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Freitag, 5. Juli 2013

Erster Nachhaltigkeitsbericht von hessnatur - Kritik an Geschäftsführung



hessnatur, der größte Anbieter für natürliche Mode im deutschsprachigen Raum, hat seine Aktivitäten erstmals in einem "Bericht zur Nachhaltigkeit" zusammengefasst und veröffentlicht. Die mehr als 100 Seiten umfassende Publikation baut auf dem jährlichen Sozialbericht für die Fair Wear Foundation auf. Der "Bericht zur Nachhaltigkeit" bezieht die Aspekte Ökologie, Soziales und die nachhaltige Produktion jeweils entlang der gesamten textilen Wertschöpfungskette gleichermaßen mit ein - vom Faseranbau über die Herstellung bis hin zum Versand der Kollektion. Das stellt dennoch viele Kunden nicht zufrieden. Grund ist weniger der Bericht als vielmehr die dubiosen Besitzverhältnisse der Firma.

Rückverfolgbarkeit der Produkte


Mit seinem selbst entwickelten hessnatur-Standard geht das Unternehmen weiter als vergleichbare Standards. Dies bezieht sich insbesondere auf faire Arbeitsbedingungen in den Konfektionsbetrieben. Während hessnatur als Mitglied der Fair Wear Foundation hier über ein umfassendes und verbindliches Regelwerk verfügt, definieren andere Siegel geringere (GOTS) oder gar keine (Öko-Tex 100) Anforderungen an soziale Standards. hessnatur kennt jeden Produktionsbetrieb und kann die Herkunft all seiner Kollektionsmodelle bis zum Faseranbau zurückverfolgen. "Kein anderer Textilanbieter legt so viel Wert auf den ganzheitlichen Ansatz in der kompletten Wertschöpfungskette", bekräftigt Rolf Heimann, Leiter des Bereichs Corporate Responsibility von hessnatur, "angefangen vom giftfreien Anbau der Naturfasern über die umweltfreundliche Weiterverarbeitung bis hin zur Konfektion unter strengen sozialen Standards überall auf der Welt".

Mehr Transparenz geplant

Neben allen Produzenten, die für hessnatur tätig sind, wird das Unternehmen zukünftig auch alle Lieferanten benennen und ausweisen. "Mit der Ausweisung der Lieferanten stellen wir das höchstmögliche Maß an Transparenz für den Verbraucher her", sagt Geschäftsführer Marc Sommer. Daneben arbeitet das Unternehmen derzeit an der Entwicklung eines "Product Footprints". "Ein Product Footprint würde es dem Verbraucher in Zukunft ermöglichen, den Umwelteinfluss eines jedes Produkts bspw. hinsichtlich Energie, C02, Humantoxikologie oder auch Sozialstandards auf einen Blick erfassen zu können. Das ist eines unserer ambitionierten Ziele in den nächsten Jahren", so Sommer weiter. Der Entwicklung eines Product Footprints ist ein Forschungsprojekt mit verschiedenen Universitäten vorangegangen, das auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde.

Wermutstropfen für Käufer

Obwohl hessnatur mit dem aktuellen Nachhaltigkeitsbericht die eigenen Ansprüche an Qualität, Ökologie und Sozialem konsequent dokumentiert, bleibt für ethisch korrekte Käufer der Naturtextilien weiterhin ein schaler Beigeschmack. Denn hessnatur gehört seit 2012 der Schweizer Beteiligungsgesellschaft Capvis, einer „Heuschrecke“. Nach Recherchen von Johannes Mosmann, Betreiber der Webseite „wir-sind-die-konsumenten.de“,  gehört Hessnatur zum Fond "Capvis III". Dieser hat seinen Sitz im Steuerparadies Jersey und gehört unter anderen F&C Investment. Der US-Investor listet "Capvis III" im Portfolio auf, und auf seiner Webseite stehen auch Kundennamen wie BAE Systems und Babcock International, die zu den größten Atomwaffenproduzenten der Welt gezählt werden.

Von der Vergangenheit eingeholt

Wenn auch die Herstellungsstandards von hessnatur überzeugen, die Besitzverhältnisse tun es nicht. Das mag früher, als Hessnatur zu Karstadt gehörte, weniger bedeutsam gewesen sein als heute. Aber die Vergangenheit holt hessnatur nun auch in Form der Geschäftsleitung wieder ein. Denn an die Stelle des vielgelobten, langjährigen Geschäftsführers von hessnatur Wolf Lüdge, setzte Capvis  2012 Marc Sommer. Der Schwiegersohn des ehemaligen Bertelsmann-Chefs Wössner gilt als einer der Hauptverantwortlichen für die Arcandor-Pleite (davon betroffen: Karstadt), die größte Insolvenz in der Geschichte Deutschlands. Johannes Mosmann von „wir-sind-die-konsumenten.de“ fragt daher zu Recht auf seiner Webseite: Was macht Marc Sommer in einem Fair-Trade-Unternehmen?