„Bei Kaffee, Bananen oder Rosen haben
Verbraucher Fairtrade auf dem Radar“, sagte TransFair-Vorstandsvorsitzender
Dieter Overath. „Bei Kleidung ist das noch anders: Hier steckt der faire Handel
noch in den Kinderschuhen. Am Fashion
Fairday wurde es aber deutlich: Faire Mode steht konventioneller an Style
in nichts nach. Auch der Preis muss nicht deutlich höher sein, weil die Margen
der Markeninhaber deutlich mehr ins Gewicht fallen als die Löhne der
Arbeiterinnen. Deshalb fordern wir: mehr Fairness in die Lieferkette und damit
mehr faire Mode in den deutschen Handel!“ Über 20.000 Menschen forderten von
ihren Lieblingsmarken im Rahmen des Fashion Fairdays „Mein Lieblingsstück: Ich
will’s fair“.
Mehr
Rechte für Beschäftigte in der Bekleidungsindustrie
Nazma Akter arbeitete selbst als
junges Mädchen in einer Textilfabrik. Heute setzt sie sich als Gewerkschafterin
und mit ihrer Stiftung für bessere Arbeitsbedingungen in der
Bekleidungsindustrie ein. In Köln sagte die Arbeitsrechtlerin: „Benötigt werden
existenzsichernde Löhne, anständige Lebensbedingungen, sichere Unterkünfte,
Vereinigungsfreiheit, das Recht auf Tarifverhandlungen, mehr
Problembewusstsein, Bildungsangebote für Kinder, Gesundheitsversorgung und
bessere Ernährung. Wenn diese Rechte eingehalten würden, könnte das unsere
Branche und die gesamte Arbeitskultur so sehr verbessern.“ Besonders
Frauenrechte liegen ihr am Herzen. Die meisten Beschäftigten in den
Textilfabriken sind weiblich: „Wir müssen das Denken von Marken, Kunden,
Fabrikbesitzern und Konsumenten ändern, dass Frauen nicht billig sind, sondern
Würde und Respekt verdienen.“
Es
beginnt mit fairer Baumwolle
Um Fairness geht es auch für die
Bauern, die den Rohstoff für viele unserer Kleider anbauen: Baumwolle. Durch
den fairen Handel professionalisieren sich die Bauern in demokratischen
Organisationen. Sie erhalten einen stabilen Mindestpreis für ihre Verkäufe über
den fairen Handel und eine zusätzliche Prämie. „Durch den fairen Handel
beteiligen sich die Bauern selbst aktiv an der wirtschaftlichen, sozialen und
ökologischen Entwicklung“, erklärte Shailesh Patel, Projektmanager für
Baumwolle für die Region Kutch in Nordindien.
Ansatz
für konkrete Verbesserungen: Fairtrade-Textilstandard und -programm
Der
im März dieses Jahres veröffentlichte Fairtrade-Textilstandard ist der erste
seiner Art, der die gesamte Textillieferkette umfasst. Das zusätzliche Textilprogramm
unterstützt die Fabriken darin, konkrete Verbesserungsschritte im Sozial- und
Umweltbereich zu gehen - in Zusammenarbeit mit den Beschäftigten. „Das ist eine
wirklich gute Initiative“, meinte Nazma Akter. „Kein anderer Standard legt so
hohen Wert auf die Einbeziehung von Arbeiterinnen und Arbeitern in Entscheidungsprozesse
wie Fairtrade. Die Umsetzung des Standards sollte streng kontrolliert werden.“
Der Textilstandard ist auch der erste Standard, der eine feste Zeitvorgabe für
das Erreichen existenzsichernder Löhne vorschreibt. „Die Löhne müssen
schrittweise erhöht werden. Ein existenzsicherndes Niveau muss innerhalb von
sechs Jahren erreicht werden“, so Dieter Overath, „nur dann darf das auch am
Endprodukt kommuniziert werden.“ Der Textilstandard stärkt die Position und
Rechte der Beschäftigten in den Fabriken und versetzt sie in die Lage, ihre
Arbeitsbedingungen eigenständig zu verhandeln. Dafür beinhaltet das Programm
unter anderem Schulungen zu Umweltmanagement, Gesundheits- und Arbeitssicherheit
oder Versammlungsfreiheit. Flocert,
die unabhängige Zertifizierungsorganisation von Fairtrade, wird die Audits in
den Textilbetrieben durchführen. Die Textilarbeiterinnen und -arbeiter sind
durch demokratisch gewählte Vertreter beteiligt, die die Belegschaft über die
Ergebnisse informieren.