Mittwoch, 15. Mai 2013

Nachhaltig oder nicht – EU entscheidet über die Zukunft der europäischen Fischbestände


Dass die europäischen Fischbestände stark schrumpfen, ist nichts Neues. Zwei von drei Fischbeständen in europäischen Gewässern gelten als überfischt.  Dass die europäische Fangflotte daran einen maßgeblichen Anteil hat, ist ebenso bekannt. Allen Beteiligten ist klar, dass es nicht weitergehen kann wie bisher. Daher kommt dem Treffen der Fischereiminister zur Reform der Fischereipolitik der EU in diesen Tagen eine weitreichende Bedeutung zu.

Zahlreiche Meinungsverschiedenheiten



Gestritten wird über Kernelemente des Gesetzespakets wie z.B. Ausnahmeregelungen für das neue Rückwurfverbot, das die Verschwendung von Beifang beenden soll, oder die verbindliche Verknüpfung von Subventionszahlungen an die Einhaltung von Fischereigesetzen. Uneinigkeit herrscht auch über das zentrale Nachhaltigkeitsziel der Reform. Dabei geht es um die Frage, bis wann die Fischbestände durch eine reduzierte Fischerei wieder auf eine gesunde Größe angewachsen dürfen, damit man sie nachhaltig bewirtschaften kann.

Erholung der Fischbestände in weiter Ferne


Geht es nach den Fischereiministern, soll der Fischereidruck schrittweise reduziert werden,  aber erst ab 2020 auch verbindlich. Das geht der Umweltorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) viel zu langsam.  „Die Anpassung der Fangmengen bis 2020 zu verschleppen, wäre eine bewusste Entscheidung der Politik die Überfischung fortzuführen“, so WWF Expertin Nemecky. „Mit den Plänen der Fischereiminister verlieren wir wertvolle Zeit, um stabile Fischbestände und eine wirtschaftlich tragfähige Fischerei in Europa wieder herzustellen." In einer wissenschaftliche Analyse der Reformpläne kommt der WWF zu dem Schluss, dass „in den Plänen der Minister die Erholung der Fischbestände zum bloßen Nebeneffekt wird.  Nach Angaben des WWF bräuchte es so mehr als 100 Jahre um die Bestände zu sanieren."

Nachhaltiger Vorschlag des EU-Parlaments


Zu einer wesentlich schnelleren Erholung der Fischbestände führt hingegen ein Gegenvorschlag des Europäischen Parlaments. Darin wird das politische Ziel verfolgt, zunächst die Bestände bis 2020 wieder auf eine gesunde Größe aufzubauen und die Fischerei dementsprechend zu drosseln. Anschließend sollen die Bestände mit nachhaltigem Fischereidruck bewirtschaftet werden. Bestandsgröße und Fangmengen würden so nach dem Prinzip des „höchstmöglichen Dauerertrags“ (MSY) ausgerichtet. Laut WWF Analyse könnten sich bei Umsetzung des Parlamentsvorschlags innerhalb der nächsten 10 Jahre drei Viertel der überfischten Bestände erholt haben.

Interessen prallen aufeinander


Den Grund für die stockenden Reformverhandlungen sieht der WWF in sozio-ökonomischen Bedenken einzelner Mitgliedsländer. „Vor allem klassischen Fischereinationen wie Frankreich und Spanien ist offenbar am Erhalt des Status quo gelegen. Damit wird aber der dringend nötige Kurswechsel für eine nachhaltige und zukunftsfähige Fischerei systematisch ausgebremst“, sagt WWF Expertin Nemecky. „Die Reform hängt jetzt am seidenen Faden. Sollte sie scheitern, wird auch der Kampf gegen die Überfischung um Jahrzehnte zurückgeworfen. Das ist für sowohl für das empfindliche Ökosystem der Meere wie für den Fischereisektor bedrohlich.“ Ob die deutsche Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner daran etwas ändern kann, ist fraglich. Der WWF fordert sie auf, eine Führungsrolle in den aktuellen Verhandlungen beim Fischereiministertreffen übernehmen, und sich für ein schnellstmögliches Ende der Überfischung und ein Gelingen der Reform einzusetzen.

Weitere Infos unter: http://deinenfischwaehlen.eu/de/hintergrund und http://www.wwf.de/aktiv-werden/tipps-fuer-den-alltag/vernuenftig-einkaufen/einkaufsratgeber-fisch/