Montag, 12. August 2013

Fairtrade und Nespresso – eine vielversprechende Ehe?



Zum zehnjährige Bestehen seines Nespresso AAA Sustainable Quality™-Programms, gaben Jean-Marc Duvoisin, CEO von Nestlé Nespresso und Harriet Lamb, CEO von Fairtrade International, Mitte Juli eine Kooperation zwischen beiden Unternehmen bekannt. 

Faire Nespresso-Kapseln 

Künftig sollen zehn Prozent des Nespresso-Kaffees Fairtrade-zertifiziert sein.  Aus Kolumbien werde sogar der gesamte dort erworbene Kaffee „fair“ sein. Lamb sagte, man sei bei Fairtrade begeistert über diese Entscheidung. „Wir sind froh, wenn Firmen wie Nespresso solche CSR-Entscheidungen gerade auch aus kommerziellem Interesse treffen, denn dann bleibt das Thema in der Firma prominent präsent.“  

Auch Rainforest Alliance mischt mit

Das Nespresso AAA Sustainability Quality Programm wurde 2003 in Zusammenarbeit mit der Rainforest Alliance eingeführt, um die Beschaffung von Kaffee höchster Qualität für die Zukunft sicherzustellen sowie den Lebensunterhalt der Farmer zu sichern, die diesen Kaffee anbauen. Ende 2012 bezog Nespresso bereits 68 Prozent seines Kaffees von rund 52.000 Kaffeebauern, die an dem Programm teilnehmen. Bis Ende 2013 soll die Quote auf 80 Prozent ausgebaut werden.

Alle profitieren?

Alle Welt scheint zufrieden. Doch handelt es sich bei der Partnerschaft zwischen Fairtrade und Nespresso wirklich um eine win-win-Situation, in der alle Beteiligten gleichermaßen profitieren? Wieder einmal bemächtigt sich eine große Marke eines multinationalen Konzerns der Fair Trade-Idee. Schade, denn der Faire Handel entstand einst unter anderem auch, um alternative Absatzkanäle zu schaffen, und um genau diesen Multis die Stirn zu bieten, die man heute immer öfter ins Boot holt. Irgend etwas läuft also falsch bei Fairtrade & Co. Was zählt ist nur noch Umsatz, egal wie er erzielt wird. Es reicht aber nicht aus, nur organisierte Kleinbauern zu unterstützen und alles andere außer acht zu lassen. Fair sollte es entlang der ganzen Wertschöpfungskette zugehen, also auch bei uns. Es macht einen großen Unterschied, ob man seinen fairen Kaffee bei Nespresso, beim Discounter Lidl oder im Weltladen kauft. Denn multinationale Unternehmen und große Lebensmittel-Ketten sind nicht an der Idee eines fairen Handels interessiert, wie sie jahrzehntelang mit knallhartem Verdrängungswettbewerb und immer niedrigeren Preisen eindrucksvoll bewiesen haben. Der Faire Handel ist für sie eine lukrative Marktnische, die Gewinne verspricht und die es daher zu besetzen gilt.

Faire Kaffeekapsel lässt Kritik verstummen

Da kommen faire Siegel wie Fairtrade und wachsweiche Nachhaltigkeitsinitiativen wie Rainforest Alliance gerade recht. Sie bieten die ideale Plattform, um aller Welt zu zeigen, wie fair und nachhaltig man doch geworden ist. Green- und Fairwashing vom Feinsten. Der Trick scheint zu funktionieren, die Konsumenten sind ruhig gestellt, das Gewissen ist beruhigt. Ob das Geschäftsmodell von Nespresso möglicherweise alles andere als nachhaltig ist (s. Blogbeitrag „Umweltfreundliche Kaffeekapsel – wie ein Schweizer Uhrmacher einenSchweizer Weltkonzern ärgert), wird dann nicht mehr hinterfragt. Ist die Kapsel fair, hört die Kritik auf. Doch auch Kapseln mit Fairtrade-Logo stellen weiterhin ein immenses Umweltproblem dar. Ob den Kleinbauernvereinigungen aus Kolumbien, die ihren Kaffee an Nespresso liefern, dies wohl bekannt ist? Wie würden Sie reagieren, wüssten Sie, dass Milliarden von Kaffeekapseln die Umwelt belasten und wertvolle Rohstoffe verbrauchen? Es gilt also zukünftig abzuwägen bei Fairtrade & Co. und nicht immer wieder das Mantra vom armen Kleinbauern zu singen, für dessen verbesserte Lebensbedingungen jedes Mittel gerechtfertigt ist.

