Donnerstag, 4. September 2014

The North Face: mehr Recycling, aber weiterhin Giftstoffe in Outdoor-Jacken



Sie joggen durch einsame Wälder und wilde Wiesen, sie erklettern Hänge, die an malerischen Flussläufen wachsen, sie stapfen durch den Schnee, während im Hintergrund weiße Bergkuppen in der Sonne funkeln. Die Marketing-Videos von The North Face werben mit durchtrainierten, sympathischen Menschen, die Sport in unberührter Natur lieben. Dass die Outdoormarke naturverbunden ist, will sie jetzt auch durch ihr erweitertes Nachhaltigkeitsprogramm unter Beweis stellen: Bis 2016 soll alles Polyester, das in ihren Textilien steckt, aus komplett recyceltem Material wie alten Plastikflaschen stammen. Da 80 Prozent der Kleidungsstücke von The North Face aus Synthetikstoffen bestehen und 2013 lediglich sieben Prozent aus gebrauchtem Plastik hergestellt wurden, klingt das erst einmal ambitioniert.

Gute Ansätze um Rohstoffe zu sparen

Mit dem Griff zur Flasche möchte der Ausrüster aber nicht nur gegen Plastikmüll ins Feld ziehen. Indem er die Rohstoffe in den alten Wasserpullen nutzt, will er die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduzieren und gleichzeitig den Wasserverbrauch senken. Denn recycelte Kunststoffe benötigen, wie auf der Website zu lesen ist, weniger als neu produzierte. Jeff Dorton von The North Face spricht daher von „einem großen Ziel“, das man „kühn“ angehen wolle. Zudem bietet die „Clothes the Loop“-Initiative des Unternehmens seit 2013 die Möglichkeit, ausrangierte Schuhe oder Bekleidung, unabhängig von Marke und Zustand, in 27 North Face Shops in den USA abzugeben. Anstatt auf dem Müll, landen alte Jacken wieder im Rohstoffkreislauf und werden zu Teppichen und ähnlichen Produkten.

Schadstoffe in allen getesteten Outdoor-Jacken

Wenig überwältigt von der Recycling-Offensive zeigt sich indes Kirsten Brodde von Greenpeace. „Die Großen hängen den Kleinen hinterher. 100 Prozent Recycling-Material einsetzen und Jacken zurücknehmen, das machen andere schon lange.“ So auch Patagonia oder die deutsche Outdoor-Marke Pyua Doch Pyua geht noch weiter. Die Norddeutschen haben ein Verfahren entwickelt, um den Giftstoff PFC, der dafür sorgt, dass die Kleidung innen und außen trocken bleibt, aus dem Produktkreislauf zu verbannen. Das ist in der Branche alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Laut Brodde verwenden viele Outdoormarken ungeachtet des Naturburschen-Images, das sie sorgfältig pflegen, für die Wind- und Wasserfestigkeit ihrer Jacken gefährliche Substanzen. So weist die Greenpeace-Studie „Chemie für jedes Wetter“ aus dem Jahr 2012 in jedem der 14 untersuchten Outdoor-Kleidungsstücke von Marken wie Jack Wolfskin, Mammut oder The North Face Schadstoffe wie PFC nach.

Das North Face Recycling-Programm – ein Scheinriese

Seit 2011 testet Greenpeace zudem die Abwässer der Textilfabriken, die Kleidung und sogar das Wasser, das nach der Wäsche aus der Waschmaschine läuft. Die Umweltschutzorganisation findet darin regelmäßig einen Cocktail an gefährlichen Chemikalien und fordert die Modemarken im Rahmen ihrer “Detox-Kampagne” auf, ihren Gebrauch einzustellen. 20 internationale Mode-Konzerne von Zara über H&M bis Puma und Adidas haben sich seither verpflichtet, bis 2020 giftfrei zu produzieren. Von den Outdoor-Ausrüstern ist keiner dabei. Ist das Recycling-Programm von The North Face also Augenwischerei? Für Brodde ist die Antwort klar: Die Aktion „ist ein Scheinriese, der immer kleiner wird, je näher man kommt und je genauer man hinschaut.“ Auch wenn es gut sei, zu recyclen, „besser ist es, von Anfang an sauber zu produzieren.“ Vielleicht geht auch bei The North Face in Zukunft beides.
Quelle: WiWo Green