Neue Studie zur Nachhaltigkeit im Kaffeesektor zeigt große Ungleichgewichte auf
Weltweit
werden mehr als zwei Milliarden Tassen Kaffee täglich getrunken, was einem
Umsatz von rund 200 Milliarden Dollar pro Jahr entspricht. Der größte Anteil
des Kaffeekonsums entfällt auf Europa, die Vereinigten Staaten und Brasilien
und zunehmend auch auf Asien. „Von diesem lukrativen Markt profitieren jedoch
hauptsächlich die großen Röster und Kaffeehändler. Die Kaffeebäuerinnen und
-bauern müssen sich nicht selten mit Einkommen unter dem Produktionsniveau
begnügen", konstatiert Andrea Fütterer, Vorsitzende des Forum Fairer
Handel und Leiterin der Grundsatzabteilung der GEPA – The Fair Trade Company.
Die Staatshaushalte der Erzeugerländer werden zusätzlich mit den
gesellschaftlichen und ökologischen Folgekosten des Kaffeeanbaus belastet. Dazu
zählen beispielsweise Kosten für die Behandlung von Erkrankungen durch den
Einsatz von Pestiziden oder Wasserverschmutzung durch Düngemittel.
Kaffeemarkt in der Schieflage
Die
Zahlen für den deutschen Markt verdeutlichen die Schieflage aus Sicht der
Produzenten: Inflationsbereinigt sind die Einnahmen in den Produktionsländern
zwischen 1994 und 2017 um rund zehn Prozent gesunken. Dagegen ist die
Wertschöpfung bei Röstern und Händlern in Deutschland im gleichen Zeitraum um
215 Prozent, von 2,28 Milliarden Euro auf 4,9 Milliarden Euro pro Jahr
gestiegen. „Wenn wir auch zukünftig täglich Kaffee genießen möchten, müssen die
Bedingungen für die Kaffeebäuerinnen und -bauern dringend verbessert
werden", mahnt Dieter Overath, Geschäftsführender Vorstandsvorsitzender bei
TransFair, auch mit Blick auf die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf
den Kaffeeanbau. „Diese Studie verheißt dem konventionellen Kaffeesektor
schwere Zeiten, wenn nicht in die Nachhaltigkeit des Anbaus investiert
wird", ermahnt Overath die großen Player auf dem Kaffeemarkt. Schon heute
sind Kaffeebäuerinnen und –bauern beispielsweise von Mangelernährung betroffen.
Auch Migration und Drogenhandel sind Folgen von sinkenden Einkommen. Zugleich
führen die Ausweitung und Modernisierung des Kaffeeanbaus zur Entwaldung und
einer Ausweitung der Nutzung von chemischen Düngemitteln. All jene
Entwicklungen werden durch den fortschreitenden Klimawandel weiter potenziert.
Der Faire Handel verbessert die
Lebensbedingungen der Kaffeeproduzenten
Die
Fallbeispiele zum Kaffeeanbau in Kolumbien, Peru und Äthiopien zeigen, dass der
Faire Handel die Lebensbedingungen der Produzenten verbessert, indem er die
Organisationsfähigkeit der Bäuerinnen und Bauern stärkt, die Preisschwankungen
am Weltmarkt durch den Mindestpreis abfedert und die Kooperativen zusätzlich
von Prämien für Fairen Handel und ökologischen Anbau profitieren. Insbesondere
die Kombination aus biologischem Anbau und Fairem Handel wird als besonders
wirksam hervorgehoben. In Deutschland sind bereits 78 Prozent des fair
gehandelten Kaffees in Deutschland auch bio-zertifiziert.Der Marktanteil fair
gehandelten Kaffees wächst in Deutschland stetig, liegt jedoch noch immer nur
bei 4,8 Prozent. Diese Zahl verdeutlicht, dass der Faire Handel die
Ungerechtigkeit des Kaffeemarktes auch perspektivisch nicht alleine beheben
kann. Die gegenwärtige Machtverteilung entlang der konventionellen Lieferkette
begünstigt die ungleiche Wertschöpfung massiv. „Deswegen setzen wir uns in
Deutschland für die Abschaffung der Kaffeesteuer für fair gehandelten Kaffee
ein", erklärt Dieter Overath mit Blick auf die Bundesregierung. Doch damit
möglichst viele Kaffeebäuerinnen und -bauern bessere Bedingungen erhalten,
braucht es zudem übergreifende gesetzliche Regelungen. „Aus diesem Grund plädieren
wir für eine gesetzliche unternehmerische Sorgfaltspflicht entlang der
Lieferketten. Die Unternehmen müssen dafür Verantwortung übernehmen, dass ihre
Produkte unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt werden", erklärt
Andrea Fütterer. Darüber hinaus ist es im Fairen Handel ein Anliegen, die
Wertschöpfung vor Ort noch einmal besonders zu erhöhen. Teils schon seit Jahren
gibt es Kaffees, die in den Herkunftsländern weiterverarbeitet werden – zum
Beispiel dort geröstet und verpackt oder als Instantkaffee produziert werden.
Quelle:
Forum Fairer Handel