Der Appetit auf Fleisch ist
ungebrochen. Gemüse landet hingegen immer seltener in bundesdeutschen Mägen. Es
sind allerdings Essgewohnheiten, die den Planeten gefährden und sich ändern
müssen, warnen Experten.
Was hat unser ungebremster
Appetit auf Fleisch mit der Rodung tropischer Regenwälder in Südamerika zu tun?
Wie viele CO2-Emissionen werden durch Schweinebraten oder Currywurst
verursacht? Und wie viel Ackerland braucht ein Burger? Diesen und anderen
Fragen ist die Umweltstiftung WWF nachgegangen. Nun liegen die Ergebnisse der
Studie mit
dem bezeichnenden Titel "Das große Fressen" vor und geben Anlass
zur Sorge. In Deutschland wird mehr gegessen, als auf unseren Agrarflächen
produziert wird, warnen die Autoren der Studie. Demnach werden hierzulande 16,8
Millionen Hektar von der Landwirtschaft genutzt. Um den Bedarf an
Agrarprodukten zu decken, nimmt
Deutschland jedoch weitaus mehr Flächen in Anspruch, als das Land selbst
besitzt: Insgesamt beläuft sich die zusätzliche Flächeninanspruchnahme auf mehr
als 5,5 Millionen Hektar. Fast exakt die Hälfte davon wird in Südamerika
"okkupiert, allein Brasilien steuert über ein Viertel dieser Fläche bei.
"Wir sind dabei, unseren Planeten leer zu
fressen"
"Das große Fressen"
wagt auch eine Zukunftsprognose und fragt, welchen Ernährungsstil unsere Erde
verträgt. Die Bevölkerung wird weiter wachsen. Gegenwärtig leben 7,2 Milliarden
Menschen auf der Erde. Im Jahr 2050 werden es rund 9,6 Milliarden sein. Eine
weitere Ausdehnung des Ackerlandes ist nicht erstrebenswert. Dies ginge weiter
zu Lasten des Klimas und der Artenvielfalt. Geht man vom gegenwärtig
verfügbaren Ackerland aus, so stünden rein rechnerisch 1442 Quadratmeter pro
Kopf der Weltbevölkerung zur Verfügung. In Deutschland werden schon heute pro
Einwohner durchschnittlich 1838 Quadratmeter Ackerfläche verbraucht. "Wir
sind dabei, unseren Planeten leer zu fressen", warnt
WWF-Klimaschutz-Referentin Tanja Dräger de Teran. "Wir müssen uns fragen,
für welche Lebensmittel wir diesen Boden verwenden wollen. Wenn verfügbare
Flächen immer mehr schwinden, können wir uns den derzeitigen Lebensstil künftig
nicht mehr leisten." Deutschland müsste als Vorbild für Länder vorangehen,
die den westlichen Lebensstil kopieren, fordert der WWF. "Wir müssen
zeigen, dass es bei der Ernährung auch anders geht", sagt WWF-Expertin
Dräger de Teran. Zudem gingen gesunde Ernährung und Ressourcenschonung Hand in
Hand: "Je gesünder wir uns ernähren, desto nachhaltiger ist es - und
umgekehrt."
Fleisch frisst Land
Der Nahrungsmittelverbrauch der
Deutschen hat sich in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verändert. Er
beträgt pro Jahr und Kopf durchschnittlich 679 Kilogramm. Nach wie vor essen
die Bundesbürger zu wenig Gemüse und Obst. Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen und
Linsen leiden seit Jahren an abnehmender Attraktivität. Nur noch rund 400 Gramm
pro Person werden davon jährlich verbraucht. Ganz anders ist der Appetit auf
Fleisch. Jeder Deutsche isst pro Jahr rund 60 Kilogramm. Konkret müssten in dem
von der WWF beschriebenen Zukunftszenario bis 2050 17 Kilogramm Fleisch durch
pflanzliche Proteine ersetzt werden. Der Fleischverzehr läge dann bei rund 350
Gramm pro Person und Woche. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht wäre dies
unproblematisch, würden genügend Mineralstoffe wie Eisen und Zink aus
Hülsenfrüchten und Getreideprodukten aufgenommen. Gleichzeitig würde das auch
dem Klima helfen. Die durch Nahrungsmittelproduktion verursachten Treibhausgase
würden sich bis 2050 im Vergleich zu heute in der Summe um fast ein Viertel
verringern. Auch der Weltklimarat IPCC denkt in diese Richtung. Er fordert, den
landwirtschaftlichen Ausstoß von Treibhausgasen durch eine Veränderung der
Konsumgewohnheiten zu verringern. Das Fazit der WWF-Studie: Eine gesunde und
nachhaltige Ernährung beinhaltet ein erhebliches Potenzial, zum Umwelt- und
Klimaschutz beizutragen. Bereits eine Scheibe Wurst pro Woche weniger mache
einen Unterschied.
Quelle: Wiwo Green, Grafiken: WWF-Studie "Das große Fressen"