Momentan beraten die europäischen
Finanzminister über einen Gesetzentwurf zur Eindämmung der
Nahrungsmittelspekulation. Doch obwohl sich die deutsche Regierung, vertreten
durch Finanzminister Wolfgang Schäuble, für ein „Regelungssystem auf europäischer
Ebene einsetzt, das exzessiven Handelsaktivitäten entgegenwirkt“, enthält der
vorliegende Gesetzestext zur Regulierung der Finanzmärkte (MiFID-Richtlinie)
jede Menge Ausnahmeregelungen. Dies konnten die Entwicklungsorganisation Oxfam
und die Verbraucherorganisation foodwatch in einer gemeinsamen Analyse
nachweisen.
Finanzlobby mächtig aktiv
Finanzlobby mächtig aktiv
Beide Organisationen fordern die EU-Finanzminister
auf, effektive Maßnahmen gegen die Wettgeschäfte auf Agrar-Rohstoffpreise zu
ergreifen. "Die mächtige Finanz- und Wirtschaftslobby hat in Brüssel ganze
Arbeit geleistet, um die Regulierung der Finanzmärkte zu torpedieren",
erklärte David Hachfeld von Oxfam Deutschland. "Der Finanzindustrie ist es
gelungen, entscheidende Schlupflöcher in die Finanzmarkt-Richtlinie einzubauen.
Damit gehen die Spekulationsgeschäfte auf Kosten der Ärmsten munter
weiter", so foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode.
Deutschland in der Pflicht
Eine besondere Verantwortung
sehen beide Organisationen bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Er
vertritt nicht nur das EU-Mitgliedsland mit der größten Wirtschaftskraft, sondern
auch den Staat, in dem mit Deutscher Bank und Allianz zwei der weltweit größten
Nahrungsmittelspekulanten ihren Sitz haben. Wolfgang Schäuble müsse beweisen,
dass die Gewinn-Interessen der deutschen Finanz- und Energiekonzerne nicht über
dem Wohl von Millionen von Armut und Hunger bedrohten Menschen stünden, so
Oxfam und foodwatch.
Positionslimits ohne Ausnahmen
Beide Organisationen fordern
unter anderem die Einführung von umfassenden "Positionslimits" ohne
Ausnahmeregeln, mit denen die Zahl der zu rein spekulativen Zwecken
abgeschlossenen Warenterminverträge auf Agrar-Rohstoffe begrenzt würde. Solche „Positionslimits“
will die EU zwar einführen, aber zugleich auch zahlreiche Ausnahmeregeln und
Schlupflöcher. So kann beispielsweise außerhalb der Börsen im sogenannten over-the-counter-Handel
(OTC-Handel) weiter mit Agrar-Rohstoffen spekuliert werden. Positionslimits
müssen daher unabhängig von der Handelsplattform für den gesamten Handel
gelten, fordern Oxfam und foodwatch. Außerdem müssen Unternehmen, die vollständig
oder zu einem relevanten Anteil zum selben Konzern gehören, einem konzernübergreifenden
Positionslimit unterliegen.
Nur echte Rohstoffgeschäfte erlauben
Ausnahmen enthält der aktuelle
EU-Richtlinienvorschlag zudem für Transaktionen, "die objektiv messbar
direkt mit der Geschäftstätigkeit oder dem Liquiditäts- und Finanzmanagement"
von Unternehmen zusammenhängen. Doch die genaue Abgrenzung zwischen dem
"Liquiditäts- und Finanzmanagement" von Unternehmen und rein
spekulativen Geschäften ist schwierig. Mit der MiFID-Richtlinie können Händler
alle möglichen Aktivitäten als Liquiditäts- und Finanzmanagement deklarieren und
damit Positionslimits umgehen. Oxfam und foodwatch fordern daher, dass
Ausnahmen nicht generell für das Liquiditäts- und Finanzmanagement gelten
dürfen, sondern eng auf Transaktionen beschränkt bleiben müssen, bei der ein
Beleg für ein konkretes Rohstoffgeschäft erbracht werden kann.
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