Montag, 16. Februar 2015

Personalisiertes Nutella – Ablenkungsmanöver von Ferrero



Nutella gilt als Wohlfühlprodukt für Kinder und Erwachsene. Ferrero, der Konzern hinter dem Brotaufstrich, hat es geschafft, eine sehr hohe Kundenbindung aufzubauen. Das Produkt gilt als Inbegriff der Schokocreme und als Symbol für eine heile Frühstückswelt. Der neueste Marketing-Coup: Nutella-Liebhaber können sich personalisierte Etiketten drucken lassen. Die Schokocreme soll jetzt nicht nur einen festen Platz am Frühstückstisch, sondern auch noch einen individuellen Namen haben. Was steht hinter der Kampagne, die von den massiven Problemen auf Haselnuss-, Kakao- und Palmölplantagen ablenken soll:

Haselnüsse

Die für die Nutella-Produktion verwendeten Haselnüsse werden nach Angaben von Ferrero vor allem aus der Türkei bezogen, rund ein Viertel der weltweiten Haselnussernte kommt von dort. Ferrero will den Anbau bis 2020 als nachhaltig zertifizieren lassen – was das im Einzelfall bedeutet, bleibt vage. Auf den türkischen Haselnussplantagen ist bekanntermaßen Kinderarbeit ein großes Problem. Laut einem Bericht der Zeit vom Dezember 2014 wird in dem Land sogar in amtlichen Statistiken darauf verwiesen, dass rund 400.000 Kinder zwischen 6 und 17 Jahren regelmäßig in der Landwirtschaft arbeiten müssen. Offen bleibt, ob sich Ferrero bis in fünf Jahren mit fragwürdigen Zertifikaten der sozialen Verantwortung für ihre Produktion entledigen oder sich der ernsten Lage auf den Plantagen ihrer Zulieferer tatsächlich stellen wird.

Kakao

Der Kakao für Nutella stammt nach Angaben von Ferrero aus der Elfenbeinküste, aus Ghana, Nigeria oder Ecuador. Der Konzern wirbt auch in Bezug auf Kakao damit, dass der Anbau bis 2020 als nachhaltig zertifiziert werden soll. Recherchen des NDR auf den Kakaoplantagen der Elfenbeinküste zeigten, dass viele Kinder dort trotz anderslautender Versprechungen der Schokoladen-Industrie noch immer unter ausbeuterischen Bedingungen für die Ernte von Kakao eingesetzt werden. Das Kinderarbeit auf den Kakao-Plantagen ihrer Zulieferer ein großes Problem ist, ist auch Ferrero bekannt – trotzdem lässt der Konzern sich mit der Problembekämpfung reichlich Zeit: Im Zuge der Zertifizierung soll „Menschenhandel, missbräuchliche Kinderarbeit und Zwangsarbeit von Erwachsenen in unserer Kakaolieferkette“ vermieden werden. Bis sich das ändert, werden die Kinderarbeiter von heute, wohl schon Erwachsene sein.

Palmöl

Nutella enthält Palmöl. Das pflanzliche Fett macht das Produkt streichzart. Das mögen Nutella-Liebhaber. Ferrero gibt an, dass pflanzliche Fett werde seit 2013 aus zu 100 Prozent zertifiziert nachhaltigem Anbau bezogen, der größte Teil des verwendeten Palmöls stamme aus Malaysia. In Malaysia nahm die Waldrodung in der Zeit von 1990 bis 2005 um 85 Prozent zu, wobei 4,2 Millionen Hektar Land mit Palmöl-Plantagen bepflanzt wurden. Dabei gingen wichtige Ökosysteme für immer verloren, oftmals wurden Menschen von ihrem Land vertrieben und der Boden mit gesundheitsschädigenden Agrochemikalien verseucht. Ferrero ist seit 2005 Mitglied des „Round Table on Sustainable Palm Oil“ (RSPO), der für nachhaltige Produktion und Verwendung von Palmöl steht. Doch das Siegel steht massiv in der Kritik, Nichtregierungsorganisationen lehnen die Kennzeichnung als „Greenwashing“ ab. Denn in Malaysia und Indonesien, den weltweit größten Palmölproduzenten, ist die Ausbreitung der Palmölproduktion die wichtigste Ursache für Entwaldung. Aber RSPO schließt nicht einmal die Regenwaldrodung aus. Das Siegel „verbietet“ lediglich die Abholzung von Primärwäldern und Wäldern mit besonderem Schutzwert. Stammt das Palmöl von Waldflächen, die vor 2008 abgeholzt wurden, darf es das RSPO-Label tragen – damit kann die Rodung nachträglich legitimiert werden.
Quelle: Greenpeace Magazin/Julia Lauter