Montag, 15. August 2016

Ressourcen aufgebraucht: Earth Overshoot Day




Es braucht stets nur ein paar Zahlen, um zu verdeutlichen, wie die Bewohner der westlichen Industriestaaten den ökologischen Kollaps wesentlich mitverantworten:  Durchschnittlich alle 5,3 Tage kaufen wir uns ein neues Kleidungsstück. 2000 Liter Wasser schluckt die Herstellung eines T-Shirts, 8000 Liter braucht es für ein paar Lederschuhe. Schätzungsweise rund eine Milliarde unbenutzte, aber funktionsfähige Computer, Fernseher oder Handys stapeln sich in unseren Haushalten. Unsere Kühlschränke mögen zwar energieeffizienter werden, dafür haben zumindest immer mehr US-amerikanische Haushalte zwei davon in ihrer Küche stehen. Kurzum: Wir stoßen mehr CO2 in die Atmosphäre als Ozeane und Wälder absorbieren, wir fischen schneller, als sich die Fischbestände erholen und wir fällen Bäume schneller, als sie nachwachsen.
 
Die Erde ist erschöpft

An welchem Tag genau die Menschheit alle Ressourcen aufgebraucht hat, die der Planet innerhalb eines Jahres regenerieren kann, errechnet alljährlich die Nichtregierungsorganisation "Global Footprint Network" (GFN) . In diesem Jahr fällt der sogenannte "World Overshoot Day" auf den 8. August. Anfang des Jahrtausends war es noch der 1. Oktober, 2014 schon der 13. August. Somit brauchen wir das Budget der Erde jedes Jahr ein bisschen früher aus. Für die Berechnungen zieht die Organisation den "Ökologischen Fußabdruck" heran, eine Art Buchhaltungsmethode zur Messung unserer Ressourcenabhängigkeit. Entwickelt wurde das Konzept 1994 von dem Ingenieur und Nachhaltigkeitsexperten Matthis Wackernagel zusammen mit seinem US-amerikanischen Kollegen William Rees. Wackernagel ist auch Gründer des GFN.

Ressourcennachfrage größer als das Angebot

Auf der Angebotsseite wird gemessen, welche Flächen der Planet hat, sprich Wälder, Felder, Seen, Meere, Wüsten, Weiden, Steppen, Straßen und Städte. Dabei wird auch die unterschiedliche "biologische Produktivität" der Erdoberfläche berücksichtigt. Das Ergebnis entspricht der Biokapazität der Erde. Auf der Nachfrageseite wird berechnet, wie viel Biokapazität die Menschen nutzen. Ob nun Energiegewinnung, Bauland, Viehzucht, jedes Wirtschaften beansprucht Fläche. Abfälle und Abgase muss die Umwelt ebenfalls verarbeiten. Auch der CO2-Fußabdruck fließt in die Bewertung mit ein – er ist inzwischen der größte Faktor im gesamten ökologischen Fußabdruck. Die Einheit in diesem Buchhaltungssystem ist die biologisch produktive Fläche – dargestellt in der Maßeinheit "globale Hektar" (gha). Für einen Großteil der Länder und Regionen kann ein ökologischer Fußabdruck von 1961 bis heute nachgezeichnet werden.

Würden alle leben wie in Deutschland, bräuchte es drei Erden

Heruntergebrochen auf Länder zeigt sich, dass wohlhabende Länder und eng besiedelte Industrienationen wie die USA oder Deutschland ihr ökologisches Budget viel früher aufbrauchen als die meisten Entwicklungsländer oder auch die Staaten mit niedriger Bevölkerungsdichte wie Kanada.  1,6 Erden bräuchte die Weltbevölkerung derzeit, um den weltweiten Bedarf an Rohstoffen, Ackerland, Wasser und Wäldern nachhaltig zu decken. "Würden alle Länder weltweit so wirtschaften wie Deutschland, wären sogar 3,1 Erden notwendig", bewertet Julia Otten von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch die Berechnungen des GFN.

Kritische Grenze in den 70er Jahre überschritten

In Deutschland wird die Erde vor allem durch die hohen CO2-Emissionen in den Bereichen Energie, Verkehr und industrielle Landwirtschaft sowie durch den sehr hohen Flächenanspruch – insbesondere für die Fleischproduktion – überlastet. Schon immer haben die Menschen natürliche Ressourcen verbraucht, um Städte und Straßen zu bauen, um Nahrungsmittel zu gewinnen oder andere Produkte herzustellen. Mitte der 1970er Jahre hat nach Darstellung des GFN die Menschheit eine kritische Grenze überschritten: Die Nachfrage an natürlichen Ressourcen habe die globale Kapazität zur Reproduktion und zum Angebot neuer Ressourcen überstiegen.

Lösungen durch grüne Technologien?

Global Footprint Network-Gründer Mathis Wackernagel möchte nicht Verzicht predigen. Aus seiner Sicht gehe es darum, eine Wirtschaft zu bauen, die ökologisch funktioniert. Das brauche unter anderem erneuerbare Energie und intelligente Stromnetze: "Grüne Technologien erleichtern eine nachhaltige Lebensweise. Zudem bringen sie unserer Wirtschaft Vorteile, wie neue Arbeitsplätze, und mehr Lebensqualität in den Städten. Das einzige, von dem es noch mehr braucht, ist politischer Wille", so Wackernagel. Das GFN verweist beispielsweise auf Costa Rica. Das südamerikanische Land konnte in den ersten drei Monaten dieses Jahres knapp 100 Prozent seines Elektrizitätsverbrauchs aus erneuerbaren Quellen decken. Letztendlich weiß man aber auch beim GFN, dass jeder einzelne mithelfen muss, Ressourcen zu schonen. Unter dem Hashtag #pledgefortheplanet lädt das Netzwerk deshalb Menschen weltweit in den sozialen Medien dazu ein, ihre Ideen mitzuteilen, wie es sich auch innerhalb der Grenzen unseren Planeten gut leben lässt.
Quelle: Wiwo