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Donnerstag, 13. Juni 2013

Nahrungsmittelspekulation – EU-Vorschläge weitgehend wirkungslos



Momentan beraten die europäischen Finanzminister über einen Gesetzentwurf zur Eindämmung der Nahrungsmittelspekulation. Doch obwohl sich die deutsche Regierung, vertreten durch Finanzminister Wolfgang Schäuble, für ein „Regelungssystem auf europäischer Ebene einsetzt, das exzessiven Handelsaktivitäten entgegenwirkt“, enthält der vorliegende Gesetzestext zur Regulierung der Finanzmärkte (MiFID-Richtlinie) jede Menge Ausnahmeregelungen. Dies konnten die Entwicklungsorganisation Oxfam und die Verbraucherorganisation foodwatch in einer gemeinsamen Analyse nachweisen. 

Finanzlobby mächtig aktiv


Beide Organisationen fordern die EU-Finanzminister auf, effektive Maßnahmen gegen die Wettgeschäfte auf Agrar-Rohstoffpreise zu ergreifen. "Die mächtige Finanz- und Wirtschaftslobby hat in Brüssel ganze Arbeit geleistet, um die Regulierung der Finanzmärkte zu torpedieren", erklärte David Hachfeld von Oxfam Deutschland. "Der Finanzindustrie ist es gelungen, entscheidende Schlupflöcher in die Finanzmarkt-Richtlinie einzubauen. Damit gehen die Spekulationsgeschäfte auf Kosten der Ärmsten munter weiter", so foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode.



Deutschland in der Pflicht



Eine besondere Verantwortung sehen beide Organisationen bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Er vertritt nicht nur das EU-Mitgliedsland mit der größten Wirtschaftskraft, sondern auch den Staat, in dem mit Deutscher Bank und Allianz zwei der weltweit größten Nahrungsmittelspekulanten ihren Sitz haben. Wolfgang Schäuble müsse beweisen, dass die Gewinn-Interessen der deutschen Finanz- und Energiekonzerne nicht über dem Wohl von Millionen von Armut und Hunger bedrohten Menschen stünden, so Oxfam und foodwatch.



Positionslimits ohne Ausnahmen



Beide Organisationen fordern unter anderem die Einführung von umfassenden "Positionslimits" ohne Ausnahmeregeln, mit denen die Zahl der zu rein spekulativen Zwecken abgeschlossenen Warenterminverträge auf Agrar-Rohstoffe begrenzt würde. Solche „Positionslimits“ will die EU zwar einführen, aber zugleich auch zahlreiche Ausnahmeregeln und Schlupflöcher. So kann beispielsweise außerhalb der Börsen im sogenannten over-the-counter-Handel (OTC-Handel) weiter mit Agrar-Rohstoffen spekuliert werden. Positionslimits müssen daher unabhängig von der Handelsplattform für den gesamten Handel gelten, fordern Oxfam und foodwatch. Außerdem müssen Unternehmen, die vollständig oder zu einem relevanten Anteil zum selben Konzern gehören, einem konzernübergreifenden Positionslimit unterliegen.



Nur echte Rohstoffgeschäfte erlauben



Ausnahmen enthält der aktuelle EU-Richtlinienvorschlag zudem für Transaktionen, "die objektiv messbar direkt mit der Geschäftstätigkeit oder dem Liquiditäts- und Finanzmanagement" von Unternehmen zusammenhängen. Doch die genaue Abgrenzung zwischen dem "Liquiditäts- und Finanzmanagement" von Unternehmen und rein spekulativen Geschäften ist schwierig. Mit der MiFID-Richtlinie können Händler alle möglichen Aktivitäten als Liquiditäts- und Finanzmanagement deklarieren und damit Positionslimits umgehen. Oxfam und foodwatch fordern daher, dass Ausnahmen nicht generell für das Liquiditäts- und Finanzmanagement gelten dürfen, sondern eng auf Transaktionen beschränkt bleiben müssen, bei der ein Beleg für ein konkretes Rohstoffgeschäft erbracht werden kann.

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