Der Fair Finance Guide - das erste frei zugängliche
Informationsportal zur Überprüfung der sozialen und ökologischen Richtlinien
deutscher Banken - hat jetzt seine zweite Untersuchung veröffentlicht. Im
Vergleich zur Premiere im März dieses Jahres wurde die Zahl der untersuchten
Banken auf zehn vergrößert. Analysiert und verglichen wurden die Richtlinien
deutscher Banken zu ökologischen und sozial-gesellschaftlichen Aspekten und der
Art der Unternehmensführung (ESG) sowie deren Einhaltung. Ein zentraler Befund:
Die Nachhaltigkeitsrichtlinien von acht Banken haben sich seit der ersten
Untersuchung verbessert, doch es gibt aus Sicht der
Nichtregierungsorganisationen, die hinter dem Guide stehen, weiterhin
inakzeptable Defizite.
Die Platzierungen: Die GLS Bank und Triodos liegen
erneut an der Spitze, Neueinsteiger Postbank nimmt den letzten Platz ein.
Vergleichsweise schlecht steigt auch die zweite neu untersuchte Bank, die
HypoVereinsbank (UniCredit Deutschland), ein: Rang 7 unter den zehn
untersuchten Geldinstituten. Die katholische Pax-Bank, die bei der ersten
Untersuchung noch die schlechteste Bewertung erhielt, macht einen großen Sprung
auf Platz 4, direkt hinter die evangelische Bank für Kirche und Diakonie
(KD-Bank). Unter den konventionellen Großbanken ist die Commerzbank nach wie
vor bestplatziert und liegt vor der Deutschen Bank, deren
ESG-Selbstverpflichtungen sich aber auch spürbar verbessert haben. Die DZ Bank
und die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) treten auf der Stelle. Obwohl laut
einer forsa-Umfrage 72 Prozent der Deutschen genau wissen wollen, wie Banken
ihre Gelder verwenden, halten sich diesbezüglich viele Geldhäuser nach wie vor
bedeckt, so ein Ergebnis der Analyse. „Das Schweigen der Bänker muss ein Ende
haben“, fordert Thomas Küchenmeister, geschäftsführender Vorstand der
Nichtregierungsorganisation Facing Finance, die
den Fair Finance Guide Deutschland koordiniert. „Solange Banken intransparent
agieren oder sogar ihre eigenen Richtlinien unterlaufen, solange werden wir
Bankkunden darüber informieren, ob ihre Gelder zum Beispiel für
Rüstungsprojekte, Klimazerstörung oder Steuerfluchtgeschäfte verwendet werden“,
so Küchenmeister.
Klimawandel
Gerade beim Thema Klimawandel haben sich die Banken am
wenigsten bewegt und schneiden durchschnittlich am schlechtesten ab. „Es ist
schon bemerkenswert, dass ausgerechnet die Landesbank LBBW aus dem grün-schwarz
regierten Baden-Württemberg über keinerlei Ausschlusskriterien in Bezug auf den
hochgradig klimaschädlichen Energieträger Kohle verfügt“, sagt Sarah Guhr,
Projektleiterin des Fair Finance Guide Deutschland. Die
Selbstverpflichtungen der untersuchten Banken reichten nicht aus, um die
beschlossenen Pariser Klimaziele umzusetzen. Die wenigsten Berührungsängste in
Bezug auf die Rüstungsindustrie zeigt die Deutsche Bank, wie auch die
Konzerntochter Postbank, was aus menschenrechtlicher Sicht sehr problematisch
ist. „Die Postbank beruft sich öffentlich ausschließlich auf unverbindliche
Universalstandards wie den UN Global Compact", erklärt Johanna Sydow von Germanwatch. "Auch das erklärt das
schlechte Ergebnis bezüglich sozial-gesellschaftlicher Aspekte sowie der Art
der Unternehmensführung.“ Der Verweis der Bank auf interne
Selbstverpflichtungen reiche nicht aus, da diese nicht öffentlich und damit
nicht überprüfbar sind.
Steuern
Auch beim Thema Steuern attestiert der Fair Finance
Guide den Banken schlechte Noten mit Verweis auf mangelnde Richtlinien zur
Vermeidung von Steuerflucht. Insgesamt tauchen laut einem Bericht der
Süddeutschen Zeitung 28 deutsche Geldinstitute in verschiedenen Zusammenhängen
in den Panama Papers auf, darunter auch die Commerzbank, die Deutsche Bank, die
DZ Bank, die LBBW und die HypoVereinsbank. „Für die genossenschaftlichen bzw.
öffentlich-rechtlichen Institute DZ Bank und die LBBW lassen sich nur geringfügige
Verbesserungen feststellen, sie verharren auf den hinteren Plätzen“, kritisiert
Antje Schneeweiß von SÜDWIND.
Grundsätzlich ist aber ein positiver Einfluss des Fair Finance Guide auf die Branche
festzustellen. „In sieben Fällen wurden von Banken verbesserte
Nachhaltigkeitsrichtlinien veröffentlicht, die auch auf das Engagement des Fair
Finance Guide und den intensiven Dialog mit den Banken zurückzuführen sind“,
betont Mario Dziamski von Rank a Brand.
Um in Zukunft das Ambitionsniveau der Banken weiterhin zu erhöhen, werden
Bankkundinnen und -kunden noch aktiver entsprechende Informationen einfordern
und nachhaltige Finanzprodukte nachfragen müssen. Auch hierfür möchte der Fair
Finance Guide eine Entscheidungshilfe sein.
Transparenz
fördern
Facing Finance und die Kooperationspartner im Fair
Finance Guide werden ihre Zusammenarbeit fortsetzen und ausweiten. Zudem ist
vorgesehen, anhand von öffentlich zugänglichen Fallstudien kontinuierlich zu
prüfen, ob Banken ihre ESG-Richtlinien einhalten. Ziel des Fair Finance Guide
Deutschland ist es, für Bankkundinnen und -kunden mehr Transparenz und
Vergleichbarkeit in Bezug auf die soziale und ökologische Bilanz deutscher
Banken herzustellen und ihnen die Möglichkeit zu geben, die Nachhaltigkeit der
Geschäftsmodelle besser beurteilen zu können. Dafür steht das anhand von 250
Kriterien detailliert recherchierte und frei zugängliche ESG-Bewertungsportal
zur Verfügung: www.fairfinanceguide.de.
Der Fair Finance Guide Deutschland ist Teil des Netzwerkes Fair Finance Guide International,
gegründet von Oxfam Novib und finanziert von der schwedischen Entwicklungsbehörde
Sida. Die dem Projekt zugrunde liegende, umfassende Methodik wurde mit
Unterstützung der niederländischen Agentur
Profundo entwickelt. Der FFG International umfasst derzeit neun Länder
und vereint annähernd 40 Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften,
Umweltgruppen und Verbraucherorganisationen.
Quelle:
UD/pm, Grafik Bad Bank: Facing Finance