Noch 2013 war in einem Hintergrundpapier der GEPA zum
Thema Mengenausgleich zu lesen:
"Die GEPA wendet in der Verarbeitung ihrer Produkte keinen Mengenausgleich an.“ Klar
distanzierte man sich bei Deutschlands größtem Fairhandels-Importeur von dem 2011 von Fairtrade International eingeführten
Verfahren. Die
Siegelorganisation erlaubt den sogenannten Mengenausgleich für
Kaffee, Tee, Kakao und Orangensaft. Danach muss ein Hersteller lediglich
nachweisen, dass er einen bestimmten Prozentsatz fair produzierter Ware
einkauft und denselben Prozentsatz wieder verkauft. Es können sich in der
Weiterverarbeitung also faire und nicht faire Bestandteile vermischen und es
kann der Fall eintreten, dass ein Fairtrade-zertifizierten Produkt physisch
keine fairen Bestandteile enthält, obwohl das Siegel auf der Packung für das
Gegenteil steht.
Eine versteckte
Ausnahme
Zwei Jahre nachdem Fairtrade den Mengenausgleich eingeführt hatte, hieß es bei der Gepa plötzlich, dass es sehr wohl ein Produkt gäbe, bei dem Mengenausgleich betrieben wird
– den Orangensaft. Die Begründung der GEPA hierfür ist nachvollziehbar und
korrekt („Fair einkaufen-aber wie“ war in Brasilien vor Ort): „Da die
Genossenschaften keine eigene Abfüllanlage haben, bringen sie ihre Orangen zu
einer externen Anlage, die auch Orangen anderer Anbieter weiterverarbeitet. Die
Genossenschaften liefern uns dann das Konzentrat, das sie von dem Verarbeiter
bekommen haben. Eine eigene Abfüllanlage würde für unsere
Partnergenossenschaften bis auf Weiteres eine Rieseninvestition bedeuten.“ Die
Bauern produzieren einfach zu wenig, um die Anschaffung einer eigenen
Abfüllanlage zu rechtfertigen. Das versteht jeder.
Glaubwürdigkeit angekratzt
Nicht so einfach zu verstehen ist die Tatsache,
dass die GEPA den Konsumenten dies über Jahre verschwiegen hat. Denn es gab, da
es sich um einen wohl begründeten Einzelfall handelt, eigentlich nichts zu
verbergen. Doch weder im Internet noch auf den Orangensaft-Packungen der GEPA
fanden sich zwischen 2011 und 2013 entsprechende Hinweise. Nun heißt es: „Die GEPA wendet in der Verarbeitung
ihrer Produkte keinen Mengenausgleich an“. Und weiter: „Auch unsere Handelspartner sind in der Lage
– bis auf eine Ausnahme beim Orangensaftkonzentrat – in der Verarbeitung
Fairtrade- von nicht Fairtrade-Rohware zu trennen, sodass sie sich nicht
vermischen.“
Auch auf den Verpackungen soll
gegen Ende des Jahres ein entsprechender Hinweis angebracht werden, den es bei den Fairtrade-Produkten schon seit 2011 gibt. Zuvor
müssen allerdings die alten Verpackungen aufgebraucht werden. Warum aber wurde die Ausnahme beim Mengenausgleich, den die GEPA bei Fairtrade einst so kategorisch ablehnte,
dem Verbraucher nicht näher gebracht? Mit ihrer nachlässigen Kommunikationspolitik hat die GEPA der Glaubwürdigkeit des Fairen Handels einen
Bärendienst erwiesen. Denn wer im Glashaus sitzt, sollte bekanntlich nicht mit
Steinen werfen.