Die NGO Shipbreaking Platform, die sich gegen
schmutzige und gefährliche Praktiken der Schiffverschrottung richten, hat die
vollständige Liste aller großen Handelsschiffe veröffentlicht, die im Jahr 2013
weltweit verschrottet worden sind. Von den insgesamt 1213 Schrottschiffen
wurden 645 in Indien, Pakistan und Bangladesch gestrandet. Rund 40% dieser
Schiffe gehörten europäischen Firmen. Griechische und deutsche Reeder haben dabei bis zu
80% ihrer alten Schiffe auf den Strand gesetzt, anstatt sie an moderne
Schiffrecyclinganlage zu verkaufen. Eine
neue EU-Verordnung zum Schiffrecycling ist am 30. Dezember in Kraft
getreten. Sollte die Europäische Union dem Gesetz kein wirtschaftliches
Anreizsystem beifügen, werden viele Reeder
die Verordnung umschiffen, indem sie außereuropäische Billigflaggen nutzen.
Mehr Profit, mehr Schaden für
Mensch und Umwelt
Die meisten dieser Schrottschiffe enthalten in
ihrer Struktur giftige und gefährliche Materialien wie Asbest, Schwermetalle,
PCBs und organische Abfälle. Südasien hat sich zum bevorzugten Schrottplatz
entwickelt, da Umweltstandards, Arbeitsrecht und Sicherheitsmaßnahmen dort nur spärlich umgesetzt
werden. Die Reeder können ihre Schiffe dadurch mit weitaus größerem Profit an die
„beach breakers“ verkaufen, als wenn sie
sich für sicheres und sauberes Schiffrecycling entscheiden würden. “Während die
Zahl der Schrottschiffe fast genauso hoch wie 2012 lag, ist Anzahl gestrandeter
Schiffe von 850 auf 645 gesunken – das ist eine Minderung um fast ein Viertel
im Vergleich zum Vorjahr. Mehr Reeder habe sich für sicheres und sauberes
Recycling entscheiden. Das ist eine gute Nachricht für Mensch und Umwelt, sowie
für Schiffrecycler weltweit, die in moderne Anlagen investiert haben,“ sagt
Patrizia Heidegger, Geschäftsführerin der NGO Shipbreaking Platform. „Trotzdem
hat die Mehrheit der Reeder ihre schmutzigen und gefährlichen Praktiken
aufrechterhalten. Europäische Unternehmen zählen zu den schlimmsten weltweit“.
Europarecht wird durch
Ausflaggen umgangen
Europäische Reeder haben insgesamt 372 große
Handelsschiffe zur Verschrottung verkauft, wovon 238, fast zwei Drittel, auf
einem Strand in Südasien gelandet sind. Griechenland gehört weiterhin zu den
schlimmsten Dumpern, dicht gefolgt von Deutschland. Unter den deutschen
Reedern, die Containerschiffe in Südasien stranden lassen, gehören bekannte
Namen wie Conti, Anbieter von Schiffsfonds mit Sitz in München, sowie die
Hamburger Unternehmen Hapag–Lloyd, Leonhardt & Blumberg, E.R. Schifffahrt
sowie die Reederei Claus-Peter Offen. Die neue EU-Verordnung wird die Strandung
von in Europa registrierten Schiffen untersagen und ein Recycling in Anlagen
fordern, welche die Vorgaben des Gesetzes erfüllen. Jedoch läuft die Verordnung
Gefahr ein zahnloser Tiger zu werden: mehr als zwei Drittel aller europäischen
Schiffe die 2013 verschrottet worden sind, fuhren von Haus aus nicht unter
einer europäischen Flagge. Solche Schiffe werden nicht von der neuen Verordnung
betroffen sein. Abgesehen von Schiffen, welche schon während Betrieb unter
Billigflaggen liefen, wurden weitere 55 Schiffe kurz vor der Verschrottung
ausgeflaggt.
Wirtschaftliche
Anreize für Recycling schaffen
Während manche deutsche Reeder erst gar keine ihrer
Schiffe unter deutscher Flagge segeln lassen, haben beispielsweise Conti und
Leonhardt & Blumberg, beziehungsweise die „Cash Buyer“, welche ihre
Schrottschiffe für sie nach Südasien gebracht haben, diese in den Monaten vor
der Verschrottung aus dem deutschen Schiffsregister ausgeflaggt. Billigflaggen die
weltweit besonders gern für die Verschrottung von Schiffen hergenommen werden,
sind die Komoren, Tuvalu, Saint Kitts Nevis, Togo und Sierra Leone. “Ausflaggen
war schon immer eine bequeme Möglichkeit für Reeder um Regulierungen zu
umgehen, die von den Flaggenstaaten umgesetzt werden. Die Plattform und ihrer
Mitglieder haben deswegen schon seit Langem die EU dazu aufgerufen, einen
wirtschaftlichen Anreiz für sicheres und sauberes Recycling zu schaffen. Eine
Verordnung, welche auf der freiwilligen Registrierung eines Schiffs unter einer
europäischen Flagge basiert, wird nicht die die gewünschte Wirkung erzielen
wird“, sagt Patrizia Heidegger.