Der Faire Handel trägt nicht nur
dazu bei, die Lebens- und Arbeitsbedingungen in Ländern Afrikas, Asiens und
Lateinamerikas zu verbessern. Er zielt auch auf ein verändertes Bewusstsein und
Verhalten in der deutschen Gesellschaft. Der Faire Handel hat bewirkt, dass
immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland die
Produktionsbedingungen in den Herkunftsländern in ihre Kaufentscheidung
einbeziehen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie im Auftrag von
TransFair, Engagement Global, Brot für die Welt, Forum Fairer Handel und
MISEREOR. Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller nahm die Studie
"Verändert der Faire Handel die Gesellschaft?" zum Auftakt der Internationalen
Grünen Woche entgegen. In der Studie wurde erstmalig wissenschaftlich
analysiert, ob und in welchem Maße der Faire Handel in den letzten 15 Jahren
die deutsche Gesellschaft beeinflusst und verändert hat. Die Ergebnisse zeigen:
In allen untersuchten Bereichen – bei Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Politik
und privatem Konsum – gibt es einen Trend hin zu verändertem Bewusstsein und
Verhalten. Der Faire Handel hat mit intensiver Bildungs- und
Öffentlichkeitsarbeit dazu beigetragen.
Studie belegt Wirksamkeit des Fairen Handels
Die wohl sichtbarste Veränderung ist die deutlich
vergrößerte Palette und Verfügbarkeit fair gehandelter Produkte. Diese sind
heute nicht nur in Weltläden, sondern auch in fast jedem Supermarkt, vielen
Fachgeschäften sowie in der Gastronomie erhältlich. Somit können
Verbraucherinnen und Verbraucher über einen nachhaltigen Konsum Politik mit dem
Einkaufswagen betreiben. Auf politischer Ebene werden Einkaufspraktiken unter
dem Stichwort Faire Beschaffung diskutiert, in der Wirtschaft wird der Faire
Handel im Rahmen der Unternehmensverantwortung und des Rohstoffbezugs
bedeutender. Als größter Erfolgsfaktor des Fairen Handels hat sich laut Studie
das Konzept selbst erwiesen: Der Faire Handel macht komplexe globale
Problemzusammenhänge verständlich und liefert konkrete Lösungsansätze. Fairer
Handel ist daher heute fester Bestandteil der Bildungsarbeit, beispielsweise in
Schulen, und hat unzählige ehrenamtliche Unterstützerinnen und Unterstützer.
"Fairer Handel begeistert nach wie vor. Er ist der lebendige Beweis dafür,
dass der weltweite Handel gerechter und menschlicher gestaltet werden kann. Die
kirchlichen Hilfswerke zählen zu den Pionieren des Fairen Handels und werden
sich auch weiterhin für seine Anliegen engagieren", so Dr. Klaus Seitz,
Leiter der Abteilung Politik bei Brot für die Welt.
Nach wie vor großes Veränderungspotential
Die Studie zeigt aber auch Grenzen des Fairen Handels
auf und bescheinigt ihm weiterhin ein großes Potenzial für gesellschaftliche
Veränderungen. "Fairer Handel soll nicht nur Vorbildfunktion haben,
sondern die Regel sein. Im deutschen Lebensmitteleinzelhandel die Prinzipien
des Fairen Handels flächendeckend umzusetzen, unfaire Handelspraktiken zu
beseitigen, und Menschenrechte entlang der Lieferketten durchzusetzen, bleiben
eine Herausforderung", erklärt Dieter Overath, Vorstandsvorsitzender von
TransFair. Vor allem auf dem politischen Parkett – auf nationaler wie
internationaler Ebene – sollten die Themen "Gerechterer Welthandel",
"Nachhaltigere Entwicklung" und "Nachhaltigerer Konsum"
stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. "Die faire öffentliche
Beschaffung gewinnt an Bedeutung und ist ein konkreter Beitrag vieler Kommunen
und Verwaltungen zur Umsetzung des Ziels zwölf der UN-Nachhaltigkeitsziele
(SDGs) zum Themenfeld „Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster". Dieses
Bewusstsein für die globale nachhaltige Entwicklung ist aber noch lange nicht
bei allen Beschaffungsstellen angekommen", sagt Dr. Jens Kreuter, Geschäftsführer
von Engagement Global. Trotz einer wachsenden Unterstützung des Fairen Handels
durch die Politik, hat es im Untersuchungszeitraum laut der Studie keine
substanziellen Veränderungen der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen gegeben,
wie sie von der Fair-Handels-Bewegung angestrebt werden. "Der Faire Handel
muss den gesellschaftlichen Schulterschluss mit gleichgesinnten
zivilgesellschaftlichen Akteuren verstärken, um die politische Forderung der
Bewegung nach einem gerechteren Welthandel voranzubringen", so Andrea
Fütterer, Vorstandsvorsitzende des Forum Fairer Handel.
Die Studie
wurde vom CEval Institut Saarbrücken durchgeführt und finanziell durch die
Friedrich-Ebert-Stiftung unterstützt.