Dienstag, 20. August 2013

Erst Foxconn, dann Pegatron – Apple lernt nicht



Der taiwanesische Apple-Auftragsfertiger Pegatron steht wegen der skandalösen Arbeitsbedingungen im Fokus der Kritik. Die Firma soll der Organisation China Labour Watch zufolge in drei Fabriken massive Verstöße gegen das Arbeitsrecht wissentlich begangen haben. Die Liste der Vorwürfe gegen Pegatron ist lang: Ausufernde Überstunden, Billiglöhne, Arbeit von Minderjährigen, Vertragsverletzungen, Misshandlungen des Personals durch Manager, miserable Unterkünfte sowie gravierende Umweltverschmutzungen in China.

Apple-Strategie geht nicht auf

Die Strategie des Apple-Managements, nach der massiven öffentlichen Kritik am ehemaligen Hauptzulieferer Foxconn vermehrt Aufträge an Pegatron zu vergeben, dürfte nicht von Erfolg gekrönt gewesen sein. In einer ersten Reaktion auf die Anschuldigungen versicherte Pegatron-Chef Jason Cheng, dass er den Verstößen nachgehen und diese beheben werde. "Wir nehmen diese Vorwürfe sehr ernst", so der Manager. Auch Apple teilte mit, man fühle sich "sicheren und gerechten Arbeitsbedingungen in unserer Lieferkette" verpflichtet. Apple will nachhaken.

Pegatron schlimmer als Foxconn

An das Tageslicht gekommen sind die untragbaren Zustände bei Pegatron durch den Einsatz verdeckter Ermittler in den drei besagten Fabriken. Außerdem wurden 200 Interviews mit den Arbeitern außerhalb der Fabriken getätigt. "Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass die Arbeitsbedingungen in Pegatron-Fabriken noch schlimmer sind als in Foxconn-Fertigungsstätten", sagt Li Qiang, der Direktor von China Labour Watch. Die eigenen Standards, die sich Apple auferlegt habe, erfülle man nicht.

Massive Überstunden

Die Durchschnitts-Arbeitszeit pro Woche lag zwischen 66 und 69 Stunden. Am Beispiel Shanghai wird klar, wie sehr die Arbeiter in den Fabriken ausgebeutet werden – sie mussten Formblätter unterschreiben, um die wahre Arbeitszahl zu vertuschen. Apple selbst kam im Juni demnach lediglich auf eine wöchentliche Stundenzahl von 46. Mit dem Zuwachs der Aufträge von Apple hatte Pegatron die Zahl der Arbeiter im Frühjahr von 50.000 auf über 70.000 erhöht.

Sonntag, 18. August 2013

NABU-Kreuzfahrt-Check: Fast alle Schiffe umweltschädigend unterwegs



Kaum ein Kreuzfahrtschiff, das in den kommenden Jahren in Europa unterwegs sein wird, ist aus Gesundheits- und Umweltsicht empfehlenswert. Dies ist das Ergebnis einer Analyse des Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU). Der Umweltverband untersuchte alle 20 der bis 2016 für den europäischen Markt vom Stapel laufenden Kreuzfahrtschiffe auf ihre Abgastechnik und deren Auswirkungen auf Klima, Umwelt und Gesundheit hin. Ein einziges modernes Kreuzfahrtschiff stößt täglich rund 450 Kilogramm Rußpartikel, 5.250 Kilogramm Stickoxide und 7.500 Kilogramm Schwefeldioxide aus. Die Luftschadstoffbelastung, die von den untersuchten 20 Kreuzfahrtschiffen ausgeht, entspricht damit insgesamt derjenigen von rund 120 Millionen modernen Pkw.

Branchenführer AIDA fährt ohne Abgastechnik

Am besten schneiden die Anbieter TUI und Hapag Lloyd ab. Beide setzen mit Stickoxid-Katalysatorenerstmals bei Kreuzfahrtschiffen auf wirksame Abgastechnik. Allerdings fehlt auch ihnen weiter ein Rußpartikelfilter. Klarer Verlierer des NABU-Kreuzfahrtrankings ist AIDA. Beim Branchenführer klaffen Anspruch und Wirklichkeit am weitesten auseinander. "AIDA wird bis auf Weiteres ohne jegliche Abgastechnik unterwegs sein. Seinen jährlich mehr als 600.000 Gästen pustet das Unternehmen damit weiter hochgradig giftige Abgase um die Nase", sagte NABU-Verkehrsexperte Dietmar Oeliger.

