Es braucht stets nur ein paar Zahlen, um zu
verdeutlichen, wie die Bewohner der westlichen Industriestaaten den
ökologischen Kollaps wesentlich mitverantworten: Durchschnittlich alle 5,3 Tage kaufen wir uns
ein neues Kleidungsstück. 2000 Liter Wasser schluckt die Herstellung eines
T-Shirts, 8000 Liter braucht es für ein paar Lederschuhe. Schätzungsweise rund
eine Milliarde unbenutzte, aber funktionsfähige Computer, Fernseher oder Handys
stapeln sich in unseren Haushalten. Unsere Kühlschränke mögen zwar
energieeffizienter werden, dafür haben zumindest immer mehr US-amerikanische
Haushalte zwei davon in ihrer Küche stehen. Kurzum: Wir stoßen mehr CO2 in die
Atmosphäre als Ozeane und Wälder absorbieren, wir fischen schneller, als sich
die Fischbestände erholen und wir fällen Bäume schneller, als sie nachwachsen.
Die Erde ist erschöpft
An welchem Tag genau die Menschheit alle Ressourcen
aufgebraucht hat, die der Planet innerhalb eines Jahres regenerieren kann,
errechnet alljährlich die Nichtregierungsorganisation "Global Footprint Network" (GFN) . In diesem
Jahr fällt der sogenannte "World Overshoot Day" auf den 8. August.
Anfang des Jahrtausends war es noch der 1. Oktober, 2014 schon der 13. August.
Somit brauchen wir das Budget der Erde jedes Jahr ein bisschen früher aus. Für
die Berechnungen zieht die Organisation den "Ökologischen Fußabdruck"
heran, eine Art Buchhaltungsmethode zur Messung unserer Ressourcenabhängigkeit.
Entwickelt wurde das Konzept 1994 von dem Ingenieur und Nachhaltigkeitsexperten
Matthis Wackernagel zusammen mit seinem US-amerikanischen Kollegen William
Rees. Wackernagel ist auch Gründer des GFN.
Ressourcennachfrage größer als das Angebot
Auf der Angebotsseite wird gemessen, welche Flächen
der Planet hat, sprich Wälder, Felder, Seen, Meere, Wüsten, Weiden, Steppen,
Straßen und Städte. Dabei wird auch die unterschiedliche "biologische
Produktivität" der Erdoberfläche berücksichtigt. Das Ergebnis entspricht
der Biokapazität der Erde. Auf der Nachfrageseite wird berechnet, wie viel
Biokapazität die Menschen nutzen. Ob nun Energiegewinnung, Bauland, Viehzucht,
jedes Wirtschaften beansprucht Fläche. Abfälle und Abgase muss die Umwelt
ebenfalls verarbeiten. Auch der CO2-Fußabdruck fließt in die Bewertung mit ein
– er ist inzwischen der größte Faktor im gesamten ökologischen Fußabdruck. Die
Einheit in diesem Buchhaltungssystem ist die biologisch produktive Fläche –
dargestellt in der Maßeinheit "globale Hektar" (gha). Für einen
Großteil der Länder und Regionen kann ein ökologischer Fußabdruck von 1961 bis
heute nachgezeichnet werden.
Würden alle leben wie in Deutschland, bräuchte es drei
Erden
Heruntergebrochen auf Länder zeigt sich, dass
wohlhabende Länder und eng besiedelte Industrienationen wie die USA oder
Deutschland ihr ökologisches Budget viel früher aufbrauchen als die meisten
Entwicklungsländer oder auch die Staaten mit niedriger Bevölkerungsdichte wie
Kanada. 1,6 Erden bräuchte die
Weltbevölkerung derzeit, um den weltweiten Bedarf an Rohstoffen, Ackerland,
Wasser und Wäldern nachhaltig zu decken. "Würden alle Länder weltweit so
wirtschaften wie Deutschland, wären sogar 3,1 Erden notwendig", bewertet
Julia Otten von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch die
Berechnungen des GFN.
Kritische Grenze in den 70er Jahre überschritten
In Deutschland wird die Erde vor allem durch die hohen
CO2-Emissionen in den Bereichen Energie, Verkehr und industrielle
Landwirtschaft sowie durch den sehr hohen Flächenanspruch – insbesondere für
die Fleischproduktion – überlastet. Schon immer haben die Menschen natürliche
Ressourcen verbraucht, um Städte und Straßen zu bauen, um Nahrungsmittel zu
gewinnen oder andere Produkte herzustellen. Mitte der 1970er Jahre hat nach
Darstellung des GFN die Menschheit eine kritische Grenze überschritten: Die
Nachfrage an natürlichen Ressourcen habe die globale Kapazität zur Reproduktion
und zum Angebot neuer Ressourcen überstiegen.
Lösungen durch grüne Technologien?
Global Footprint Network-Gründer Mathis Wackernagel
möchte nicht Verzicht predigen. Aus seiner Sicht gehe es darum, eine Wirtschaft
zu bauen, die ökologisch funktioniert. Das brauche unter anderem erneuerbare
Energie und intelligente Stromnetze: "Grüne Technologien erleichtern eine
nachhaltige Lebensweise. Zudem bringen sie unserer Wirtschaft Vorteile, wie
neue Arbeitsplätze, und mehr Lebensqualität in den Städten. Das einzige, von
dem es noch mehr braucht, ist politischer Wille", so Wackernagel. Das GFN
verweist beispielsweise auf Costa Rica. Das südamerikanische Land konnte in den
ersten drei Monaten dieses Jahres knapp 100 Prozent seines
Elektrizitätsverbrauchs aus erneuerbaren Quellen decken. Letztendlich weiß man
aber auch beim GFN, dass jeder einzelne mithelfen muss, Ressourcen zu schonen.
Unter dem Hashtag #pledgefortheplanet lädt das Netzwerk deshalb Menschen
weltweit in den sozialen Medien dazu ein, ihre Ideen mitzuteilen, wie es sich
auch innerhalb der Grenzen unseren Planeten gut leben lässt.
Quelle: Wiwo