Deutschland ist
Fruchtsaft-Weltmeister und größter Abnehmer von Orangensaft aus Brasilien. Die
jetzt veröffentlichte Studie der Christlichen Initiative Romero e.V. und GLOBAL
2000 stellt die gesamte Orangensaft-Lieferkette von den Plantagen Brasiliens
bis in die deutschen Supermärkte dar. Sie deckt prekäre Arbeitsbedingungen auf
und liefert neue Erkenntnisse über die verheerenden Umweltauswirkungen der Orangensaft-Produktion."Für
knapp zehn Euro Tageslohn müssen die Arbeiter ungefähr 1,5 Tonnen Orangen
täglich ernten. Der Sonne sind sie ungeschützt ausgesetzt, wenn sie die
wackligen Holzleitern mit bis zu 30 Kilogramm schweren Säcken hoch und runter steigen",
fasst Sandra Dusch Silva von der
Christlichen Initiative Romero (CIR) die Ergebnisse der Studie zu den Arbeitsbedingungen in Brasilien
zusammen. "Die von wenigen internationalen Konzernen dominierte
brasilianische Landwirtschaft ist extrem Pestizid-intensiv. In der Orangenproduktion
werden dabei die größten Mengen Pestizide pro Hektar verbraucht", ergänzt
Martin Wildenberg, Umweltexperte der österreichischen Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000. "Dabei ist auch ein
völliger Verzicht auf Pestizide im Orangenanbau möglich - wie bio-zertifizierte
Betriebe überall auf der Welt beweisen." Die Recherchen fanden im Rahmen
der von der Europäischen Union geförderten
Kampagne SUPPLY CHA!NGE statt. Gleichzeitig zur Veröffentlichung der
Studie startet das Kampagnenbündnis eine europaweite Petition, die europäische Supermärkte
auffordert, für ihre Eigenmarken soziale und ökologische Standards zu implementieren.
Machtkonzentration in
Handel und Verarbeitung
Bereits im Jahr 2013 hatte die
CIR, damals gemeinsam mit der
Gewerkschaft VER.DI, eine Studie zu den Arbeitsbedingungen in der brasilianischen
Orangensaft-Produktion vorgelegt. Im Jahr 2014 erschien zudem ein Videoclip, der auf humorige Art ein Licht auf
die zumeist noch unbekannte Seite von Brasilien als Marktführer in der Produktion
von Orangensaft wirft. Das Urteil über die Entwicklungen der Branche von
Studienleiterin Sandra Dusch ist eindeutig: "Trotz enormer Gewinne der brasilianischen
Exportunternehmen und europäischer Handelsketten werden Plantagenarbeiterinnen
und -arbeiter zu Bedingungen beschäftigt, die sich nur noch als moderne
Sklavenarbeit bezeichnen lassen." Die Orangensaft-Industrie ist - in
Brasilien wie in Deutschland - von einer enormen Konzernkonzentration
gekennzeichnet. Obwohl die Hälfte des weltweit konsumierten Orangensaftes aus
Brasilien stammt, betreiben aufgrund von Wettbewerbsverdrängung lediglich drei
Großkonzerne Orangenanbau und Konzentrat-Gewinnung. Auch am Ende der Lieferkette
stehen immer weniger Handelskonzerne, die in Deutschland Lebensmittel anbieten.
Edeka, Rewe, Lidl/Kaufland und Aldi vereinigen 85 Prozent Marktanteil auf sich
und diktieren damit indirekt die Arbeitsbedingungen von Millionen Beschäftigten.
Dabei ist die Produktion und der Verkauf von Eigenmarken eine zentrale
Strategie der europäischen Handelsunternehmen: Anstatt Produkte eigenständiger
Marken zu handeln, stellen Supermärkte verstärkt ihre eigenen Produkte her. In
Europa werden 66 Prozent des Orangensaftes als Eigenmarken der Supermärkte und
Discounter verkauft.
Quelle: UD/na