Unterwegs
sein wie Greta Thunberg, das wollen gut 50 Prozent der Menschen in Deuschland.
Die wenigsten von ihnen tun es wirklich.
Nachhaltig reisen ist spätestens seit Greta Thunbergs Fahrt
im überfüllten ICE in aller Munde, auch in Deutschland. Mehr als die Hälfte der
Bevölkerung befürwortet umweltfreundlichere und sozial nachhaltigere
Urlaubsreisen. Allerdings setzen weit weniger als 10 Prozent dies bei der
Reisebuchung und –gestaltung auch um. Das ist das Ergebnis einer Studie, die im
Auftrag des Bundesumweltministeriums von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und
Reisen (FUR) erstellt wurde. Die Studie zeigt auch auf, dass in den vergangenen
Jahren die für Urlaubsreisen zurückgelegte Distanz deutlich gewachsen ist – und
zwar fast ausschließlich für Flugreisen, und hier überwiegend für Fernreisen
außerhalb Europas. Legten Menschen aus Deutschland 2003 für Urlaubsreisen ab
fünf Tage Dauer insgesamt 93,6 Milliarden km zurück, davon 63,2 Milliarden mit
dem Flugzeug, waren es 2018/2019 121,6 Milliarden beziehungsweise 91,6
Milliarden km. Zwei Prozent der Befragten haben eine CO2-Kompensation
für Ihre Urlaubsreise vorgenommen. Bei der Auswahl der Reise oder der
Unterkunft spielten bei sechs Prozent der Urlauber Umwelt- oder
Nachhaltigkeitskennzeichnungen eine entscheidende Rolle.
"Hedonistisch geprägte
Freizeitprodukte"
Die Lücke zwischen Anspruch und Realität erklären sich
die Ersteller der Studie unter anderem damit, dass Urlaubsreisen "hedonistisch
geprägte Freizeitprodukte mit Ausnahmecharakter" seien. Sie könnten zu
einer Art selbst erteilter Ausnahmegenehmigung von der ansonsten geübten
Nachhaltigkeitsdisziplin führen. Bei Urlaubsreisen stünden Risiko, Freude und
symbolischer Wert im Vordergrund, aber nicht Vernunftargumente. Der
unmittelbare Nutzen einer nachhaltigen Reise bestehe entweder aus einem
Prestige, einem Genussnutzen oder einer Selbstbestätigung durch das Gefühl,
etwas Richtiges getan zu haben. Dem stünden aber viele Motive mit Nutzenerwarten
gegenüber. "Beispielsweise kann der Prestigenutzen für den Einen durch
Nachhaltigkeit, für den Anderen durch Exotik und für den Dritten durch eine
möglichst teure Reise erreicht werden", heißt es in der Studie "Nachhaltige Urlaubsreisen: Bewusstseins- und Nachfrageentwicklung".
Außerdem könnten nachhaltigere Reisen mehr kosten als herkömmliche und ein
Mehraufwand an Organisation und der Auswahl der Reiseziele bedeuten. Für die
Studie wurden die Daten zu Urlaubsreisen ab fünf Tagen Dauer in knapp 8000
Interviews (Januar 2019) mit einer Grundgesamtheit von rund 70 Millionen
Personen ab 14 Jahre erhoben und zu Kurzurlaubsreisen in der 2500
Online-Interviews (November 2018 und Mai 2019) von 63 Millionen Personen im
Alter von 14 bis 75 Jahre.
Quelle: heise online/anw; Bilder: Frank Herrmann