Dass die europäischen Fischbestände
stark schrumpfen, ist nichts Neues. Zwei von drei Fischbeständen in
europäischen Gewässern gelten als überfischt. Dass die europäische Fangflotte daran einen
maßgeblichen Anteil hat, ist ebenso bekannt. Allen Beteiligten ist klar,
dass es nicht weitergehen kann wie bisher. Daher kommt dem Treffen der Fischereiminister
zur Reform der
Fischereipolitik der EU in diesen Tagen eine weitreichende Bedeutung zu.
Zahlreiche Meinungsverschiedenheiten
Gestritten wird über Kernelemente des Gesetzespakets wie z.B. Ausnahmeregelungen für das neue Rückwurfverbot, das die Verschwendung von Beifang beenden soll, oder die verbindliche Verknüpfung von Subventionszahlungen an die Einhaltung von Fischereigesetzen. Uneinigkeit herrscht auch über das zentrale Nachhaltigkeitsziel der Reform. Dabei geht es um die Frage, bis wann die Fischbestände durch eine reduzierte Fischerei wieder auf eine gesunde Größe angewachsen dürfen, damit man sie nachhaltig bewirtschaften kann.
Erholung der Fischbestände in weiter Ferne
Geht es nach den Fischereiministern,
soll der Fischereidruck schrittweise reduziert werden, aber erst ab 2020 auch verbindlich. Das geht
der Umweltorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) viel zu langsam. „Die Anpassung der Fangmengen bis 2020 zu
verschleppen, wäre eine bewusste Entscheidung der Politik die Überfischung
fortzuführen“, so WWF Expertin Nemecky. „Mit den Plänen der Fischereiminister
verlieren wir wertvolle Zeit, um stabile Fischbestände und eine wirtschaftlich
tragfähige Fischerei in Europa wieder herzustellen." In einer wissenschaftliche
Analyse der Reformpläne kommt der WWF zu dem Schluss, dass „in den Plänen der Minister
die Erholung der Fischbestände zum bloßen Nebeneffekt wird. Nach Angaben des WWF bräuchte es so mehr als
100 Jahre um die Bestände zu sanieren."
Nachhaltiger Vorschlag des EU-Parlaments
Zu einer wesentlich schnelleren
Erholung der Fischbestände führt hingegen ein Gegenvorschlag des Europäischen Parlaments.
Darin wird das politische Ziel verfolgt, zunächst die Bestände bis 2020 wieder
auf eine gesunde Größe aufzubauen und die Fischerei dementsprechend zu
drosseln. Anschließend sollen die Bestände mit nachhaltigem Fischereidruck
bewirtschaftet werden. Bestandsgröße und Fangmengen würden so nach dem Prinzip
des „höchstmöglichen Dauerertrags“ (MSY) ausgerichtet. Laut WWF
Analyse könnten sich bei Umsetzung des Parlamentsvorschlags innerhalb der nächsten
10 Jahre drei Viertel der überfischten Bestände erholt haben.
Interessen prallen aufeinander
Den Grund für die stockenden
Reformverhandlungen sieht der WWF in sozio-ökonomischen Bedenken einzelner
Mitgliedsländer. „Vor allem klassischen Fischereinationen wie Frankreich und
Spanien ist offenbar am Erhalt des Status quo gelegen. Damit wird aber der
dringend nötige Kurswechsel für eine nachhaltige und zukunftsfähige Fischerei
systematisch ausgebremst“, sagt WWF Expertin Nemecky. „Die Reform
hängt jetzt am seidenen Faden. Sollte sie scheitern, wird auch der Kampf gegen
die Überfischung um Jahrzehnte zurückgeworfen. Das ist für sowohl für das empfindliche
Ökosystem der Meere wie für den Fischereisektor bedrohlich.“ Ob die deutsche Bundeslandwirtschaftsministerin
Aigner daran etwas ändern kann, ist fraglich. Der WWF fordert sie auf, eine Führungsrolle
in den aktuellen Verhandlungen beim Fischereiministertreffen übernehmen, und
sich für ein schnellstmögliches Ende der Überfischung und ein Gelingen der
Reform einzusetzen.
Weitere Infos unter: http://deinenfischwaehlen.eu/de/hintergrund und http://www.wwf.de/aktiv-werden/tipps-fuer-den-alltag/vernuenftig-einkaufen/einkaufsratgeber-fisch/
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