Montag, 9. Januar 2023

Direct Trade – wer braucht schon Zwischenhandel?

Der größte Batzen des Endpreises eines Produkts landet bei den großen Handelsketten – bei Lebensmitteln genauso wie bei Kleidung. Die Produzenten – darunter Kleinbauern, Migranten, Wanderarbeiter – werden mit wenigen Prozent abgespeist. Sie sind die schwächsten Glieder der Lieferkette. Doch das digitale Zeitalter hat nicht nur Produktion, Logistik und Vertrieb perfektioniert. Es gibt auch kleinen Produzenten, Verarbeitern und Verbrauchern die Gelegenheit, in direkten Kontakt miteinander treten. Dank des Internets können beispielsweise kleine Röstereien oder gemeinnützige Vereine ihren Kaffee direkt vom Kaffeebauer ihres Vertrauens beziehen. Das durch den Wegfall der Margen für den Zwischen-, aber auch den Einzelhandel gesparte Geld kann den Kaffeebauern einen höheren Erlös bringen. 

Dieses Prinzip setzen beispielsweise Kooperativen ohne Grenzen, die Mittelamerika Kaffee Im- und Export GmbH (Mitka), Café Chavalo oder Teikei erfolgreich um. Dank direkter Handelsbeziehungen kann auch BanaFair seinen Bananenbauern nicht nur deutlich höhere Preise zahlen als große Fruchthändler, sondern auch noch eine Prämie für Entwicklungsprojekte und Gewerkschaftsarbeit draufpacken. Direct Trade gibt es auch innerhalb Europas. So gelangen mit der Initiative Lebensmittelkampagne Olivenöl im Pfandbehälter, Antipasti und Seifen aus Griechenland direkt zum Verbraucher nach Deutschland. Aus Süditalien kommen ausbeutungs- und mafiafreie Tomatenprodukte und Zitrusfrüchte von NoCap zu uns. Und bei CrowdFarming können Verbraucher Orangen, Avocados, Mandeln oder Mangos direkt vom Produzenten aus Spanien bestellen – oder sie adoptieren gleich einen ganzen Baum. 

Der Traum der Macher, nämlich die Beziehung zwischen Produzenten und Verbrauchern radikal zu verändern, sie direkter, transparenter und effizienter zu gestalten, trägt erste Früchte. Was zählt, ist nicht nur ein fairer Preis, sondern auch soziale und ökologische Fragen, »damit das Gute, das ein Unternehmen für die Gesellschaft schaffen kann, in vollem Umfang zur Geltung kommt«, heißt es bei Crowdfarming.

Quelle: Dieser Text stammt aus dem Buch „Der Mächtigen Zähmung“ und wurde uns vom Autor Frank Herrmann zur Verfügung gestellt