Nicht gezahlte Löhne sind ein anhaltendes Problem in
der globalen Textil- und Bekleidungsindustrie
Immer wieder
muss die Kampagne für Saubere Kleidung gemeinsam mit der europäischen und
weltweiten tätigen Clean Clothes Campaign Petitionen und Eilaktionen zu
ausstehenden Lohnzahlungen starten. Hier einige Beispiele:
- 140 ArbeiterInnen der
türkischen Bravo Tekstil, die u.a. für Zara, Next und Mango produzierte,
erhielten weder ihre letzten drei Monatslöhne, bevor die Fabrik im Jahr 2016
geschlossen wurde, noch die ihnen zustehenden Abfindungen. Die ausstehende
Summe, die die ArbeiterInnen einfordern, beträgt rund 650.000 Euro.
- Am 1. Juli
2016 standen die 208 ArbeiterInnen der kambodschanischen Firma ChungFai
Knitwear FTY vor verschlossenen Türen. Die Firma produzierte u.a. für
die britischen Handelsunternehmen Marks and Spencer und Bonmarché (Sweater und
Socken). Ohne vorherige Ankündigung und ohne Angabe von Gründen wurde die
Fabrik geschlossen. Die ArbeiterInnen erhielten weder ihren Lohn für den letzten
Arbeitsmonat noch die ihnen gesetzlich zustehenden Abfindungen. Die ausstehende Summe beträgt rund 550.000 US-Dollar.
- Im April 2015 schloss die
indonesische Firma Jaba Garmindo, deren wichtigster Kunde die japanische Firma
UNIQLO war, nachdem UNIQLO Jaba Garmindo aus seiner Zulieferliste gestrichen
hatte. Die Firma Jaba Garmindo, die auch die deutschen Bekleidungsunternehmen
Gerry Weber und s.Oliver belieferte, ging insolvent, rund 4.000 Beschäftigte
wurden arbeitslos, erhielten ihre letzten vier Monatslöhne nicht und auch keine
Abfindungen. Die Forderungen der ArbeiterInnen belaufen sich auf rund 11. Mio.
US-Dollar.
Muster 1: Fabrikschließungen
Produktionsbetriebe
gehen im harten Wettbewerb unter oder werden verlagert. Die Auftraggeber, die
von günstigen Produktionspreisen profitiert haben, fühlen sich – außer verbaler
Verweise auf ihre Verhaltenskodizes – nicht verantwortlich für entlassene
ArbeiterInnen ihrer Zulieferer. Sie zahlen in seltenen Fällen (allerdings nicht
in den hier geschilderten) freiwillig geringe Entschädigungen, fühlen sich aber
nicht rechtlich dazu verpflichtet. Das muss sich ändern. Wer seine
Betriebskosten senkt, indem er Arbeitgeberverantwortlichkeit soweit wie möglich
auslagert, muss im Rahmen unternehmerischer Sorgfaltspflichten entsprechend
seines Anteils an der jeweiligen Produktion in den betroffenen Betrieben für
Lohndiebstahl haftbar gemacht werden können!
Muster 2: Behinderung gewerkschaftlicher Aktivitäten
Ohne
Gewerkschaften haben Beschäftigte keine Chance auf bessere Arbeitsbedingungen
und bessere Löhne. Fabrikschließungen bzw. –verlagerungen und Entlassungen sind
nicht nur durch den Verdrängungswettbewerb zu erklären, sondern auch Reaktionen
auf den Kampf von Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Wenn
Auftraggeber wie Adidas, Gerry Weber und s.Oliver in ihrer Lieferkette
Geschäftspartner akzeptieren, die eindeutig gegen die Grundrechte auf
Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen verstoßen, dann steht nicht nur
ihre individuelle soziale Reputation auf dem Spiel, sondern auch die
Glaubwürdigkeit des Textilbündnisses, dessen Mitglied die drei Unternehmen
sind. Im Interesse dieser Glaubwürdigkeit müssen die AkteurInnen im
Textilbündnis daran arbeiten, Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen
in den Zulieferern aller beschaffenden Bündnismitglieder durchzusetzen, um
Fälle von Lohndiebstahl in Zukunft zu verhindern.
Quelle: Südwind Blog / Sabine Ferenschild