Sonntag, 20. Dezember 2020

Geringverdiener reduzieren Emissionen, Reiche steigern den C02-Ausstoß

Die gesamte CO2-Einsparleistung in der EU zwischen 1990 und 2015 ist Bürgerinnen und Bürgern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen zuzuordnen. Die reichsten zehn Prozent der Europäerinnen und Europäer hingegen haben ihren C02-Ausstoß gesteigert. Das geht aus dem Bericht „Confronting Carbon Inequality in the European Union" von Oxfam hervor. Rund ein Drittel (32 Prozent) dieser Emissionen der reichsten EU-Bürgerinnen und -Bürger gehen auf das Konto von deutschen Gutverdienerinnen und -verdienern. Mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen zu den EU-Klimazielen und des Green Deal-Gesetzespakets zur Bewältigung der COVID-19-Krise fordert Oxfam, den Fokus auf Klimaschutz und die Bekämpfung der wachsenden Ungleichheit zu legen. In Zusammenarbeit mit dem Stockholme Environment Institute (SEI) hat Oxfam die konsumbedingten Emissionen verschiedener Einkommensgruppen zwischen 1990 und 2015 untersucht. In diesem Zeitraum sind die klimaschädlichen Emissionen in der EU insgesamt um zwölf Prozent gesunken, die ökonomische Ungleichheit in der EU ist jedoch gestiegen. Der Bericht zeigt:

  • Die ärmste Hälfte der EU-Bürgerinnen und -Brüger reduzierte ihre Emissionen um fast ein Viertel (24 Prozent), die Bürgerinnen und Bürger mit mittlerem Einkommen um 13 Prozent. Im Gegensatz dazu stiegen die Emissionen der reichsten zehn Prozent der Europäerinnen und Eurpäer um drei Prozent. Das reichste Prozent der Bürgerinnen und Bürger erhöhte seine Emissionen gar um fünf Prozent.
  • Insgesamt waren die reichsten zehn Prozent der EU-Bürgerinnen und -Bürger für genauso viele Emissionen verantwortlich wie die ärmere Hälfte der EU-Bevölkerung – jeweils 27 Prozent der gesamten EU-Emissionen. Die Europäerinnen und Europäer mit mittlerem Einkommen waren für 46 Prozent der Emissionen verantwortlich.
  • Auch die Ungleichheit zwischen Mitgliedstaaten ist groß: So sind die reichsten zehn Prozent der Menschen in Deutschland, Spanien, Italien und Frankreich für ebenso viele Emissionen verantwortlich wie die gesamte Bevölkerung von 16 EU-Staaten zusammen. Andererseits verursachten beispielsweise die reichsten zehn Prozent der Polinnen und Polen (circa 3,8 Millionen Menschen) mehr Emissionen als die gesamte Bevölkerung Schwedens (circa 9,8 Millionen Menschen) oder Ungarns (circa 9,9 Millionen Menschen). Dies ist der exzessiven Nutzung von Kohleenergie und der Ungleichheit in Polen geschuldet.
  • Die reichsten zehn Prozent (circa 8.3 Millionen) der Deutschen allein waren im Jahr 2015 für sieben Prozent der EU-Emissionen verantwortlich. Das ist mehr als Staaten wie Luxemburg, Litauen, Kroatien, Slowenien, Estland, Lettland, Zypern oder Malta insgesamt emittieren.

Jeder muss einen fairen Beitrag leisten

„Es kann nicht sein, dass sich Gutverdienerinnen und Gutverdiener in Deutschland und Europa einen Lebensstil auf Kosten des Klimas leisten, während die Emissionsreduzierung der letzten Jahrzehnte auf das Konto der Gering- und Durchschnittsverdienerinnen und -verdiener in Europa geht. Diese Ungerechtigkeit hat schon heute schwerwiegende Folgen, vor allem in Ländern des Globalen Südens, wo die Klimakrise Menschen in Armut mit voller Wucht trifft und ihnen die Lebensgrundlagen raubt. Weit tiefere Einschnitte bei den Emissionen sind nötig, um die Klimaziele der nächsten Dekade zu erreichen. Dazu muss jede und jeder einen fairen Beitrag leisten", sagt Mira Alestig, Forschungsleiterin bei Oxfam und eine der Autorinnen des Berichts. Um die Erderhitzung unter 1,5 Grad zu halten, so Oxfams Kalkulation, müssten die reichsten zehn Prozent der EU ihre durchschnittlichen Pro-Kopf-Emissionen bis 2030 auf ein Zehntel des bisherigen Werts senken. Ein ehrgeiziges Klimaziel für 2030 auf EU-Ebene in Verbindung mit einem fairen europäischen Green Deal würde Europa dabei helfen, aus der COVID-19-Krise mit stärkeren und nachhaltigeren Volkswirtschaften hervorzugehen, die für alle Europäer funktionieren. Alestig weiter: „Die Ergebnisse des Berichts sprechen eine deutliche Sprache: Die Ungleichheit in Europa und der exzessive CO2-Verbrauch der Reichen müssen zusammen angegangen werden. Nur so können wir eine faire und nachhaltige Erholung der Wirtschaft nach der COVID-19-Pandemie sicherstellen, die Klimaziele erreichen und eine Gesellschaft aufbauen, die sich nicht in ökonomische Gewinner und Verlierer aufteilt." Auf Ebene der Mitgliedstaaten wie Deutschland sollten Regierungen eine Reihe weiterer Maßnahmen ergreifen. Ein wichtiger Hebel ist der Verkehr, denn Flugreisen und Autofahrten sind für den Großteil der Emissionen durch Europäerinnen und Europäer mit dem größten CO2-Fußabdruck verantwortlich. Sie machen rund 30 bis 40 Prozent aus und sind in fast allen europäischen Ländern – darunter auch Deutschland – seit 1990 drastisch gestiegen. Steuern auf klimaschädliche SUVs und auf häufiges Fliegen wären ein erster Schritt. Die Einnahmen müssen Regierungen in klimaeffiziente Mobilität, in öffentliche Infrastruktur und Dienste sowie in soziale Sicherung investieren.

Quelle: UD/pm