Sonntag, 16. Oktober 2016

Landgrabbing-Bericht: Wieviel der weltweiten Ackerfläche gehört Investoren?



Rund zwei Prozent der weltweiten Agrarfläche (26,7 Millionen Hektar) ist heute im Besitz von Investoren – so viel wie die Fläche von Slowenien und Großbritannien zusammen. Wer wo investiert und welche Auswirkungen das hat, zeigt der neue Report der Landmatrix-Initiative.

Landgrabbing oder Landnahme ist auf dem Papier zunächst einfach nur ein Geschäft: Land wechselt den Besitzer. Doch in der Realität wird das oft zum Problem. Denn das Land wird bewohnt oder beackert und die Besitzverhältnisse sind oft nicht eindeutig. Hinzukommt, dass in der globalisierten Welt oft Investoren aus Ländern des globalen Nordens Flächen shoppen im globalen Süden – die „Deals“ spiegeln meist die bestehenden Machtverhältnis dann zu Ungunsten der Verkäufer wieder. Laut aktuellen Bericht der Landmatrix-Initiative (siehe unten*), gibt es diese „Land Deals“ weltweit. Am stärksten davon betroffen ist aber der Kontinent Afrika. Allein dort existieren 422 Abkommen über eine Gesamtfläche von rund zehn Millionen Hektar. In Asien sind 305 Abkommen abgeschlossen (über eine Fläche von 4,9 Millionen Hektar), in Osteuropa sind es 96 „Deals“ mit einem Umfang von fünf Millionen Hektar und in Lateinamerika 146 Abkommen, die 4,5 Millionen Hektar Land betreffen. Regionen in der tropischen Savanne und im tropischen Regenwald sind unter Investoren sehr beliebt, da sich dort Palmölplantagen anlegen lassen, die wegen ihrer hohen Produktivität sehr gefragt sind, heißt es in dem Bericht.

Auch Deutsche Unternehmen sind beteiligt

Die meisten Investoren kommen demnach aus Malaysia, den USA, Großbritannien, Singapur und Saudi-Arabien. Deutschland ist laut Landmatrix-Initiative an 26 Abkommen mit einer Gesamtfläche von rund 400.000 Hektar beteiligt. Hauptinvestoren sind private Unternehmen, börsennotierte Unternehmen und Investmentfonds. Die Abkommen betreffen überwiegend Regionen, die bereits zuvor landwirtschaftlich genutzt wurden – Konflikte mit der lokalen Bevölkerung sind dementsprechend wahrscheinlich. Theoretisch birgt der Flächenankauf durch ausländische Investoren die Chance auf Arbeitsplätze, den Zugang zu neuen Märkten im Ausland und den Ausbau von Infrastruktur.  In Ländern wie Russland, der Ukraine, Brasilien und Uruguay kommen diese Vorteile eher zum Tragen, sie sind nicht abhängig von der Landwirtschaft. In Ländern jedoch, in denen die Bevölkerung noch größtenteils von der Landwirtschaft lebt, bedeutet der Verkauf von Land das Wegfallen der Lebensgrundlage. Kleinbauern und Indigene sind besonders betroffen.

Kaum Arbeitsplätze durch Landgrabbing

Weil die Auswirkungen des „Landgrabbings“ abhängen von Länderstruktur und den spezifischen Deals sind, lassen sie sich nur schwer zu einer eindeutigen Aussage zusammenzufassen. Kerstin Nolte vom Forschungsinstitut GIGA, eine der Autorinnen des Berichtes, bilanziert die Ergebnisse so: „Wir beobachten, dass immer mehr Agrarflächen nicht nur den Besitzer gewechselt haben, sondern zunehmend aktiv bewirtschaftet und genutzt werden – zum Beispiel für den Anbau von Getreide, Ölpalmen und Zuckerrohr.“ Zu Beginn der Landnahme werde viel in Infrastrukturprojekte investiert – davon profitierten auch die Anwohner. Obwohl damit oft geworben werde, schafften die Investoren aber eher selten Arbeitsplätze, weil bei der Nutzung der gekauften Flächen meist nur sehr wenig menschliche Arbeit anfalle. Der Trend ist für Nolte klar: „Die Auswirkungen für die betroffenen Bevölkerungsgruppen vor Ort werden sich in den nächsten Jahren vermutlich weiter verschärfen.“

* Die Landmatrix-Initiative ist eine unabhängige Forschungsinitiative, die in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie etwa der EU-Kommission, der Gesellschaft für Entwicklung und Zusammenarbeit (GIZ) oder dem Hamburger Forschungsinstitut GIGA German Institue of Globale and Area Studies Daten zu großflächigem Landkauf erhebt und auswertet. Die Initiative hat sich zur Aufgabe gemacht, die verfügbaren Daten zu solchen „Landflächen-Deals“ auszuwerten und damit Licht in die Debatte rund um das globale Landgrabbing zu bringen.

Quelle: Greepeace