Seiten

Dienstag, 7. April 2015

Alarmierende WWF-Studie "Wir fressen den Planeten leer"



Der Appetit auf Fleisch ist ungebrochen. Gemüse landet hingegen immer seltener in bundesdeutschen Mägen. Es sind allerdings Essgewohnheiten, die den Planeten gefährden und sich ändern müssen, warnen Experten.

Was hat unser ungebremster Appetit auf Fleisch mit der Rodung tropischer Regenwälder in Südamerika zu tun? Wie viele CO2-Emissionen werden durch Schweinebraten oder Currywurst verursacht? Und wie viel Ackerland braucht ein Burger? Diesen und anderen Fragen ist die Umweltstiftung WWF nachgegangen. Nun liegen die Ergebnisse der Studie mit dem bezeichnenden Titel "Das große Fressen" vor und geben Anlass zur Sorge. In Deutschland wird mehr gegessen, als auf unseren Agrarflächen produziert wird, warnen die Autoren der Studie. Demnach werden hierzulande 16,8 Millionen Hektar von der Landwirtschaft genutzt. Um den Bedarf an Agrarprodukten zu decken, nimmt Deutschland jedoch weitaus mehr Flächen in Anspruch, als das Land selbst besitzt: Insgesamt beläuft sich die zusätzliche Flächeninanspruchnahme auf mehr als 5,5 Millionen Hektar. Fast exakt die Hälfte davon wird in Südamerika "okkupiert, allein Brasilien steuert über ein Viertel dieser Fläche bei.

"Wir sind dabei, unseren Planeten leer zu fressen"

"Das große Fressen" wagt auch eine Zukunftsprognose und fragt, welchen Ernährungsstil unsere Erde verträgt. Die Bevölkerung wird weiter wachsen. Gegenwärtig leben 7,2 Milliarden Menschen auf der Erde. Im Jahr 2050 werden es rund 9,6 Milliarden sein. Eine weitere Ausdehnung des Ackerlandes ist nicht erstrebenswert. Dies ginge weiter zu Lasten des Klimas und der Artenvielfalt. Geht man vom gegenwärtig verfügbaren Ackerland aus, so stünden rein rechnerisch 1442 Quadratmeter pro Kopf der Weltbevölkerung zur Verfügung. In Deutschland werden schon heute pro Einwohner durchschnittlich 1838 Quadratmeter Ackerfläche verbraucht. "Wir sind dabei, unseren Planeten leer zu fressen", warnt WWF-Klimaschutz-Referentin Tanja Dräger de Teran. "Wir müssen uns fragen, für welche Lebensmittel wir diesen Boden verwenden wollen. Wenn verfügbare Flächen immer mehr schwinden, können wir uns den derzeitigen Lebensstil künftig nicht mehr leisten." Deutschland müsste als Vorbild für Länder vorangehen, die den westlichen Lebensstil kopieren, fordert der WWF. "Wir müssen zeigen, dass es bei der Ernährung auch anders geht", sagt WWF-Expertin Dräger de Teran. Zudem gingen gesunde Ernährung und Ressourcenschonung Hand in Hand: "Je gesünder wir uns ernähren, desto nachhaltiger ist es - und umgekehrt."

Fleisch frisst Land

Der Nahrungsmittelverbrauch der Deutschen hat sich in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verändert. Er beträgt pro Jahr und Kopf durchschnittlich 679 Kilogramm. Nach wie vor essen die Bundesbürger zu wenig Gemüse und Obst. Hülsenfrüchte wie Erbsen, Bohnen und Linsen leiden seit Jahren an abnehmender Attraktivität. Nur noch rund 400 Gramm pro Person werden davon jährlich verbraucht. Ganz anders ist der Appetit auf Fleisch. Jeder Deutsche isst pro Jahr rund 60 Kilogramm. Konkret müssten in dem von der WWF beschriebenen Zukunftszenario bis 2050 17 Kilogramm Fleisch durch pflanzliche Proteine ersetzt werden. Der Fleischverzehr läge dann bei rund 350 Gramm pro Person und Woche. Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht wäre dies unproblematisch, würden genügend Mineralstoffe wie Eisen und Zink aus Hülsenfrüchten und Getreideprodukten aufgenommen. Gleichzeitig würde das auch dem Klima helfen. Die durch Nahrungsmittelproduktion verursachten Treibhausgase würden sich bis 2050 im Vergleich zu heute in der Summe um fast ein Viertel verringern. Auch der Weltklimarat IPCC denkt in diese Richtung. Er fordert, den landwirtschaftlichen Ausstoß von Treibhausgasen durch eine Veränderung der Konsumgewohnheiten zu verringern. Das Fazit der WWF-Studie: Eine gesunde und nachhaltige Ernährung beinhaltet ein erhebliches Potenzial, zum Umwelt- und Klimaschutz beizutragen. Bereits eine Scheibe Wurst pro Woche weniger mache einen Unterschied.
Quelle: Wiwo Green, Grafiken: WWF-Studie "Das große Fressen"