Der Milchpreis stürzt immer
weiter ab. Kaum mehr 20 Cent zahlen Molkereien den Bauern heute für einen Liter
Milch. In Norddeutschland sogar nur noch 17 Cent, wie der Vorsitzende des Bundesverbands
Deutscher Milchviehhalter (BDM), Romuald Schaber, mitteilte. Ein absoluter
Tiefstand. Der aktuelle Preis reiche nicht einmal für das Futter der Kühe aus,
sagte Schaber: „Wir zahlen gnadenlos drauf.“ Seit die EU im April 2015 die
Milchquote abgeschafft hat, sinkt der Preis stetig. Die Milchquote hatte über
31 Jahre hinweg die Menge der in der Europäischen Union produzierten Milch
reguliert. Mit ihrer Abschaffung stand es den Landwirten plötzlich offen, wie
viel Milch sie produzieren wollten. Viele träumten von neuen Absatzmärkten in
der EU, in China oder Russland. Sie bauten die Betriebe aus und stockten ihre
Milchviehherden auf. Nur die erhoffte Nachfrage blieb aus. Während die
chinesische Wirtschaft langsamer wuchs als erwartet, erließ Russlands Präsident
Wladimir Putin ein Importverbot für EU-Agrarprodukte. Somit erzeugten EU-Landwirte
eine Milchschwemme, die die Nachfrage bei weitem übertraf. Die Milchpreise in
ganz Europa sind seitdem im Keller. „Die Milchmenge muss runter, sonst werden
reihenweise Betriebe und damit Existenzen zerstört“, sagte Robert Habeck,
Schleswig-Holsteins grüner Landwirtschaftsminister, gegenüber der Süddeutschen
Zeitung. Er forderte, die Menge angebotener Milch zu drosseln – wenn nötig,
wieder mit einer Quote: „Wenn freiwillige Maßnahmen nicht greifen, muss die EU
als Ultima Ratio kurzfristig eine zeitlich begrenzte obligatorische
Mengenbegrenzung beschließen.“
Nicht nur Bauern, auch ihre Kühe
haben unter dem niedrigen Milchpreis zu leiden. Die Milchkrise bedroht nicht
nur viele Bauern in ihrer Existenz, sie geht auch zu Lasten der Kühe. Durch
einseitige Zucht, Turbofutter und nicht artgerechte Stallhaltung werden sie zu
Höchstleistungen angetrieben – eine Entwicklung, die die Tiere krank macht und
ihr Leben drastisch verkürzt. Der Trend, immer größere Ställe mit hunderten
Tieren zu bauen, macht diese Entwicklung unumkehrbar: Einen Weidegang können
Großbetriebe aufgrund fehlender Weideflächen nicht organisieren. Dabei ist er
für die Tiere das Schönste und für ihre Gesundheit das Beste. Doch als
Verbraucher und Milchtrinker haben wir die Macht, etwas gegen diese Entwicklung
zu tun. Denn es gibt eine Reihe von Siegeln, die beim Einkauf Orientierung
bieten. Sie garantieren, dass den Bauern mehr Milchgeld gezahlt wird und das
Wohl der Tiere eine größere Rolle spielt. Ein Überblick:
Bio-Siegel
Milch mit Bio-Siegel ist fast
immer eine gute Wahl. Denn sie garantiert den Tieren bessere
Haltungsbedingungen und eine artgerechte Fütterung, die Landwirte erhalten
dafür einen deutlich höheren Preis. In der aktuellen Milchkrise hat die Bio-Milch
– anders als in früheren Krisenzeiten – aufgrund hoher Nachfrage den ruinösen
Abwärtstrend des Milchpreises nicht mitgemacht. Die Verbände suchen dringend
nach Landwirten, die umstellen – je höher der ausgezahlte Preis für Biomilch
ist, desto mehr Bauern werden das auch tun. Noch besser ist es, wenn die Milch
neben einem staatlichen Bio-Siegel auch das Zeichen eines Anbauverbandes wie
Bioland, Demeter oder Naturland trägt.
Faire Milch
Infolge der vorangegangenen
„Milchkrisen“ entstanden mehrere Initiativen, die den Bauern ein besseres
Auskommen sichern sollen. Die Molkereien werben damit, dass sie ihnen einen
„fairen“ Preis zahlen, meist rund 40 Cent pro Liter. Ein einheitliches,
staatlich geprüftes Siegel gibt es allerdings nicht. Die schwarz-rot-goldene
Kuh ist das Zeichen der Initiative für faire Milch des „Bundesverbandes
Deutscher Milchviehhalter“. Auch Kombinationen von fair und bio gibt es: Das
„Naturland fair“-Siegel hat der Ökoverband zusammen mit den Milchwerken Berchtesgadener
Land (BGL) gegründet. Die „Upländer Bauernmolkerei“ mit dem „Fair“-Siegel
liefert unter anderem an „Alnatura“.
Weidemilch, Heumilch
und Bergbauernmilch
Verschiedene Initiativen weisen
auf die Herkunft und Produktionsweise ihrer Milch hin – etwa die tiergerechte
Haltung auf der Weide. Weil es noch kein staatliches Siegel für „Weidemilch“
gibt , sollten Sie genau hinsehen. Die Kühe sollten an 120 Tagen oder mehr im
Jahr mindestens sechs Stunden draußen verbringen – das ist die Mindestregelung,
die derzeit meistens von den Landwirten verlangt wird. Besonders empfehlenswert
ist die „Bergbauernmilch“ der Milchwerke Berchtesgadener Land (BGL). Diese
Genossenschaftsmolkerei hat ihren Bauern –auch für konventionelle Milch – in
den letzten Jahren stets deutlich mehr gezahlt als ihre Konkurrenten.
Milch „ohne
Gentechnik“
Emfehlenswert ist auch das Siegel
„ohne Gentechnik“. Es garantiert, dass die Kühe kein Kraftfutter mit Gen-Soja
bekommen, für deren Anbau Urwälder in Südamerika Urwälder gerodet werden. Für
den Mehraufwand erhalten die Landwirte von den Molkereien ein etwas höheres
Milchgeld.
Quelle: Greenpeace-Magazin