Greenwashing statt Filter

Insgesamt, so zeigt die Analyse, werden 17 der 20 Schiffe über keinerlei Abgasreinigung verfügen. Und das, obwohl die Technik längst verfügbar und im Vergleich zu den Gesamtkosten der Schiffe erschwinglich ist. Pro Schiff, so der NABU-Verkehrsexperte, koste ein wirksames Abgassystem maximal eine Million Euro - bei Gesamtinvestitionen von insgesamt 9,7 Milliarden Euro für alle Neubauten bis 2016 mache dies gerade einmal 0,2 Prozent aller Kosten aus. "Es ist beschämend, dass AIDA, Costa und Royal Carribean lieber Millionen in teure Greenwashing-Kampagnen stecken, als tatsächlich einmal Geld in die Hand zu nehmen und in ein funktionierendes Abgassystem zu investieren", so Oeliger. Obwohl die Gesundheitsgefahr, die von ungefilterten Stickoxiden und Rußpartikeln ausgeht, auch den Reedereien hinreichend bekannt ist, seien diese weiterhin nicht bereit, flächendeckend Katalysatoren und Filter einzubauen und die Abgasbelastung so um weit mehr als 90 Prozent zu senken.

Giftiges Schweröl weiter im Einsatz

Rußpartikel dringen tief in die Lunge ein, sind Krebs erregend und können Herzinfarkte verursachen. Unlängst haben auch die Weltgesundheitsorganisation WHO und die deutsche Wissenschaftsorganisation Helmholtz-Gemeinschaft die massive Gefährdung von Anwohnern, Gästen und Crewmitgliedern durch Schiffsabgase bestätigt. Rußpartikel aus Dieselmotoren sind demnach mit der Giftigkeit von Asbest gleichzusetzen. "Aus gesundheitlichen Gründen ist zurzeit auf keinem einzigen Kreuzfahrtschiff Urlaub ratsam", so Axel Friedrich, weltweit anerkannter Experte für Luftreinhaltung. Erschwerend kommt hinzu, dass alle Reeder weiter auf Schweröl als Kraftstoff setzen. "Schweröl enthält Unmengen an giftigen Substanzen, die bei der Verbrennung in die Atemluftgelangen. Auch im Falle einer Havarie birgt es erhebliche Gefahren für die Meeresökologie. So genannte 'Scrubber', wie verschiedene Reeder sie einsetzen wollen, senken zwar die Schwefeldioxidbelastung. Doch ihre Auswirkungen auf die Umwelt sind durch Reststoffe und die verlängerte Nutzung von Schweröl inakzeptabel", so Friedrich. Eine Umstellung auf den vergleichsweise sauberen Schiffsdiesel wäre dabei sofort möglich. 

Hafenbewohner durch Kreuzfahrtschiffe belastet

Zusätzlich ist die gesundheitliche Belastung für Hafenanwohner in den vergangenen Jahren durch Kreuzfahrtschiffe enorm gestiegen. Derzeit liegen die Ozeanriesen mit laufenden Motoren inmitten der Hafenstädte vor Anker und pusten so Unmengen an Abgasen in die Luft. Die von den Reedereien seit Langem angekündigte emissionsreduzierte Stromversorgung während der Liegezeit, zum Beispiel im Hamburger Hafen, fehlt immer noch. "Die Verzögerungstaktik der Reedereien ist angesichts zunehmender Kreuzfahrtschiffanläufe und der wachsenden Belastung von Gästen und Anwohnern so unverständlich wie unverantwortlich", sagte der Umweltexperte des NABU Hamburg, Malte Siegert. Schon für dieses Jahr hatten TUI und AIDA jeweils mit Flüssiggas betriebene Versorgungssysteme versprochen, um ihre Maschinen im Hafen teilweise abschalten zu können. "Die werbewirksamen Schlagzeilen haben die Unternehmen eingefahren, während ihre Schiffe heute noch immer mit wenig Rücksicht auf Verluste Dreck durch die Schornsteine ausstoßen", so Siegert.

