie die Paris-Beschlüsse ernst nehme, bis spätestens 2035 aus dieser Stromerzeugung aussteigen müsse. Auch eine Agrar-Wende ist laut WWF-Vorstand überfällig: „Die Fleischproduktion muss sich grundlegend wandeln. Wir beanspruchen in Südamerika ausgedehnte Flächen auf denen mit Soja das derzeit wichtigste Futtermittel der konventionellen Tiermast angebaut wird. Darunter leiden wertvolle Ökosysteme wie Savannen und Regenwälder.“ Der Fokus müsse stattdessen auf einer natur- und landschaftsverträglichen Produktion im Inland liegen. An diesen Leitlinien müsse die Agrar-Subventionspolitik auf nationaler wie europäischer Ebene ausgerichtet werden.
Quelle: UD/pm