Samstag, 4. Oktober 2014

Der ausgelaugte Planet – Living Planet Report 2014


Die Umweltorganisation WWF berechnet in ihrem Living Planet Report jedes Jahr den ökologischen Fußabdruck der Weltbevölkerung sowie einzelner Staaten. Besonders Deutschland hat große Füße. Einen Wert von 2,6 attestiert der WWF der Bundesrepublik, umgerechnet in Schuhgrößen wohl mindestens eine 59. Hinter der Zahl steckt die Überlegung, wie viele Erden wir bei derzeitiger Ressourcennutzung eigentlich bräuchten. Deutschland verbraucht also weit mehr als doppelt so viele Ressourcen, wie ihm laut WWF eigentlich zur Verfügung stehen. Aber wir wären nicht Exportweltmeister, wenn sich nicht auch dieses Problem durch Expansion lösen ließe. Was hierzulande an Anbauflächen fehlt, wird anderswo beschafft. In Südamerika werden rund 2,2 Millionen Hektar zum Anbau von Soja genutzt - Futtermittel für deutsche Nutztiere. Die Welt wird also nicht nur mit wahnsinnig wettbewerbsfähigen Produkten »Made in Germany« überhäuft, unseren ökologischen Fußabdruck bekommen sie gratis dazugeliefert.

Bald brauchen wir eine zweite Erde

Aber nicht nur Deutschland, das sonst beim Thema Schulden die Nase ganz weit oben trägt, lebt ökologisch weit über seine Verhältnisse: Die USA beuten die Natur derart aus, dass ganze vier Erden nötig wären. Und die gesamte Weltbevölkerung verbraucht anderthalb mal so viele Ressourcen, wie der Planet bereithält. Brandes warnt: »Wir entziehen uns und unseren Kindern die Lebensgrundlagen in schwindelerregender Geschwindigkeit.« Mache die Menschheit weiter wie bisher, seien 2030 zwei komplette Planeten nötig, um den Bedarf an Nahrung, Wasser und Energie zu decken. Die Folgen des Raubbaus sind bereits heute spürbar: Hungersnöte und Wetterkatastrophen nehmen drastische Ausmaße an.

Hauptprobleme Stickstoff, Biodiversität, Klimawandel

Drei Entwicklungen sind laut Living Planet Report besonders alarmierend: der Klimawandel, die Stickstoffnutzung und die Abnahme der Biodiversität. In den letzten 40 Jahren hat sich die Anzahl von Säugetieren, Vögeln, Reptilien und Fischen nach WWF-Berechnungen mehr als halbiert. Und während der Klimawandel in der Öffentlichkeit zunehmende Beachtung genießt, steuert das Stickstoffproblem still und heimlich in eine Katastrophe. Denn die übermäßige Nutzung des Gases in der Landwirtschaft verwandelt Gewässer und Böden in sauerstoff- und nährstofffreie »Todeszonen«, in denen kein Leben entstehen kann.

Taten statt immer mehr Konzepte

Was Brandes nicht mehr hören könne, sei der Ruf nach immer neuen Nachhaltigkeitskonzepten. »Wir haben die Konzepte. Wir müssen nur einfach anfangen.« Die Bundesrepublik stehe dabei ganz besonders in der Verantwortung. Ob es Deutschland passe oder nicht, es habe in der Welt eine Vorbildfunktion, die es zu nutzen gelte. »Dass Angela Merkel nicht zum Klimagipfel fährt, ist für die Bedeutung des Klimawandels in der öffentlichen Wahrnehmung ein schlechtes Signal.« Dringend nötig sei eine 180-Grad-Drehung in der Agrarpolitik und die konsequente Umsetzung der Energiewende. Die Zeit drängt.
Quelles: Neues Deutschland