WAS KÖNNEN WIR TUN? TIPPS VOM NABU unter:
www.nabu.de/themen/verkehr/schifffahrt/mirstinkts/14070.html

NABU-Trickfilm zur Verschmutzung von Kreuzfahrtschiffen:

Freitag, 16. August 2013

Fairer Handel – Bilanz 2012


Nach Angaben des Forums Fairer Handel erreichte der Faire Handel in Deutschland im Geschäftsjahr 2012 erstmals die Marke von 650 Millionen Euro und verzeichnete eine Steigerung von rund 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In absoluten Zahlen wurde ein Plus von ca. 170 Mio. Euro erreicht. Noch nie gaben die Verbraucher in Deutschland so viel für fair gehandelte Produkte aus. Der Absatz mit fair gehandelten Produkten hat sich innerhalb der letzten vier Jahre verdoppelt.



Vertriebswege und Produkte

Mit 533 Millionen Euro machten Produkte mit dem Fairtrade-Siegel den größten Anteil am Gesamtabsatz zu Endverbraucherpreisen in Deutschland aus. Mehr als 42.000 Lebensmittelgeschäfte, Supermärkte und Discounter bieten mittlerweile Produkte aus Fairem Handel an. Es gibt ca. 800 Weltläden in Deutschland. Diese und lokale Aktionsgruppen sind nach wie vor einer der bedeutendsten Vertriebswege. Sie machen rund 43% des gesamten Absatzes aus. Rund 50 Prozent aller fair gehandelter Lebensmittel kommen aus kontrolliert biologischem Anbau.


Entwicklung einzelner Produkte

Die absatzstärksten Lebensmittel im Fairen Handel sind nach wie vor die "Klassiker": Kaffee, Kakao, Tee und Südfrüchte. Kaffee hält mit 41 Prozent am Gesamtumsatz der Fair- Händler weiterhin deutlich die Spitzenposition, bei Fairtrade-zertifizierten Produkten sind es beinahe die Hälfte - 47Prozent. Insgesamt wuchs der Kaffeeabsatz 2012 um weitere 25 Prozent auf 11.675 Tonnen, davon sind rund 65% auch bio zertifiziert. Mit einem Plus von 219% hat sich Deutschland an die Spitze des Handels mit Fairtrade-zertifizierten Blumen befördert. Durch die beeindruckende Verdreifachung der Absätze gegenüber  2011 haben Rosen nun einen Marktanteil von knapp 20% erreicht (siehe hierzu auch Blogbeitrag http://faireinkaufenaberwie.blogspot.de/2013/02/fairtrade-rosen-in-der-kritik.html. Auch Südfrüchte konnten im letzten Geschäftsjahr einen deutlichen Zuwachs um 56% gegenüber dem Vorjahr verbuchen (25.442t) Bananen machen dabei mehr als 95% aller Frischfrüchte aus und haben einen Marktanteil von 3,5%. Rund 90% aller Südfrüchte sind auch bio zertifiziert.


Engagement zeigt Wirkung

Mit 100.000 ehrenamtlich Aktiven ist der Faire Handel die größte entwicklungspolitische Bewegung Deutschlands. Das Engagement in Kirchen, Aktionsgruppen, Schüler- und Jugendprojekten sowie der bewusste Konsum von über 32,5 Millionen Verbraucher zeigen Wirkung: Immer mehr Produzenten ermöglicht der Faire Handel verbesserte Lebensbedingungen und wirtschaftliche Sicherheit. Die Zahl der Handelspartnerschaften der anerkannten Fair-Handels-Importeure konnte auf annähernd 700 ausgeweitet werden. Die meisten dieser Partnerschaften bestehen mit Kleinbauern, Kooperativen und Plantagen in Asien (33 Prozent), gefolgt von Lateinamerika (32 Prozent) und Afrika (28 Prozent).

