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Dienstag, 23. September 2014

Oxfam-Bericht: Verfehlte Entwicklungspolitik – Monokulturen verdrängen Kleinbauern


Die seit 2007/2008 wiederkehrenden Nahrungsmittelkrisen  zeigen deutlich, wie anfällig das Welternährungssystem  ist. Hungerproteste in mehr als 60 Ländern infolge extremer Preisanstiege von Nahrungsmitteln setzten Regierungen in Nord und Süd unter Druck, endlich zu handeln, damit sich alle Menschen ausreichend und ausgewogen ernähren können. Beim G8-Gipfel im italienischen L’Aquila verpflichteten sich reiche Staaten im Jahr 2009, mehr Geld  für die Förderung der Landwirtschaft in armen Ländern bereit zu stellen und damit einen langjährigen Negativtrend um zukehren: Der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe für die Landwirtschaft war weltweit von 17 Prozent im Jahr 1980 auf völlig unzureichende drei Prozent im Jahr 2005 gefallen und ist seitdem nur leicht gestiegen. Diese jahrzehntelange enorme Vernachlässigung betrifft insbesondere Kleinbäuerinnen und -bauern, die nach wie vor die Hälfte der knapp eine Milliarde Hungernden weltweit ausmachen. Ihr Menschenrecht auf Nahrung wird verletzt.

Aus einer Hand: Pestizide und Saatgut



Doch das Versprechen von L‘Aquila, mehr öffentliche Mittel bereitzustellen, ist leider schnell in den Hintergrund gerückt. Stattdessen zeichnet sich in den letzten Jahren ein grundlegender Wandel ab. Reiche Länder, auch Deutschland, setzen ihren Schwerpunkt stärker auf die Kooperation mit Unternehmen als auf die Kooperation mit Kleinbauern-Organisationen. Die Förderung privater Investitionen wird zur neuen Priorität in der Entwicklungszusammenarbeit erhoben. Das Weltwirtschaftsforum hat 2011 mit der „Neuen Vision für die Landwirtschaft“ hierfür wesentlich die Weichen gestellt. Sie beförderte 2012 unter anderem die Gründung der Investitionsplattform „Grow Africa“ und die „Neue Allianz für Ernährungssicherung“ 4  der G8 (Neue Allianz) sowie die von Dirk Niebel ins Leben gerufene  „German Food Partnership“ (GFP). Zu den Kooperationspartnern zählen mächtige Chemie- und Saatgutkonzerne wie Bayer, Monsanto und Syngenta, der Düngemittelhersteller Yara, der Getreidehändler Cargill und der Maschinenhersteller AGCO. Menschen, die unter Armut und Hunger leiden bzw. ihre Organisationen, gehören nicht dazu.

Effektive Hungerbekämpfung

Insbesondere Afrika steht im Visier von Investoren: Sowohl die Neue Allianz als auch die GFP setzen einen Schwerpunkt auf Afrika, wo 80 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe (33 Millionen) weniger als zwei Hektar besitzen. Nur drei Prozent der Betriebe haben mehr als zehn Hektar. Eine großflächige, industrielle Landwirtschaft, wie sie z. B. in Lateinamerika vorangetrieben wurde, hätte verheerende Folgen für die rund 500 Millionen Menschen, die in Afrika  von der Landwirtschaft abhängen, viele von ihnen würden ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage verlieren. Oxfams Recherchen in Lateinamerika zeigen, dass großflächige Monokulturen Kleinbäuerinnen und -bauern verdrängen. Dieser Bericht zeigt auf, wie die neuen strategischen Allianzen die industrielle Landwirtschaft befördern und  welche Gefahren für die Ernährungssicherheit und die  Umwelt damit verbunden sind. Er beleuchtet das Potenzial einer gezielten Förderung der nachhaltigen, kleinbäuerlichen Landwirtschaft für die Welternährung. Damit möchte er eine Debatte über effektive Entwicklungszusammenarbeit zur Hungerbekämpfung anstoßen.