Samstag, 10. August 2013

Kinder gehören nicht auf Palmöl-Plantagen!


Der Verein "Rettet den Regenwald" ruft zu einer neuen Protestaktion auf. Hintergrund sind die schweren Menschenrechtsverletzungen, denen Männer, Frauen und Kinder auf den malaysischen Palmölplantagen des Konzerns Kuala Lumpur Kepong (KLK) ausgesetzt sind: Die Arbeiter wurden mit falschen Versprechen angelockt, ihrer Papiere beraubt und zur Zwangsarbeit verpflichtet. Sie werden zu den gefährlichsten und härtesten Jobs gezwungen, eingesperrt, geschlagen, um ihren Lohn betrogen: schuften auf Plantagen wie Sklaven – sieben Tage in der Woche.

Erdrückende Beweislast

Dokumentiert hat dies der Journalist Benjamin Skinner mit einem Team während einer neunmonatigen Recherche in den Palmöl-Monokulturen Malaysias. Die schockierenden Ergebnisse hat die Zeitung Bloomberg Businessweek auf Englisch veröffentlicht. Bereits 2010 hatte die Umweltorganisation Rainforest Action Network (RAN) die KLK-Gruppe und deren Kunden schwerer Menschenrechtsverletzungen beschuldigt. KLK ist mit 200.000 Hektar Plantagen die weltweite Nummer 5 bei Palmöl.

Die großen Nahrungsmultis sitzen mit im Boot

Westliche Konzerne wie der US-Multi Cargill,  der weltweit größte Händler und Verarbeiter von Agrarprodukten, gehören zu den Käufern der Sklavenhalter. Allein Cargill soll 27.000 Tonnen Palmöl von KLK bezogen haben. Der US-Multi beliefert wiederum die großen Nahrungsmittelhersteller wie Nestlé, Kellogg's und Unilever sowie die Biodieselindustrie mit dem importierten Palmöl. So landen die Produkte der Sklavenarbeit auch auf unserem Tisch oder im Tank – in der Margarine, in den Frühstücksflocken, im Schokoaufstrich und im Biodiesel. In Frankfurt betreibt Cargill eine der größten Biodieselraffinerien Europas mit einer Kapazität von 250.000 Tonnen pro Jahr.

Ein Label versagt

Firmen wie KSK und Cargill, aber auch Nestlé, Kellogg's und Unilever berufen sich auf die umwelt- und sozial verträgliche Herstellung ihrer Produkte und kleben als Beweis das RSPO-Siegel auf ihre Verpackung. Doch das so genannte Nachhaltigkeitssiegel vom „Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl“ RSPO verhindert weder die Regenwaldabholzung noch die Menschenrechtsverletzungen. Die Industrielabel dienen den Firmen dazu, sich als grüne Saubermänner darzustellen und die Klagen der Opfer zu kaschieren. 

Kennzeichnungspflicht für Palmöl

Palmöl, das in etwa jedem zweiten Lebensmittelprodukt steckt, muss innerhalb der EU ab Dezember 2014 gesondert ausgewiesen werden. 




Donnerstag, 8. August 2013

Äpfel aus Neuseeland: Klimakiller oder nicht?



Äpfel sind der Deutschen liebstes Obst. Doch immer mehr der rund 30 Kilogramm Äpfel, die jeder Deutsche pro Jahr verzehrt, kommen aus weit entfernten Ländern wie Südafrika oder gar Neuseeland. Das hat Auswirkungen auf das Klima. Doch entsteht durch die Produktion und den Transport eines Apfels aus Neuseeland tatsächlich mehr CO2 als durch einen deutschen Apfel?

Deutsche Äpfel bis zum Frühjahr

Die Antwort ist komplexer als vermutet. Drei Komponenten spielen eine wichtige Rolle: Herstellung, Transport und Lagerung. Die Erntezeit für Äpfel liegt im Deutschland im Spätsommer zwischen August und November. Wer zu dieser Zeit Äpfel kauft, sollte klar zu den heimischen Produkten greifen. Sozusagen direkt vom Baum in den Supermarkt ohne lange Lieferketten, das ist selbstverständlich klimafreundlicher als einen Apfel vom anderen Ende der Welt per Schiff zu transportieren.

