Sonntag, 9. Oktober 2016

TransFair fordert: Mehr faire Textilien!



„Bei Kaffee, Bananen oder Rosen haben Verbraucher Fairtrade auf dem Radar“, sagte TransFair-Vorstandsvorsitzender Dieter Overath. „Bei Kleidung ist das noch anders: Hier steckt der faire Handel noch in den Kinderschuhen. Am Fashion Fairday wurde es aber deutlich: Faire Mode steht konventioneller an Style in nichts nach. Auch der Preis muss nicht deutlich höher sein, weil die Margen der Markeninhaber deutlich mehr ins Gewicht fallen als die Löhne der Arbeiterinnen. Deshalb fordern wir: mehr Fairness in die Lieferkette und damit mehr faire Mode in den deutschen Handel!“ Über 20.000 Menschen forderten von ihren Lieblingsmarken im Rahmen des Fashion Fairdays „Mein Lieblingsstück: Ich will’s fair“.

Mehr Rechte für Beschäftigte in der Bekleidungsindustrie

Nazma Akter arbeitete selbst als junges Mädchen in einer Textilfabrik. Heute setzt sie sich als Gewerkschafterin und mit ihrer Stiftung für bessere Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie ein. In Köln sagte die Arbeitsrechtlerin: „Benötigt werden existenzsichernde Löhne, anständige Lebensbedingungen, sichere Unterkünfte, Vereinigungsfreiheit, das Recht auf Tarifverhandlungen, mehr Problembewusstsein, Bildungsangebote für Kinder, Gesundheitsversorgung und bessere Ernährung. Wenn diese Rechte eingehalten würden, könnte das unsere Branche und die gesamte Arbeitskultur so sehr verbessern.“ Besonders Frauenrechte liegen ihr am Herzen. Die meisten Beschäftigten in den Textilfabriken sind weiblich: „Wir müssen das Denken von Marken, Kunden, Fabrikbesitzern und Konsumenten ändern, dass Frauen nicht billig sind, sondern Würde und Respekt verdienen.“

Es beginnt mit fairer Baumwolle

Um Fairness geht es auch für die Bauern, die den Rohstoff für viele unserer Kleider anbauen: Baumwolle. Durch den fairen Handel professionalisieren sich die Bauern in demokratischen Organisationen. Sie erhalten einen stabilen Mindestpreis für ihre Verkäufe über den fairen Handel und eine zusätzliche Prämie. „Durch den fairen Handel beteiligen sich die Bauern selbst aktiv an der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung“, erklärte Shailesh Patel, Projektmanager für Baumwolle für die Region Kutch in Nordindien.

Ansatz für konkrete Verbesserungen: Fairtrade-Textilstandard und -programm

Der im März dieses Jahres veröffentlichte Fairtrade-Textilstandard ist der erste seiner Art, der die gesamte Textillieferkette umfasst. Das zusätzliche Textilprogramm  unterstützt die Fabriken darin, konkrete Verbesserungsschritte im Sozial- und Umweltbereich zu gehen - in Zusammenarbeit mit den Beschäftigten. „Das ist eine wirklich gute Initiative“, meinte Nazma Akter. „Kein anderer Standard legt so hohen Wert auf die Einbeziehung von Arbeiterinnen und Arbeitern in Entscheidungsprozesse wie Fairtrade. Die Umsetzung des Standards sollte streng kontrolliert werden.“ Der Textilstandard ist auch der erste Standard, der eine feste Zeitvorgabe für das Erreichen existenzsichernder Löhne vorschreibt. „Die Löhne müssen schrittweise erhöht werden. Ein existenzsicherndes Niveau muss innerhalb von sechs Jahren erreicht werden“, so Dieter Overath, „nur dann darf das auch am Endprodukt kommuniziert werden.“ Der Textilstandard stärkt die Position und Rechte der Beschäftigten in den Fabriken und versetzt sie in die Lage, ihre Arbeitsbedingungen eigenständig zu verhandeln. Dafür beinhaltet das Programm unter anderem Schulungen zu Umweltmanagement, Gesundheits- und Arbeitssicherheit oder Versammlungsfreiheit.  Flocert, die unabhängige Zertifizierungsorganisation von Fairtrade, wird die Audits in den Textilbetrieben durchführen. Die Textilarbeiterinnen und -arbeiter sind durch demokratisch gewählte Vertreter beteiligt, die die Belegschaft über die Ergebnisse informieren.