Mittwoch, 14. August 2013

Entwicklungsminister torpediert Menschenrechtsarbeit



In einem Brief fordert Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel die Menschenrechtsorganisation FIAN dazu auf, die Unterstützung für die Vertriebenen der Kaweri Kaffee Plantage (Uganda) einzustellen. Die Einseitigkeit von Niebels Darstellung und Vorgehensweise legt den Schluss nahe, dass es sich um den Versuch handelt, einseitig deutsche wirtschaftliche Interessen durchzusetzen.

Jahrelanger Streit
  
Fian streitet seit über einem Jahrzehnt vor Gericht um Entschädigung für die Vertriebenen der Kaweri Kaffee Plantage in Uganda. In Mubende wurden im August 2001 vier Dorfgemeinschaften gewaltsam vom Militär von ihrem Land vertrieben. Sie mussten einer Kaffeeplantage Platz machen, die der Kaweri Coffee Plantation Ltd, einem Tochterunternehmen der Neumann Kaffee Gruppe, gehört. Im Zuge der Vertreibung verloren die Menschen Hab und Gut, einige wurden verletzt oder verloren sogar ihr Leben.

Bedenkliche Sicherheitslage

Der Kaweri-Fall wirft ein Licht auf die seit einigen Jahren massiv zunehmenden Fälle von Landvertreibung, auf die damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen und auf die in diesem Kontext stattfindende Einschüchterung und Kriminalisierung von MenschenrechtsverteidigerInnen. So wurde im Fall der Kaweri-Plantage der Sprecher der Vertriebenen 2005 nach Korruptionsvorwürfen unter Missachtung von Verwaltungsverfahren in Untersuchungshaft genommen und erst nach sechs Monaten freigesprochen und entlassen. Die Sicherheitslage der Vertriebenen ist bedenklich.

Einseitige Darstellung

Niebel schreibt, er sei "nach vertiefter Prüfung des Sachverhalts zu der Einschätzung gelangt, dass die fortwährende Kampagne, die Sie (FIAN) gegen die angesehene Neumann Kaffee Gruppe führen, unangemessen und unberechtigt" sei. Die Öffentlichkeitsarbeit von FIAN zum Thema würde weiter der ugandischen Kaffeewirtschaft schaden.  Mit keinem Wort erwähnt Niebel das Gerichtsurteil des Hohen Gerichts von Kampala vom 28. März 2013: Das Gericht sprach den Vertriebenen Entschädigungsleistungen in erheblichem Umfang zu und die Neumann-Tochter Kaweri für schuldig. FIAN hat im Nachgang des Urteils kritisiert, dass das Urteil die menschenrechtliche Pflichtverletzung der ugandischen Regierung nicht benennt und dieser somit ermöglicht, sich ihrer Verantwortung zu entziehen.

Keine Vorwürfe gegen Neumann?

Niebel verweist stattdessen in seinem Brief auf einen Beschluss der deutschen Nationalen Kontaktstelle (NKS) der OECD, wonach Neumann kein Vorwurf zu machen sei. Dazu ist klarzustellen, dass die Einschätzung der im Bundeswirtschaftsministerium angesiedelten NKS auf ein einziges Gespräch zwischen der NKS, Vertretern der Neumann Kaffee Gruppe und einem Vertreter der Vertriebenen in Berlin zurückgeht. Zuvor hatte das Unternehmen alle konkreten Vorschläge abgelehnt, die Wake Up and Fight for Your Rights und FIAN zur Klärung der strittigen Fragen unterbreitet hatten.

Der Kampf geht weiter

Für FIAN-Geschäftsführerin Ute Hausmann ist klar: "FIAN wird die Unterstützung für die vertriebenen Kleinbauernfamilien selbstverständlich fortsetzen. Noch immer leiden die Menschen an den Folgen der Vertreibung zu Gunsten des Hamburger Kaffeeunternehmens Neumann". Hausmann bedauert, dass der Minister Fian nicht vor seinem Schreiben kontaktiert habe, um seine  einseitige Informationsgrundlage zu ergänzen und ihm ein ausgewogenes Bild  der Situation in Uganda und der Arbeit von Fian hierzu zu ermöglichen.

Den kompletten Brief von Niebel, die Stellungnahme von Fian und mehr Informationen zum Fall hier:
www.kleinbauernrechte-jetzt.de/schwerpunkt/uganda