Im Frühjahr auf Überseeäpfel umsteigen

Anders sieht es im Frühjahr aus. Da kommen die deutschen Äpfel aus Kühlhäusern, sind also nicht mehr taufrisch und haben indirekt Energie durch ihre Lagerung verbraucht. Hingegen ist in Neuseeland im Frühjahr Erntezeit. Anschließend wird das Obst per Schiff nach Europa gebracht und landet wenige Wochen später im Supermarkt. Die Äpfel aus Neuseeland haben zwar eine Reise von mehr als 20 000 Kilometer auf dem Containerschiff nach Deutschland hinter sich, doch sie belasten, auf den einzelnen Apfel bezogen, das Klima nur wenig.

Neuseeländische Äpfel ertragreicher

Im Schnitt erzeugt der Transport von einem Kilogramm Obst aus Übersee per Schiff nach Deutschland 570 Gramm CO2. Ein Transport innerhalb Deutschlands schlägt mit 230 Gramm zu Buche. Damit liegt die Belastung durch den Transport von Überseeäpfeln zwar mehr als doppelt so hoch wie bei heimischen Produkten, jedoch entfällt die lange Lagerung im Kühlhaus. Was hinzukommt: Die Ausbeute ist bei neuseeländischen Apfelbäumen aufgrund des Klimas höher als bei Bäumen die am Bodensee oder in der Uckermark stehen. In Neuseeland tragen die Bäume mehr Früchte. Daher benötigt die Herstellung von einem Kilogramm Äpfel dort 2,1 Megaujoule Energie, in Deutschland werden für die gleiche Menge 2,8 Megajoule benötigt.

Obsteinkauf per Rad statt mit dem Auto

Im direkten Vergleich des Energiebedarfs beider Äpfel, liegt das neuseeländische Produkt aber rund 30 Prozent über dem lokalen Apfel. Diese 30 Prozent Mehrbelastung entsprechen rund 1,5 Kilometer Autofahren. Diese Erkenntnis wirft ein zusätzliches Licht auf den Obsteinkauf. Um möglichst ökologisch einzukaufen spielt weniger das Herkunftsland als die Jahreszeit und das Verkehrsmittel zum Supermarkt eine Rolle.


Flugobst ist tabu

Daher sollte man immer das einkaufen, was aktuell geerntet wird. Im Sommer Erdbeeren, im Herbst Äpfel. Sollte einem dann dennoch im Frühjahr nach Äpfeln sein, kann man gelegentlich auch zu den Produkten aus Übersee greifen. Die sind frischer als Äpfel aus Deutschland und in der Klimaschädlichkeit nur minimal höher. Zusätzlich empfiehlt es sich fürs Einkaufen im Supermarkt das Fahrrad statt des Autos zu nehmen. Ein absolutes Tabu in Sachen Klimaschutz bleiben Früchte, die statt per Containerschiff mit dem Flieger nach Deutschland kommen. Dazu zählen beispielsweise Ananas oder Mangos. Die Umweltbelastung, die durch den Flugtransport dieser Früchte entsteht ist derart hoch, dass auch versierte Radler sehr lange in die Pedale treten müssen.

Montag, 5. August 2013

Aus Fairtrade wird Fairtrade light


Die meisten Kunden glauben, dass ein fair gehandeltes Produkt einen hohen Prozentsatz fairer Bestandteile enthält. Das kann, muss aber nicht sein. So darf sich ein Produkt bereits mit dem bekannten Fairtrade-Siegel schmücken, wenn der Hauptbestandteil nur 20 Prozent der Gesamtmenge beträgt. Um die Verkäufe fairer Produkte zu pushen, sollen die Standards nun weiter aufgeweicht werden.

Lasche Begründung

Beispiel Schokolade: Bislang mussten alle Inhaltsstoffe, die fair erhältlich sind – im Fall von Schokolade also Kakao und Zucker – auch für ein faires Produkt verwendet werden, getreu dem Motto: Alles, was kann, muss. Zukünftig soll auch erlaubt sein: Nicht alles, was kann, muss. Das heißt, eine Schokolade könnte auch nur noch einen fair produzierten Inhaltsstoff wie Kakao beinhalten. Die restlichen Bestandteile dürfen konventionelle Zutaten sein. Die Begründung von TransFair: "Damit Fairtrade seine Wirkung entfalten kann, sind relevante Absatzmengen nötig."

