Sonntag, 22. Mai 2016

Ökofaire Milch: So unterstützen wir kleine Betriebe



Der Milchpreis stürzt immer weiter ab. Kaum mehr 20 Cent zahlen Molkereien den Bauern heute für einen Liter Milch. In Norddeutschland sogar nur noch 17 Cent, wie der Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM), Romuald Schaber, mitteilte. Ein absoluter Tiefstand. Der aktuelle Preis reiche nicht einmal für das Futter der Kühe aus, sagte Schaber: „Wir zahlen gnadenlos drauf.“ Seit die EU im April 2015 die Milchquote abgeschafft hat, sinkt der Preis stetig. Die Milchquote hatte über 31 Jahre hinweg die Menge der in der Europäischen Union produzierten Milch reguliert. Mit ihrer Abschaffung stand es den Landwirten plötzlich offen, wie viel Milch sie produzieren wollten. Viele träumten von neuen Absatzmärkten in der EU, in China oder Russland. Sie bauten die Betriebe aus und stockten ihre Milchviehherden auf. Nur die erhoffte Nachfrage blieb aus. Während die chinesische Wirtschaft langsamer wuchs als erwartet, erließ Russlands Präsident Wladimir Putin ein Importverbot für EU-Agrarprodukte. Somit erzeugten EU-Landwirte eine Milchschwemme, die die Nachfrage bei weitem übertraf. Die Milchpreise in ganz Europa sind seitdem im Keller. „Die Milchmenge muss runter, sonst werden reihenweise Betriebe und damit Existenzen zerstört“, sagte Robert Habeck, Schleswig-Holsteins grüner Landwirtschaftsminister, gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Er forderte, die Menge angebotener Milch zu drosseln – wenn nötig, wieder mit einer Quote: „Wenn freiwillige Maßnahmen nicht greifen, muss die EU als Ultima Ratio kurzfristig eine zeitlich begrenzte obligatorische Mengenbegrenzung beschließen.“
Nicht nur Bauern, auch ihre Kühe haben unter dem niedrigen Milchpreis zu leiden. Die Milchkrise bedroht nicht nur viele Bauern in ihrer Existenz, sie geht auch zu Lasten der Kühe. Durch einseitige Zucht, Turbofutter und nicht artgerechte Stallhaltung werden sie zu Höchstleistungen angetrieben – eine Entwicklung, die die Tiere krank macht und ihr Leben drastisch verkürzt. Der Trend, immer größere Ställe mit hunderten Tieren zu bauen, macht diese Entwicklung unumkehrbar: Einen Weidegang können Großbetriebe aufgrund fehlender Weideflächen nicht organisieren. Dabei ist er für die Tiere das Schönste und für ihre Gesundheit das Beste. Doch als Verbraucher und Milchtrinker haben wir die Macht, etwas gegen diese Entwicklung zu tun. Denn es gibt eine Reihe von Siegeln, die beim Einkauf Orientierung bieten. Sie garantieren, dass den Bauern mehr Milchgeld gezahlt wird und das Wohl der Tiere eine größere Rolle spielt. Ein Überblick:

Bio-Siegel

Milch mit Bio-Siegel ist fast immer eine gute Wahl. Denn sie garantiert den Tieren bessere Haltungsbedingungen und eine artgerechte Fütterung, die Landwirte erhalten dafür einen deutlich höheren Preis. In der aktuellen Milchkrise hat die Bio-Milch – anders als in früheren Krisenzeiten – aufgrund hoher Nachfrage den ruinösen Abwärtstrend des Milchpreises nicht mitgemacht. Die Verbände suchen dringend nach Landwirten, die umstellen – je höher der ausgezahlte Preis für Biomilch ist, desto mehr Bauern werden das auch tun. Noch besser ist es, wenn die Milch neben einem staatlichen Bio-Siegel auch das Zeichen eines Anbauverbandes wie Bioland, Demeter oder Naturland trägt.

Faire Milch

Infolge der vorangegangenen „Milchkrisen“ entstanden mehrere Initiativen, die den Bauern ein besseres Auskommen sichern sollen. Die Molkereien werben damit, dass sie ihnen einen „fairen“ Preis zahlen, meist rund 40 Cent pro Liter. Ein einheitliches, staatlich geprüftes Siegel gibt es allerdings nicht. Die schwarz-rot-goldene Kuh ist das Zeichen der Initiative für faire Milch des „Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter“. Auch Kombinationen von fair und bio gibt es: Das „Naturland fair“-Siegel hat der Ökoverband zusammen mit den Milchwerken Berchtesgadener Land (BGL) gegründet. Die „Upländer Bauernmolkerei“ mit dem „Fair“-Siegel liefert unter anderem an „Alnatura“.

Weidemilch, Heumilch und Bergbauernmilch

Verschiedene Initiativen weisen auf die Herkunft und Produktionsweise ihrer Milch hin – etwa die tiergerechte Haltung auf der Weide. Weil es noch kein staatliches Siegel für „Weidemilch“ gibt , sollten Sie genau hinsehen. Die Kühe sollten an 120 Tagen oder mehr im Jahr mindestens sechs Stunden draußen verbringen – das ist die Mindestregelung, die derzeit meistens von den Landwirten verlangt wird. Besonders empfehlenswert ist die „Bergbauernmilch“ der Milchwerke Berchtesgadener Land (BGL). Diese Genossenschaftsmolkerei hat ihren Bauern –auch für konventionelle Milch – in den letzten Jahren stets deutlich mehr gezahlt als ihre Konkurrenten.

Milch „ohne Gentechnik“

Emfehlenswert ist auch das Siegel „ohne Gentechnik“. Es garantiert, dass die Kühe kein Kraftfutter mit Gen-Soja bekommen, für deren Anbau Urwälder in Südamerika Urwälder gerodet werden. Für den Mehraufwand erhalten die Landwirte von den Molkereien ein etwas höheres Milchgeld.
Quelle: Greenpeace-Magazin