Rund zwei
Prozent der weltweiten Agrarfläche (26,7 Millionen Hektar) ist heute im Besitz
von Investoren – so viel wie die Fläche von Slowenien und Großbritannien zusammen.
Wer wo investiert und welche Auswirkungen das hat, zeigt der neue Report der Landmatrix-Initiative.
Landgrabbing oder Landnahme ist auf dem Papier
zunächst einfach nur ein Geschäft: Land wechselt den Besitzer. Doch in der
Realität wird das oft zum Problem. Denn das Land wird bewohnt
oder beackert und die Besitzverhältnisse sind oft nicht eindeutig.
Hinzukommt, dass in der globalisierten Welt oft Investoren aus Ländern des
globalen Nordens Flächen shoppen im globalen Süden – die „Deals“ spiegeln meist
die bestehenden Machtverhältnis dann zu Ungunsten der Verkäufer wieder. Laut
aktuellen Bericht der Landmatrix-Initiative (siehe unten*), gibt es diese
„Land Deals“ weltweit. Am stärksten davon betroffen ist aber der Kontinent
Afrika. Allein dort existieren 422 Abkommen über eine Gesamtfläche von rund
zehn Millionen Hektar. In Asien sind 305 Abkommen abgeschlossen (über eine
Fläche von 4,9 Millionen Hektar), in Osteuropa sind es 96 „Deals“ mit einem
Umfang von fünf Millionen Hektar und in Lateinamerika 146 Abkommen, die
4,5 Millionen Hektar Land betreffen. Regionen in der tropischen Savanne und im
tropischen Regenwald sind unter Investoren sehr beliebt, da sich dort Palmölplantagen
anlegen lassen, die wegen ihrer hohen Produktivität sehr gefragt sind, heißt es
in dem Bericht.
Auch Deutsche Unternehmen sind
beteiligt
Die meisten Investoren kommen demnach aus Malaysia,
den USA, Großbritannien, Singapur und Saudi-Arabien. Deutschland ist laut
Landmatrix-Initiative an 26 Abkommen mit einer Gesamtfläche von rund 400.000
Hektar beteiligt. Hauptinvestoren sind private Unternehmen, börsennotierte
Unternehmen und Investmentfonds. Die Abkommen betreffen überwiegend Regionen,
die bereits zuvor landwirtschaftlich genutzt wurden – Konflikte mit der lokalen
Bevölkerung sind dementsprechend wahrscheinlich. Theoretisch birgt der
Flächenankauf durch ausländische Investoren die Chance auf Arbeitsplätze,
den Zugang zu neuen Märkten im Ausland und den Ausbau von
Infrastruktur. In Ländern wie Russland, der Ukraine, Brasilien und
Uruguay kommen diese Vorteile eher zum Tragen, sie sind nicht abhängig von der
Landwirtschaft. In Ländern jedoch, in denen die Bevölkerung noch größtenteils
von der Landwirtschaft lebt, bedeutet der Verkauf von Land das Wegfallen der
Lebensgrundlage. Kleinbauern und Indigene sind besonders betroffen.
Kaum Arbeitsplätze durch
Landgrabbing
Weil die Auswirkungen des „Landgrabbings“ abhängen von
Länderstruktur und den spezifischen Deals sind, lassen sie sich nur schwer zu
einer eindeutigen Aussage zusammenzufassen. Kerstin Nolte vom
Forschungsinstitut GIGA, eine der Autorinnen des Berichtes, bilanziert die
Ergebnisse so: „Wir beobachten, dass immer mehr Agrarflächen nicht nur den
Besitzer gewechselt haben, sondern zunehmend aktiv bewirtschaftet und genutzt
werden – zum Beispiel für den Anbau von Getreide, Ölpalmen und
Zuckerrohr.“ Zu Beginn der Landnahme werde viel in
Infrastrukturprojekte investiert – davon profitierten auch die Anwohner.
Obwohl damit oft geworben werde, schafften die Investoren aber eher selten Arbeitsplätze,
weil bei der Nutzung der gekauften Flächen meist nur sehr wenig
menschliche Arbeit anfalle. Der Trend ist für Nolte klar: „Die Auswirkungen für
die betroffenen Bevölkerungsgruppen vor Ort werden sich in den nächsten Jahren
vermutlich weiter verschärfen.“
* Die Landmatrix-Initiative ist eine unabhängige
Forschungsinitiative, die in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen
wie etwa der EU-Kommission, der Gesellschaft für Entwicklung und Zusammenarbeit
(GIZ) oder dem Hamburger Forschungsinstitut GIGA German Institue of Globale and
Area Studies Daten zu großflächigem Landkauf erhebt und auswertet. Die
Initiative hat sich zur Aufgabe gemacht, die verfügbaren Daten zu solchen
„Landflächen-Deals“ auszuwerten und damit Licht in die Debatte rund um das
globale Landgrabbing zu bringen.
Quelle:
Greepeace