Fairtrade light

Die nur mit einem fairen Bestandteil hergestellten Produkte sollen laut Transfair nicht das bekannte Fairtrade-Logo tragen. Die Kennzeichnung wird sich auf jeden Fall unterscheiden. Wie das genau aussehen soll, daran wird derzeit gearbeitet. Das neue Modell wird für Kakao, Zucker und Baumwolle eingeführt, so die Transfair-Sprecherin Edith Gmeiner. Besonders bei Schokolade sieht Fairtrade Handlungsbedarf: Der Absatz sank bei Schokolade im vergangenen Jahr um 30 Prozent. Das hat die Verantwortlichen des erfolgsverwöhnten Siegels spürbar nervös gemacht.

Akzeptanz oder Widerstand

Wie soll der Verbraucher aber Fairtrade und Fairtrade light zukünftig unterscheiden: „Je mehr Standards oder Teilstandards es gibt, desto komplizierter wird es für die Konsumenten, sich an einem Gütesiegel zu orientieren, sagt Sabine Holzäpfel von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in einem Bericht der Badischen Zeitung. Edith Gmeiner hingegen möchte die neuen Modelle als zusätzliche Optionen verstanden wissen – "nicht als Light-Fairtrade-Standard".  Bleibt abzuwarten, wie die Konsumenten aber auch die Weltläden auf faire Masse statt faire Klasse reagieren werden oder ob sich Widerstand regt beim neuen Fairtrade-Kapitel von „Der Zweck heiligt die Mittel“.

Samstag, 3. August 2013

Faire Holzkohle



Endlich ist mal wieder so richtig Sommer in Deutschland. Das finden neben Frischluftfanatikern, Sonnenanbetern und Outdoorfreaks sicherlich auch die Grillfreunde gut. Schnell zum Baumarkt oder zur Tankstelle gefahren, Grillkohle gekauft und los geht’s. Doch woher die Holzkohle kommt, was sie für ökologische Schäden anrichtet und was es für Alternativen gibt, darüber machen sich die wenigsten Gedanken.

Hier wird gegrillt – dort verschwindet der Wald

Der Großteil der deutschen Grillkohle wird importiert. Für die Herstellung werden oftmals Tropenhölzer verwendet. Nur noch wenig Grillkohle stammt aus Deutschland und/oder aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern.  Doch auch wenn Hölzer aus nachhaltiger Forstwirtschaft verarbeitet werden, bleibt ein hoher Rohstoffverbrauch. Bei Buchenholz beispielsweise wird etwa dreimal so viel Holz benötigt als an Holzkohle entsteht. Was also tun?

Alternative Kokosnussschalen

Das Amt für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW)  importiert derzeit Holzkohlebriketts aus Kokosnuss-Halbschalen zum Weiterverkauf in Gemeinden und Kirchenkreisen. Das von den Philippinen stammende Brennmaterial wird von einer Fairtrade-zertifizierten Kleinbauernkooperative geliefert. Die Kokosnuss-Schalen sind Abfallprodukte und schonen so natürliche Ressourcen. Der Gewinn des Verkaufs fließt zum weiteren Aufbau des Projektes an die Kooperative. Durch den Verkauf der fairen Kohle unterstützt die Evangelische Jugend von Westfalen den verantwortungsvollen Umgang mit Mensch und Natur.

Hier bekommt man die faire Holzkohle

Mindestabnahmemenge ist ein Karton à 9 Sack mit je 1,5 kg. Dieser kostet 31,50 Euro zzgl. Versandkosten. Rabattanfragen bei größeren Mengen sind erwünscht. Bestellungen und alle Anfragen nimmt der Fachreferenten des Amtes für Jugendarbeit der  EKvW für „Eine Welt Arbeit“, Peter Bednarz entgegen: peter.bednarz@afj-ekvw.de, 0171-5074688.

PS: Bitte auch an einen umweltfreundlichen Öko-Grillanzünder denken! Den bekommt man in so gut wie jedem Bau- oder Supermarkt.