Sonntag, 15. September 2019

Faire Woche 2019: Gleiche Chancen durch Fairen Handel



Weltweit leisten Frauen den Großteil der Erwerbs- und Reproduktionsarbeit, werden aber in vielen Bereichen immer noch strukturell benachteiligt. Sie bekommen für die gleiche Arbeit weniger Lohn als Männer und sind seltener in Führungspositionen vertreten. Außerdem haben viele Frauen und Mädchen keinen Zugang zu wichtigen Ressourcen wie Bildung, Land, Krediten oder einem eigenen Einkommen. So bleiben Frauen in einer Spirale der Armut gefangen – und ihr Umfeld gleich mit. „Ein Leben frei von Diskriminierung und Gewalt sowie gleiche Rechte für alle – Frauen und Männer, Mädchen und Jungen – sind unabdingbare Voraussetzungen für nachhaltige Entwicklung“, betont Bundesentwicklungsminister Gerd Müller, Schirmherr der 18. Fairen Woche, die vom 13. bis 27. September dauert. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen könnte die Zahl der hungerleidenden Menschen um 150 Millionen reduziert werden, wenn Frauen im Agrarsektor die gleichen Rechte wie Männer hätten. Die ungleiche Machtverteilung in konventionellen Lieferketten verhindert das Recht von Produzent*innen und Arbeiter*innen auf würdige Arbeitsbedingungen sowie faire und gleiche Bezahlung. Das betrifft insbesondere Frauen, die häufig am Anfang der Lieferkette stehen. „Sie sind es, die die Folgen der Preiskämpfe unter den Einzelhandelskonzernen sowie unseres Billigkonsums tragen“, erklärt Andrea Fütterer, Vorstandsvorsitzende des Forum Fairer Handel im Namen der Veranstalter der Fairen Woche. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller ergänzt: „Menschenwürdige Arbeit weltweit durchsetzen – das ist die soziale Frage des 21. Jahrhunderts. Gemeinsam können wir die Globalisierung gerecht gestalten – für Frauen und Männer gleichermaßen.“

Fairer Handel stärkt Frauenrechte

„Der Faire Handel ist ein Schlüssel, um die Gleichberechtigung der Geschlechter weltweit voranzubringen“, erklärt Schirmherr Gerd Müller. „Darum ist es gut, dass die diesjährige Faire Woche mit einer Vielzahl von Veranstaltungen darauf aufmerksam macht, welchen Beitrag wir hier in Deutschland dazu leisten können“, so der Bundesentwicklungsminister weiter. Gleichberechtigung zu fördern, zählt zu den internationalen Grundsätzen des Fairen Handels. Dieser verschafft Frauen einen Zugang zu Bildung, einen gerechten Lohn für ihre Arbeit und bezieht sie in Entscheidungsprozesse ein. Laut World Fair Trade Organization erreichen Frauen, die für ein Fair-Handels-Unternehmen tätig sind, mit viermal so hoher Wahrscheinlichkeit eine Position in der obersten Führungsebene als Frauen, die für konventionelle Unternehmen arbeiten. Damit Frauen ihr volles Potenzial entfalten können, gilt es, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu verändern, die Gleichberechtigung verhindern. Die Stärkung von Frauen kommt nicht nur ihnen selbst, sondern der Gemeinschaft zugute: Denn Frauen investieren ihr Einkommen vermehrt in das Wohl ihrer Familien, in Bildung und Gesundheit. Das bestätigt auch Patience Essibu vom Fair-Handels-Unternehmen „Global Mamas“ aus Ghana: „Frauen in die Lage zu versetzen, finanziell unabhängig zu sein, leistet einen wichtigen Beitrag dazu, die Wirtschaft eines ganzen Landes zu stärken und Arbeitslosigkeit zu reduzieren.“ Die Gründerin des ghanaischen Textilunternehmens „Global Mamas“ wird während der Fairen Woche durch Deutschland reisen. Auf verschiedenen Veranstaltungen wird sie davon berichten, wie Frauen durch „Global Mamas“ unterstützt werden, eigene Kleinbetriebe aufzubauen oder ihr Potenzial als Angestellte zu entfalten.

Volle Kanne Gleichberechtigung

Auch der Kaffeesektor ist von einem großen Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern geprägt: Während bis zu 70 Prozent der Feldarbeit von Frauen übernommen wird, besitzen sie gerade einmal 15 Prozent des Landes und der gehandelten Bohnen. Dass es anders geht, zeigen zwei Kaffeeexpertinnen aus Honduras und Ruanda: Zum Auftakt der Fairen Woche reisen sie nach Berlin und erzählen, wie Gleichberechtigung in die Kaffeekanne kommt. Mit dabei ist Marthe Uwiherewenimana, Präsidentin des Aufsichtsrates der ruandischen Kooperative KOPAKAMA. Die Kaffeekooperative hat sich die Gleichberechtigung von Frauen sowie die Versöhnung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Ruanda auf die Fahne geschrieben. Die Genossenschaft wird von einer Frau geleitet. „In einigen Ländern Afrikas ist die Arbeitsteilung noch stark von Männern geprägt, während Frauen bei den Entscheidungen dazu ausgeschlossen sind“, erklärt Marthe Uwiherewenimana. „Wir müssen Frauen stärker fördern, damit sie die gleichen Chancen wie Männer bekommen.“
Auch die Kaffeekooperative APROLMA in Honduras steht für die Stärkung von Frauenrechten. APROLMA ist eine reine Frauenorganisation, die hochwertigen Bio-Kaffee vermarktet. Der neueste „Frauenkaffee“ der Kooperative wird auch in Honduras geröstet und verpackt: "Damit bleibt praktisch die komplette Wertschöpfung im Land, hier in unserer Organisation“, erklärt Dolores Cruz Benitez von APROLMA. „Wir sind sehr stolz, die ersten Kaffeebäuerinnen in Honduras zu sein, die diesen Kaffee nach Europa exportieren.“

Quelle: Forum Fairer Handel; Fotos: Frank Herrmann