Privatbanken
investieren weiterhin kräftig in fossile Brennstoffe, trotz Klimawandel ist die
Tendenz steigend. Das belegt ein neuer Report von mehreren Umweltschutzorganisationen.
Sie fordern: Der Finanzsektor muss endlich Verantwortung übernehmen.
Seit
dem Pariser Klimaabkommen sind die weltweiten CO2-Emissionen nicht
gesunken, sondern immer weiter gestiegen. Zu den größten Verursachern zählt die
Kohle-, Öl- und Gasindustrie. Eine nicht unerhebliche Rolle dabei spielen
Banken: Das florierende Geschäft mit fossilen Brennstoffen wird auch durch ihre
Investitionen ermöglicht. Die gerade veröffentlichte Studie „Banking
on Climate Change 2020“ zeigt: Weltweit heizen Banken mit ihrem Geld
das Klima an. Veröffentlicht wurde sie von den Nichtregierungsorganisationen
(NGOs) Rainforest Action Network, BankTrack, Indigenous Environmental Network,
Oil Change International, Reclaim Finance und dem Sierra Club. „Natürlich
sollten wir jetzt auf die Pandemie und die daraus resultierenden
wirtschaftlichen Auswirkungen reagieren“, schreibt die Gruppe zu Beginn des
Reports. „Doch der Klimawandel bleibt eine existenzielle Bedrohung, die, wie
das Coronavirus, ein beispielloses globales Handeln in Solidarität mit den am
stärksten gefährdeten Menschen erfordert.“ Die Banken verschlimmern diese
existenzielle Bedrohung, wie die NGOs offenlegen: Seit der Einigung auf das
Pariser Klimaabkommen 2016 haben die 35 größten Privatbanken der Welt 2,5
Billionen Euro in die Fossilen Energieträger investiert. Anführer der Liste der
größten Finanziers der Klimakrise ist mit großem Abstand JP Morgan Chase. Die
US-amerikanische Bank steckte umgerechnet 249 Milliarden Euro in Fossile
Energieträger, gefolgt von den ebenfalls amerikanischen Banken Wells Fargo mit
183 Milliarden, Citi mit 174 Milliarden und die Bank of America mit 145
Milliarden Euro. „Die großen US-Banken werden durch eine Regierung ermutigt,
die die fossile Industrie umklammert“, erklärt Alison Kirsch die Übermacht der
US-Banken bei der Finanzierung der klimaschädlichen Energieträger. Aber auch
die europäischen Banken investieren kräftig in sie, angeführt von der in
Großbritannien ansässigen Bank Barclays mit 109 Milliarden Euro. Die Deutsche
Bank rangiert mit 64 Milliarden Euro auf Platz 19, die Commerzbank auf dem
letzten Platz 35.
Statt Kohle nun Investitionen in Gas und Öl
Jetzt
könnte man meinen, dass es eben dauert, das milliardenschwere Geschäft
klimafreundlich auszurichten. Doch das scheinen die Banken gar nicht
vorzuhaben. Investierten sie 2016 zusammengenommen umgerechnet 592 Milliarden
Euro in Fossile Energieträger, so waren es 2019 680 Milliarden Euro. Das ist
ein Anstieg von fast 15 Prozent – in einer Zeit, in der sich entscheidet, ob
wir das Zwei-Grad-Ziel von Paris schaffen werden. „Dafür gibt es keine
Entschuldigung, und es ist völlig inakzeptabel“, sagt Alison Kirsch vom
Rainforest Action Network. „Die Zahlen lügen nicht, die Banken haben versäumt,
Verantwortung für ihre Rolle bei der Aufrechterhaltung der Klimakrise zu
übernehmen.“ Kirsch findet, die Banken würden zu sehr als Opfer der Klimakrise
wahrgenommen, und zu wenig als Verursacher: „Es wird viel über das Klimarisiko
gesprochen – also das Risiko, das der Klimawandel für die Banken darstellt –
doch wir müssen auch über ihre Mitschuld daran sprechen.“ Mark Carney,
ehemaliger Chef der Bank of England und nun UN-Sonderbeauftragter für
Klimamaßnahmen und Finanzen, warnte bereits letztes Jahr, dass das globale
Finanzsystem CO2-intensive Projekte stütze, die zu einen
durchschnittlichen Anstieg der globalen Temperaturen um vier Grad beitragen
würden – ein katastrophales Szenario. Kohle-Investments sind in den vergangenen
Jahren zwar zurückgegangen, 26 der 35 untersuchten Banken haben dafür sogar
entsprechende Richtlinien, die die Kohlefinanzierung einschränken. Doch nun
fließt das Geld deutlich stärker in die Öl- und Gasindustrie. Anstatt in den
Kohleabbau – der seine größten Finanziers nun in den chinesischen Banken China
Construction Bank und Bank of China findet – investieren die Banken stärker in
Teersand, Öl- und Gasförderung in der Arktis und in der Tiefsee, Fracking und
Flüssiggas.
Es tut sich was
Während
die großen Privatbanken darin versagen, ihr Geschäftsmodell auf einen
klimafreundlichen Kurs zu bringen, tut sich auf öffentlicher Ebene etwas: Ende
vergangenen Jahres verkündete die Europäische Investitionsbank (EIB), der
weltweit größte multilaterale Entwicklungsfinanzierer, ihre Finanzierung
fossiler Brennstoffe 2021 einstellen zu wollen. Bereits seit 2013 vergibt die
EIB keine Kredite mehr an Vorhaben zur Kohleverstromung. Und auch die Weltbank
hatte angekündigt, ab 2019 keine Öl- und Gasprojekte mehr fördern zu wollen.
Recherchen der Umweltorganisation Urgewald belegen aber, dass die Weltbank
entgegen ihres Versprechens weiterhin in fossile Energieträger investiert, nun
aber indirekt. So unterstützt sie die Öl- und Gasförderung im südamerikanischen
Guyana und deklariert dies als „technische Hilfe“. Die NGOs hinter dem Report
„Banking on Climate Change 2020“ sind nicht die einzigen, die an die
Vernunft des Bankensektors appellieren. Weltweit bringen unzählige
Bewegungen und Persönlichkeiten – darunter prominente Gesichter wie der
amerikanische Umweltaktivist Bill McKibben oder Alan Rusbridger, Chefredakteur
der britischen Zeitung „The Guardian“ – Städte, Hochschulen und Konzerne dazu,
kein Geld mehr in die Fossilen zu investieren. Und wer mit dem eigenen
Geld solche Geschäfte nicht unterstützen möchte, der findet auf
dem Internetportal „Geld
bewegt“ der Verbraucherzentrale eine Liste von Banken, die ihr Geld nach nachhaltigen
Standards investieren. Darunter finden sich etwa die GLS Bank, die Umweltbank
und viele kirchliche Geldinstitute. Auch die „Divestment“-Bewegung, die sich
gegen umwelt- und gesellschaftsschädliche Investitionen einsetzt, hat sich in
der Vergangenheit bereits als wirkungsvoll erwiesen: Mit Desinvestitionen
und der damit einhergehenden öffentlichen Ächtung wurde etwa die Apartheid in
Südafrika empfindlich geschwächt. Umweltschützer weltweit hoffen nun auf einen
ähnlichen Effekt auf die fossilen Brennstoffe.
Quelle: Greenpeace / Beller