Die Umweltorganisation WWF berechnet in ihrem
Living Planet Report jedes Jahr den ökologischen Fußabdruck der Weltbevölkerung
sowie einzelner Staaten. Besonders Deutschland hat große Füße. Einen Wert von 2,6
attestiert der WWF der Bundesrepublik, umgerechnet in Schuhgrößen wohl
mindestens eine 59. Hinter der Zahl steckt die Überlegung, wie viele Erden wir
bei derzeitiger Ressourcennutzung eigentlich bräuchten. Deutschland verbraucht
also weit mehr als doppelt so viele Ressourcen, wie ihm laut WWF eigentlich zur
Verfügung stehen. Aber wir wären nicht Exportweltmeister, wenn sich nicht auch
dieses Problem durch Expansion lösen ließe. Was hierzulande an Anbauflächen
fehlt, wird anderswo beschafft. In Südamerika werden rund 2,2 Millionen Hektar
zum Anbau von Soja genutzt - Futtermittel für deutsche Nutztiere. Die Welt wird
also nicht nur mit wahnsinnig wettbewerbsfähigen Produkten »Made in Germany«
überhäuft, unseren ökologischen Fußabdruck bekommen sie gratis dazugeliefert.
Bald brauchen wir
eine zweite Erde
Aber nicht nur Deutschland, das
sonst beim Thema Schulden die Nase ganz weit oben trägt, lebt ökologisch weit
über seine Verhältnisse: Die USA beuten die Natur derart aus, dass ganze vier
Erden nötig wären. Und die gesamte Weltbevölkerung verbraucht anderthalb mal so
viele Ressourcen, wie der Planet bereithält. Brandes warnt: »Wir entziehen uns
und unseren Kindern die Lebensgrundlagen in schwindelerregender
Geschwindigkeit.« Mache die Menschheit weiter wie bisher, seien 2030 zwei
komplette Planeten nötig, um den Bedarf an Nahrung, Wasser und Energie zu
decken. Die Folgen des Raubbaus sind bereits heute spürbar: Hungersnöte und
Wetterkatastrophen nehmen drastische Ausmaße an.
Hauptprobleme
Stickstoff, Biodiversität, Klimawandel
Drei Entwicklungen sind laut
Living Planet Report besonders alarmierend: der Klimawandel, die
Stickstoffnutzung und die Abnahme der Biodiversität. In den letzten 40 Jahren
hat sich die Anzahl von Säugetieren, Vögeln, Reptilien und Fischen nach
WWF-Berechnungen mehr als halbiert. Und während der Klimawandel in der
Öffentlichkeit zunehmende Beachtung genießt, steuert das Stickstoffproblem
still und heimlich in eine Katastrophe. Denn die übermäßige Nutzung des Gases
in der Landwirtschaft verwandelt Gewässer und Böden in sauerstoff- und
nährstofffreie »Todeszonen«, in denen kein Leben entstehen kann.
Taten statt immer
mehr Konzepte
Was Brandes nicht mehr hören
könne, sei der Ruf nach immer neuen Nachhaltigkeitskonzepten. »Wir haben die
Konzepte. Wir müssen nur einfach anfangen.« Die Bundesrepublik stehe dabei ganz
besonders in der Verantwortung. Ob es Deutschland passe oder nicht, es habe in
der Welt eine Vorbildfunktion, die es zu nutzen gelte. »Dass Angela Merkel
nicht zum Klimagipfel fährt, ist für die Bedeutung des Klimawandels in der
öffentlichen Wahrnehmung ein schlechtes Signal.« Dringend nötig sei eine
180-Grad-Drehung in der Agrarpolitik und die konsequente Umsetzung der
Energiewende. Die Zeit drängt.
Quelles: Neues Deutschland