Samstag, 18. Oktober 2014

Zu viele Mängel in Bangladeshs Textilfabriken und schwacher Start für Textilbündnis



Bei einer Inspektion von 1106 Textilfabriken in Bangladesch kamen insgesamt 80.000 Sicherheitsmängel zutage, berichtet das Greenpeace Magazin. Durchschnittlich schätzen die Experten die Kosten für die Behebungen der Mängel auf 250.000 Dollar je Fabrik. Bei 40 Produktionsstätten empfehlen die Inspektoren eine vorübergehende Schließung. Die Untersuchung wurde von einer Vereinigung von 189 europäischen Modefirmen veranlasst. Der „Bangladesh Accord on Fire and Building Safety“ entstand als Reaktion auf den Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesh im April 2013. Damals starben 1127 Menschen aufgrund unzureichender Sicherheitsvorkehrungen. „The Alliance for Bangladesh Worker Safety“ ist eine ähnliche Gruppierung, bestehend aus amerikanischen Modefirmen wie Gap und Walmart, sie inspizierten im Juli ebenfalls 587 Fabriken.  Ob und in welchem Ausmaße die gefundenen Sicherheitsmängel behoben werden, haben die Modefirmen nicht in der Hand. Die Fabrikbesitzer können freiwillig den Empfehlungen nachkommen, gesetzliche Bestimmungen gibt es aber nicht. Die zuständigen Politiker sind teilweise selbst Inhaber einer Textilfabrik. Und mögliche Preissteigerungen der Textilien als Folge von Baumaßnahmen und Schließungen sind in Bangladesch vor allem von den Exporteuren gefürchtet.

Weiterhin fehlt Geld im Entschädigungsfonds

Die Organisation Clean Clothes Campaign sieht die Verantwortung für die Reparaturen bei den Modefirmen. „Es ist in ihrem Sinne, eine weitere Tragödie mit allen Mitteln zu verhindern. Daher fordern wir die Textilvereinigungen auf, schnellstmöglich weitere Schritte einzuleiten", sagte eine Sprecherin dem Greenpeace Magazin. Clean Clothes Campaign hatte nach dem Einsturz der Textilfabrik einen Rana Plaza Donor Trust Fund eingerichtet, um die betroffenen Familien zu entschädigen. Die durchgeführten Inspektionen klängen vielversprechend, gleichzeitig sei die Kampagne aber enttäuscht, dass viele große Labels wie Benneton es bisher versäumt hätten, ihren Teil zum Trust beizusteuern. Nach Angaben von Clean Clothes fehlt noch rund die Hälfte der benötigten Gelder. Als bedeutendes Defizit für die Arbeiter nennt die Untersuchung auch den extrem niedrigen Mindestlohn. Laut „Asia Floor Wage“, einem Bündnis aus asiatischen Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen, müsste der Mindestlohn verfünffacht werden, um als existenzsichernd zu gelten. Das hätten die Modefirmen in der Hand, setzen es aber nicht um.

Ein Minister wird alleine gelassen

Konkrete Verbesserungen der sozialen und ökologischen Standards in der Textil- und Bekleidungsindustrie soll laut Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) das freiwillige "Textilbündnis" erreichen, dass am 16. Oktober von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) ins Leben gerufen wurde. Bislang beteiligen sich allerdings nur 29 Vertreterinnen und Vertretern der Wirtschaft, der Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft.  Mehr als die Hälfte der Firmen und Verbände, die Müller für seinen Pakt gewinnen wollte, hatten es abgelehnt, sich dem Bündnis anzuschließen. Sie begründeten dies damit, dass sie nicht jeden Produktionsschritt bei ihren Lieferanten und Subunternehmern im Ausland komplett überwachen könnten. Von NGOs kam ebenfalls Kritik an dem auf Freiwilligkeit basierenden Bündnis. Greenpeace lehnte einen Beitritt ab. Der Aktionsplan falle hinter den Greenpeace- Standard zurück, auf den sich bereits globale Firmen wie H&M, Adidas oder Burberry verpflichtet hätten. Seit 2011 habe die Detox-Kampagne von Greenpeace 20 globale Modemarken und sechs große Zulieferer von Luxusmarken davon überzeugt, giftfreie Kleidung zu produzieren. "Da weite Teile der Industrie das auf Freiwilligkeit beruhende Bündnis ohnehin boykottieren", forderte Greenpeace Müller auf, die Unternehmen per Gesetz auf eine saubere Textilherstellung zu verpflichten.
Quelle: Greenpeace Magazin/Luisa Neubauer, epo, spiegel online