Vor genau einem Jahr, am 24.
April 2013, stürzte die Textilfabrik Rana Plaza in Dhaka, der Hautstadt von
Bangladesch, ein. 1138 Arbeiterinnen und Arbeiter starben,
mehr als 2400 wurden verletzt und rund 200 sind noch immer unter den Trümmern begraben. In den fünf Fabriken von Rana Plaza ließen renommierte
internationale Textilfirmen fertigen, darunter Adler Modemärkte (Deutschland), C&A
(Belgien), Carrefour (Frankreich), El Corte Ingles (Spanien), Güldenpfennig
(Deutschland), Kids for Fashion (Deutschland), KiK (Deutschland), Walmart (USA).
Obwohl einige Unternehmen erste Zahlungen in einen Entschädigungsfond geleistet
haben, weigern sich andere.
Spärliche
Entschädigungen
Aus der Sicht der Hinterbliebenen
muss es ein Affront sein: Ein Jahr nach der Katastrophe, die ihr Leben für
immer verändert hat, warten sie weiter auf eine angemessene Entschädigung. Gerade
einmal umgerechnet 460 Euro wurden den 3000 Arbeiterinnen und Arbeitern sowie
Hinterbliebenen durch Vize-Arbeitsminister Mujibul Haque Chunnu und Gilbert Fossoun
Houngbo von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ausgezahlt. Viel zu
wenig und erst ein Bruchteil der von der ILO errechneten 40 Millionen, die
notwendig sind, um alle Betroffenen für ihre Einkommensverluste und medizinischen
Kosten finanziell zu entschädigen.
Einige Unternehmen
verweigern die Zahlung
Beschämend, denn die 29 mit Rana
Plaza in Verbindung gebrachten Bekleidungsmarken erzielen gemeinsam Gewinne von
weit über 22 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Nun schaffen sie es nicht einmal, weniger
als 0,2 Prozent dieser Gewinne für die Menschen auszugeben, die diese Gewinne
erst möglich gemacht haben. An Ausreden mangelt es den Unternehmen nicht:
Beliebt ist vor allem das Argument, man habe lediglich über Zwischenhändler
Waren aus der eingestürzten Fabrik bezogen. So haben bis heute deutsche
Unternehmen wie NKD und Adler Modemärkte oder die italienische Modekette Benneton keine
Entschädigung geleistet. Sie haben Angst einen Predenzfall zu schaffen. Sehen wer bezahlt hat und wer nicht, kann man auf der
Webseite des Rana Plaza Trust Fund.
Deutscher
Einzelhandel hat wenig Konkretes vorzuweisen
Die Bilanz des deutschen
Einzelhandels ein Jahr nach der Katastrophe sieht wenig überzeugend aus. Die Außenhandelsvereinigung des Deutschen
Einzelhandels (AVE) erklärte, der Einzelhandel stelle sich "im Rahmen
seiner Möglichkeiten" der Verantwortung. Jedoch müssten auch die Verantwortlichen
vor Ort die Verbesserungen mittragen. Durch den großen internationalen Druck
habe es bereits ein Umdenken bei Regierung und Unternehmen in Bangladesch
gegeben. Wichtige Fortschritte habe es bereits durch ein Abkommen über bessere
Feuer- und Gebäudesicherheit gegeben. Seit Anfang 2014 überprüfe eine
Initiative des europäischen Einzelhandels auch unangekündigt Produktionsstätten
mit verschärften Prüfkriterien.
Es geht auch uns an
Doch die Schuld nur bei Unternehmen
und Politik zu suchen, ist zu kurz gegriffen. Es sind wir alle, die bei den Firmen
Textilien kaufen, die im Rana Plaza fertigen ließen. Und nur wenn wir Druck auf
diese Unternehmen ausüben, wird schneller etwas passieren. Dazu zählt, den Unternehmen zu
schreiben und sie aufzufordern ihren Zahlungsversprechen für den Hilfsfond
nachzukommen, das Personal in den Läden darauf anzusprechen und allgemein
bessere Bedingungen für die Arbeiterinnen und Arbeiter in Billiglohnländern zu
fordern. Reagieren die Unternehmen nicht, wird dort einfach nicht mehr gekauft,
gefolgt von einem Schreiben an das jeweilige Unternehmen mit Begründung (der Boykott richtet sich nicht gegen Mode aus Bangladesch sondern gegen das Unternehmen!). Und nicht vergessen eine gelegentliche Spende an die Organisationen zu leisten, die sich für die Menschen in Bangladesch oder anderswo einsetzen und die meist nur über sehr begrenzte finanzielle Mittel verfügen.
Quelle: Kampagne für saubere Kleidung, FIAN, Nachhaltig
Wirtschaften, Spiegel Online
Mehr Information rund um die Entschädigungszahlungen für die
Opfer des Rana Plaza und Aktionen am heutigen 24. April finden sich bei den
Organisationen FIAN und Kampagne für Saubere Kleidung