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Donnerstag, 11. Juli 2013

Modefirma H&M will Siegel für faire Kleidung



Rund zwei Monate nach dem Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch (s. Blogbeitrag 24. Mai und 26. Mai)  mit mehr als 1200 Toten, äußerst sich Karl-Johan Persson, Chef des schwedischen Textileinzelhandelsunternehmens Hennes & Mauritz (H&M), in einem Interviews des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" zur Möglichkeit eines fairen Modesiegels für die gesamte Branche.

Profitstreben und Nachhaltigkeit kein Widerspruch

Mir schwebt ein weltweit gültiges Siegel für die Branche vor, ähnlich wie das Fair-Trade-Siegel beim Kaffee", sagte Persson im Spiegel-Gespräch. "Nur wer sich an definierte Standards bei Löhnen, Umwelt und sozialen Aspekten hält, soll es an seine Textilien hängen dürfen." Für Persson stehen dabei Wachstum, Profitstreben und Nachhaltigkeit nicht im Widerspruch. Neben dem Recycling von gebrauchter Kleidung plane das Unternehmen auch, bis 2015 CO2-neutral zu produzieren. "Deshalb ärgert es mich, wenn H&M als verantwortungsloser Billigheimer dargestellt wird", sagte Persson weiter. Sein Unternehmen versuche seit vielen Jahren, die Bedingungen in der Textilbranche zu verbessern. "Ich würde sofort einen H&M-Aufschlag zahlen und hätte gern ein faires Lohnsystem für die gesamte Branche", so Persson. In der Praxis aber arbeiteten die Menschen in einer Fabrik vielleicht zu 10 Prozent für H&M, die übrigen 90 Prozent für andere Unternehmen. "Wenn nur wir mehr für unseren Teil der Waren zahlen, um damit höhere Löhne zu ermöglichen, wäre das schwierig zu handhaben."

Brandschutzabkommen unterzeichnet

Persson betonte, dass H&M als erstes Unternehmen ein Brandschutzabkommen  unterschrieben habe, wie inzwischen rund weitere 70 Unterzeichner der Textilindustrie, darunter Hersteller wie H&M, Puma, Zara, Adidas und die Kaufhausketten Karstadt, Kaufhof und Metro. Auch zahlreiche Firmen aus anderen europäischen Ländern sind dem Abkommen beigetreten. Sie verpflichten sich, für mehr Sicherheit an ihren Produktionsstätten zu sorgen. Dazu gehört unter anderem ein Brandschutzabkommen, das die Arbeitssicherheit in den Werken garantieren soll. Bis zum 15. Juli müssen die Unternehmen ihre Lieferanten in Bangladesch offenlegen, damit feststeht, welche Fabriken kontrolliert werden.

Kontrolleure kontrollieren Kontrolleure

Dann werden internationale Fachleute für Brandschutz und Gebäudesicherheit zusammen mit Kollegen aus Bangladesch neun Monate lang mehrere Tausend Nähfabriken inspizieren und Pläne für eventuell notwendige Reparaturen und Renovierungen aufstellen. Werke, in denen akute Gefahr für Leib und Leben der meist weiblichen Arbeitskräfte besteht, können sie nach Aussage der Kampagne für Saubere Kleidung sofort stilllegen. Die Kontrolleure werden ebenfalls kontrolliert: Dafür wird in den Niederlanden eine Stiftung eingerichtet, die mit Vertretern von Arbeitsschutzorganisationen und der beteiligten Unternehmen besetzt ist. Sie sollen die Arbeit der Inspektoren in Bangladesch überwachen.

Nur ein kleiner Schritt

Laut einer Anfang Juli veröffentlichten Studie ist nur jede zehnte Textilfabrik in Bangladesch sicher. Von 66 untersuchten Anlagen seien zwei akut einsturzgefährdet gewesen, sagte der Direktor des Instituts für Bauingenieurswesen, Mijibur Rahman. Insgesamt gibt es in dem Land jedoch mehr als 4500 Fabriken für die Kleidungsproduktion. Bangladesch ist nach China der weltweit zweitgrößte Textilproduzent. 80 Prozent der Exporte des Landes im Wert von umgerechnet 19 Milliarden Euro pro Jahr sind Kleidung und Schuhe. Die Beschäftigten dagegen arbeiten für extrem niedrige Löhne und verdienen zum Teil weniger als 30 Euro pro Monat.

Kurzinfo zum Brandschutzabkommen: