Die Textilindustrie ist nicht gerade für ihre fairen Arbeitsbedingungen bekannt. Viele Arbeiter in den Textilfabriken können trotz zwölf Stunden Arbeit am Tag ihre Existenz und die ihrer Familien nicht gewährleisten. Eine Veränderung ist dringend notwendig. Doch wer setzt sich für Existenzlöhne ein? Und wer nicht? Eine App beantwortet diese Fragen übersichtlich.
Immer schneller, immer mehr und immer billiger – das
Motto unseres kapitalistischen Systems lässt Unternehmen buchstäblich um die
Wette produzieren. Das gilt insbesondere für die weltweite Modeindustrie. Der
Konkurrenzkampf in der Branche wird dabei auf dem Rücken der Entwicklungsländer
wie Kambodscha, Bangladesh und Vietnam ausgetragen. Den einzigen Vorteil, den
sich die dortigen Unternehmen verschaffen können, sind niedrige Löhne und
Produktionskosten. Meist sind es Frauen, die für gerade einmal ein bis zwei
Euro pro Tag arbeiten. Trotz Überstunden und unmenschlichen Arbeitsverhältnissen
können sie damit nicht ihre Existenz, geschweige denn die ihrer Familie
sichern. Doch genau das sollte ein Lohn den Arbeitern bieten – dafür setzt sich
die Fair-Fashion-Bewegung ein. Mit fairen Löhnen, naturschonender Produktion
und dem Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit bieten die Modelabels der Bewegung eine
gute Alternative. So lobenswert diese Entwicklung ist, Fair Fashion
ist weiterhin nur eine Nische – große Modeunternehmen dominieren weiterhin den
Markt.
Die App „Fair Fashion?“
Nur welche der großen Marken bezahlen wenigstens
Existenzlöhne – also das absolute Minimum, das Menschen zum Überleben brauchen?
Genau darüber soll die App „Fair Fashion?“ den Konsumenten einen Überblick
geben. Die App basiert auf einer Umfrage der Clean Clothes Campaign (CCC) unter unterschiedlichen Marken –
mit dabei sind zum beispiel H&M, Decathlon, Gucci oder Aldi. 100 Modelabels
beantworteten Fragen, wie sie ihre Arbeiter stärken und mit ihnen zusammenarbeiten.
Die wichtigste Frage jedoch: Gibt es Strategien zur Umsetzung eines
Existenzlohnes? Die App stellt eine gute Übersicht über die Antworten der
Modelabels dar – und ergänzt die Selbstauskünfte um fachliche Einschätzungen
von CCC sowie deren Ableger „Erklärung von Bern“. Beide setzen sich seit fast
30 Jahren für Verbesserungen in der Textilindustrie ein. Übersichtlich wird es
dann durch eine Skala, die das Engagement zwischen einem lila „ungenügend“ bis
zum grünen „gut“ bewertet. Nicht viele Unternehmen schneiden dabei wirklich gut
ab – keine Marke landet im grünen Bereich. Lediglich Zara, Bershka und Massimo
Dutti befinden sich im gelben Mittelfeld, da sie sich „auf dem Weg“ befinden.
Hier wurden schon erste konkrete Schritte hin zu einer faireren Bezahlung
eingeleitet, es muss jedoch noch einiges getan werden. Die App stärkt bei jedem
Kunden das Bewusstsein für den dringend nötigen Wandel. Neben einer
nachhaltigen Shopping-Beratung kann man durch ein Kontaktformular mit der
jeweiligen Marke einen Dialog starten. Denn wenn die Unternehmen nicht von sich
aus existenzsichernde Löhne zahlen, liegt es letztlich auch an den Konsumenten,
entsprechenden Druck aufzubauen – oder die Marken sogar ganz zu boykottieren.
Die App „Fair Fashion?“ gibt es
kostenlos für iOS im App Store sowie für Android im Google Play Store.
Quelle: enorm-magazin.de / Giersdorf