Freitag, 12. Mai 2023

Fairtrade-Produkte immer beliebter – doch die Kritik am System bleibt

Im letzten Jahr ist die Nachfrage in Deutschland nach Fairtrade-Produkten gestiegen. Das Siegel soll unter anderem bessere Bezahlung von Produzent:innen garantieren. Doch es gibt Kritik an dem System.Die Nachfrage nach fair gehandelten Produkten in Supermärkten oder Restaurants nimmt weiter zu. Der Umsatz mit Fairtrade-Waren stieg im vergangenen Jahr um rund elf Prozent auf 2,36 Milliarden Euro, wie der Verein Fairtrade Deutschland am Dienstag in Berlin mitteilte. Bereinigt um Preissteigerungen bleibe ein Wachstum von rund fünf Prozent übrig, sagte Fairtrade-Vorständin Claudia Brück. „Wir sehen es sowohl in den Absätzen als auch bei den Umsätzen.“ Der Fairtrade-Verein stellt sicher, dass den Produzent:innen neben einem produktionskostendeckenden Mindestpreis auch eine Prämie gezahlt wird, die für Zukunftsinvestitionen gedacht ist. Insgesamt flossen damit im vergangenen Jahr zusätzliche 44 Millionen Euro an die Bäuer:innen.

Nachfrage nach Fairtrade-Kaffee ging zurück

Von der steigenden Nachfrage profitierten indes nicht alle Produkte. Bei Kaffee, Textilien und Blumen gab es einen Rückgang bei der Nachfrage. Insbesondere beim Kaffee ging der Absatz im vergangenen Jahr um knapp zwei Prozent auf 24.000 Tonnen zurück. Er ist das umsatzstärkste Produkt im Fairtrade-Portfolio. Ab August treten bei Kaffee höhere Mindestpreise in Kraft, um die stark gestiegenen Produktionskosten in den Herkunftsländern aufzufangen. Bei fair gehandelten Bananen und Kakao verzeichnete der Verein im vergangenen Jahr steigende Absätze. Der Anteil von Fairtrade-Bananen auf dem deutschen Markt liege inzwischen bei rund 16 Prozent, hieß es. In der Gastronomie konnte der Verein ein Absatzplus bei Fairtrade-Produkten von 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahr beobachten.

Foodwatch: Kritik am Fairtrade-System

An dem Fairtrade-System gibt es immer wieder Bedenken. Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch kritisiert in einer Pressemitteilung, dass die Verantwortung auf die Verbraucher:innen abgeschoben werde. Eigentlich sollten sich Konsument:innen darauf verlassen können, dass alle Produkte ökologisch und sozial gerecht hergestellt wurden, so die Forderung. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) erklärte eine Sprecherin, dass Foodwatch freiwillige Siegel grundsätzlich eher kritisch sehe. Daher brauche es nachhaltigere und fairere Standards für alle Unternehmen. In Bezug auf die Lieferketten, habe Friedel Hütz-Adams vom Südwind-Institut zufolge das Fairtrade-System dazu beigetragen, auf Missstände aufmerksam zu machen. Auch seien die Zustände besser als im konventionellen Anbau. Ähnlich wie Foodwatch plädiert er für einen Systemwandel. Es sei Paradox, dass grundsätzlich Produkte verkauf werden, die mit „massiven sozialen Missständen einhergehen“, bei denen Kund:innen „eine Auszeichnung suchen, dass das nicht so ist“, zitiert ihn das RND. Der umgekehrte Fall solle, seiner Meinung nach, stattdessen Standard sein: Ein Regal voller Produkte, die ohne Kinderarbeit entstanden sind und wofür Menschen existenzsichernde Löhne erhalten haben.

Quelle: utopia.de, Grafik: Fairtrade Deutschland